Mit jedem zusätzlichen Jahr Arbeit wird der Wunsch nach einer sorgenfreien Rente größer. Spätestens wenn die Feierlichkeiten zum 50. Geburtstag verdaut sind, rechnen viele noch einmal ganz konkret durch: Wie viel Rente hab ich schon erarbeitet, was fehlt mir noch, und vor allem: Wie komme ich an den Rest, so dass ich auch im Alter möglichst sorgenfrei leben kann.
Bei derartigen Überlegungen werden Anlegern immer wieder Sofortrenten empfohlen, also Rentenversicherungen gegen Einmalbeträge. Das Charmante: Es wird einmal ein höherer Betrag eingezahlt, danach ist die Versicherung eine Garantie auf eine lebenslange Rente, normalerweise bestehend aus einem Grundbetrag und einer möglichen Überschussbeteiligung. Diese Aussicht klingt zunächst verlockend. Vor allem bei sicherheitsbewussten Sparern haben Berater mit dem Verkauf von Sofortrenten oft leichtes Spiel.
Insbesondere bei Selbstständigen, die privat vorsorgen müssen, können Sofortrenten zur wichtigen Ergänzung der Rente werden. Das spüren auch die Versicherer: Während klassische Versicherungen, bei denen Anleger über einen langen Zeitraum monatliche Beiträge leisten müssen, in der Niedrigzinsphase immer mehr zum Ladenhüter werden, boomt das Geschäft mit den Einmalzahlungen. 2014 sammelte die Branche damit rund 27,6 Milliarden Euro ein, gut 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings gibt es große Unterschiede, für viele Sparer gibt es bessere und vor allem günstigere Lösungen.
Hoffen auf gute Gene
Verlockend ist, dass das Geld nicht ausgeht. Die Sorge, im hohen Alter ohne den monatlichen Festbetrag dazustehen, ist von einem auf den anderen Tag weg. Das hat allerdings seinen Preis. Die Versicherung ist eine Wette auf die Zukunft, auf ein hohes Alter. Die Versicherer kalkulieren hart, wer zu früh verstirbt, dem droht ein Minusgeschäft. In der Regel verwenden die Versicherer die üblichen Sterbetafeln. „Oft lohnt sich die Versicherung erst, wenn man weit über 90 Jahre wird“, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Allerdings lässt sich der „Wer früh stirbt hat verloren-Effekt“ mit der sogenannten Rentengarantiezeit etwas abmildern. Dabei bestimmt der Versicherte einen Zeitraum, in dem die Rente in jedem Fall gezahlt werden soll, unabhängig vom Ableben. Wurden beispielsweise 15 Jahre festgelegt und der Sofortrentner stirbt nach 10 Jahren, bekommt eine von ihm begünstigte Person, beispielsweise der Ehepartner, noch fünf weitere Jahre die Rente. Einige Versicherer bieten auch eine einmalige Abfindung an.
Auch das klingt besser, als es ist. Wer mit 65 in Rente geht, eine Garantiezeit von 15 Jahren vereinbart und mit 80 Jahren stirbt, hat von der Garantie nichts. Den ursprünglich eingezahlten Betrag hat er aber auch nicht annähernd erhalten. Zudem schmälert diese Absicherung der Hinterbliebenen den Rentenbetrag. Schon ohne die Rentengarantiezeit ist die private Sofortrente mit hohen Gebühren verbunden, warnen Verbraucherschützer. Berater kassieren für die Vermittlung eine hohe Provision. Das schmälert die ohnehin schon kleine Rendite. Online-Rechner zeigen, welche Summen für die angestrebte monatliche Rente eingezahlt werden müssen.
Gesetzlich schlägt privat
Ein 63-Jähriger, der heute 100.000 Euro einzahlt, bekommt ab 2017 bei den führenden Anbietern derzeit eine garantierte monatliche Rente von gut 360 Euro. Hinzu kommen die entsprechenden Überschüsse, die die jeweiligen Versicherer zahlen. Die gezahlte Rente kann im Zeitverlauf noch zunehmen, da eine dynamische Variante gewählt wurde. Diese steigt über die Jahre an und soll somit einen Inflationsausgleich liefern. Allerdings rechnet sie sich vor allem bei langem Leben, da die Rentenzahlungen zu Beginn entsprechend niedriger sind. Von diesen Zahlen sollte man sich nicht blenden lassen. Hochgerechnet auf ein Jahr liegt die Auszahlung gerade mal bei etwas mehr als vier Prozent der insgesamt eingezahlten Summe.
Typische Irrtümer von Riester-Sparern
Sie übersehen, dass die Verzinsung variabel ist. Die Bank kann also die Zinsen jederzeit senken. Nur Lebens- und Rentenversicherungen müssen laut Gesetz mindestens 1,25 Prozent Zinsen garantieren, ab 2017 sind es nur noch 0,9 Prozent. Für Banksparpläne gilt dieser Garantiezins nicht beziehungsweise erst, wenn das Sparguthaben in eine Rentenversicherung überführt wird. Dann sind die Versicherungsbedingungen zu diesem Zeitpunkt gültig. Garantiezins, Sterbetafeln, etc. können sich also während der Ansparphase noch deutlich zu Ungunsten des Sparers ändern.
Ihnen ist nicht klar, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Sparvertrag oder eine vorgezogene Rentenphase die Auszahlung drastisch schmälert. Denn es fehlen nicht nur Einzahlungsjahre, sondern auch die Rentenbezugsdauer steigt gleichzeitig. Es ist also weniger Geld für mehr Rentenjahre im Topf.
Die Riester-Rente lockt Sparer mit zwei Garantien: Der Auszahlung einer lebenslangen Rente, selbst wenn der Kapitalstock aufgebraucht ist, und der Garantie, dass die Einzahlungen, staatlichen Prämien und die bis zum Rentenbeginn aufgelaufenen Zinsgewinne für die Rente bereit stehen. Das bedeutet aber nicht, dass der Sparer die volle Summe nach zu Lebzeiten ausgezahlt bekommt. Es ist nur eine Garantie dafür, dass der Kapitalstock durch Investition in die falschen Anlagemärkte Verluste erleidet und dahinschmelzen könnte.
Sparer gehen häufig von einer halbwegs realistischen Lebenserwartung aus. Die Anbieter müssen jedoch so kalkulieren, dass sie auch bei Erreichen eines weit überdurchschnittlichen Alters noch eine Rente zahlen können, ohne das Geld anderer Sparer oder ihr eigenes Kapital aufzuwenden, sprich ohne Verluste zu machen.
Sie verwechseln Prognosen und Anlagevorschläge der Anbieter mit Garantien. Dabei gibt es zahlreiche Faktoren, die erheblichen Einfluss auf die Rente haben können. Zum Beispiel ein allgemein sinkendes Zinsniveau, gesetzliche Rahmenbedingungen, Änderungen in den Versicherungsbedingungen, im Steuerrecht und in den Sterbetafeln.
Sie vertrauen auf ihre Bank und ihren Kundenberater. Dabei ist ein Riester-Vertrag eine komplizierte Angelegenheit, bei deren Berechnung auch schnell Fehler passieren. Eine gründliche Prüfung aller Vertragsunterlagen ist Pflicht, am besten durch einen unabhängigen Berater, der gegen Honorar und nicht für eine Verkaufsprovision berät.
Sie konzentrieren sich auf die staatlichen Zulagen und unterschätzen die Steuern in der Auszahlphase. Dabei wird der volle Steuersatz auf das gesamte Guthaben fällig, egal ob Verrentung oder Einmalauszahlung. Vorteilhaft ist diese sogenannte nachgelagerte Besteuerung nur, weil der persönliche Steuersatz mit Renteneintritt in der Regel deutlich sinkt.
Ist der 63-Jährige etwas vorsichtiger bei der Anlage, wählt er eine Rentengarantiezeit von 15 Jahren. Das gibt zwar Sicherheit, mindert aber die garantierte monatliche Rente jeweils um knapp 10 Euro. Höher als 15 Jahre sollte die Garantiezeit normalerweise sowieso nicht sein, warnt Verbraucherschützerin Weidenbach. Dann drohe das Finanzamt, den Vertrag nicht mehr als Versicherung anzuerkennen, damit wäre auch der steuerliche Vorteil dahin.
Da es sich bei dieser Sofortrente um eine spezielle Form der privaten Rentenversicherung handelt, wird nur der sogenannte Ertragsanteil besteuert. Bei allen, die mit 65 Jahren in Rente gehen, beträgt dieser 18 Prozent. Je 1000 Euro Rente müssen also 180 Euro als Einkommen mit dem individuellen Satz versteuert werden.
Auch wenn das steuerlich attraktiv klingt: Die private Sofortrente lohnt sich nur, wenn ein sehr hohes Alter erreicht wird.
Gesetzliche Variante
Privatversicherte Selbstständige und Freiberufler haben zurzeit eine bessere und vor allem günstigere Chance auf eine attraktive Sofortrente. Sie können freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Und aufgrund der gesparten Gebühren und staatlicher Zuschüsse schneidet diese Form der Sofortrente laut Experten mittlerweile deutlich besser ab als die Private. Achtung: Diese Möglichkeit besteht nur noch bis Ende dieses Jahres und nur für Sparer, die vor dem 2. September 1950 geboren sind. Auch wer schon im Ruhestand ist, kann noch einzahlen.
Beiträge zur privaten Krankenversicherung werden bei der freiwilligen gesetzlichen Rente mit 7,3 Prozent bezuschusst. Ein weiteres Plus: Die Beiträge zur Rentenkasse sind steuerlich absetzbar. Der jeweilige Anteil erhöht sich stufenweise, bis zum Jahr 2025 sollen Beiträge bis zu einer gewissen Höchstsumme in voller Höhe absetzbar sein, aktuell sind es 80 Prozent.
Auszahlpläne
Auszahlpläne sind eine einfachere Alternative zur Sofortrente. Bei einer Bank wird ein größerer Betrag eingezahlt, es folgen monatliche, verzinste Auszahlungen. Üppig sind die Zinsen allerdings nicht. Wer aktuell 25.000 Euro einzahlt und zehn Jahre Laufzeit wählt, erhält bei der VTB Direktbank monatlich 228 Euro, der Zinssatz liegt bei 1,9 Prozent. Bei vielen Anbietern liegt der Zinssatz allerdings unter einem Prozent. Oft lohnt es sich, auf regionale Banken zu achten. Einen Überblick liefern Online-Rechner.
Es geht auch im Eigenbau
Gegenüber Rentenversicherungen haben Auszahlpläne vor allem Kostenvorteile, die anfallenden Gebühren sind deutlich niedriger. Allerdings gibt es keine lebenslange Rente, das Geld ist irgendwann alle. Zudem raten Experten wie Max Herbst, Inhaber der Frankfurter FMH Finanzberatung, davon ab, sämtliches Geld gleich in einen Auszahlplan mit langer Laufzeit zu stecken. Aufgrund der niedrigen Zinsen solle das Geld möglichst kurzfristig und flexibel angelegt sein, erklärt Herbst. Daher empfiehlt es sich, den angesparten Betrag in mehrere aufeinanderfolgende Auszahlpläne zu investieren.
Weidenbach rät außerdem zu einem Rentenmix. „Gerade Sparer, die keine gesetzliche Rente bekommen, sollten niemals ausschließlich auf Auszahlpläne setzen“. Besser geeignet sei eine Mischung aus mehreren Anlageformen. „Auch kurzfristig verfügbare liquide Rücklagen sind in jedem Fall wichtig“.
Do-it-yourself-Rente
Für kostenbewusste und gleichzeitig kapitalmarktaffine Anleger lohnt sich der Bau eines eigenen Auszahlplans. Dafür muss allerdings genau kalkuliert werden, welcher Betrag für welche Zusatzrente angelegt werden muss. Daher gilt es, frühzeitig mit der Planung zu beginnen.
Wollen sich Sparer mit 50 Jahren eine spätere Zusatzrente finanzieren, müssen sie relativ viel Geld in die Hand nehmen. Vor allem die Niedrigzinsen machen es ihnen schwer - doch das ist natürlich kein Grund, die Aufgabe nicht anzugehen. Wer sich als 50-Jähriger 500 Euro Zusatzrente ab dem 65. Lebensjahr finanzieren will, muss bei angenommenen vier Prozent Rendite pro Jahr 533 Euro monatlich sparen. Die Rente würde dann bis zum 95. Lebensjahr fließen. Danach wäre das Guthaben komplett aufgebraucht. Abgeltungsteuer und Soli (insgesamt 26,375 Prozent) sind dabei berücksichtigt. Möchten vorsichtige Sparer eine Rente bis zum 105. Lebensjahr finanzieren, müssten sie 630 Euro im Monat einsetzen. Reicht es ihnen hingegen, wenn das Geld bis zum 85. Geburtstag langt, müssten sie nur 404 Euro im Monat zurücklegen.
Doch vier Prozent Rendite sind derzeit nicht so leicht zu schaffen. Mit sicheren - oder zumindest schwankungsarmen - Anlagen sind sie derzeit nicht drin. Setzen Sparer daher nur zwei Prozent Jahresrendite an und wollen sich damit ihre 500 Euro Zusatzrente ab 65 finanzieren, müssten sie entsprechend mehr zurücklegen. Für die besonders Vorsichtigen würden dann schon 903 Euro anfallen, damit die Rente bis 105 Jahre reicht. Für die Rente bis 95 Jahre müssten Sparer 724 Euro monatliche Rate aufbringen; für die relativ kurze Rente bis zum 85. Geburtstag würden 517 Euro im Monat reichen. Auch hier sind Abgeltungsteuer und Soli bereits berücksichtigt.
Der monatliche Sparbetrag könnte beispielsweise in ein gut diversifiziertes Mischdepot fließen, wie es die WirtschaftsWoche schon mehrfach vorgestellt hat. Mit der ausgewogenen Mischung aus schwankungsanfälligeren Anlageklassen wie Aktien und Anleihen als Absicherung lassen sich auch zwischenzeitliche Krisen gut meistern.