Ausblick Kreditversicherer malen düsteres Bild

Sie versichern Warenströme und Lieferantenbeziehungen und sind deswegen besonders nah am Marktgeschehen: Kreditversicherer. Ihr Ausblick ist für Unternehmen, Exporteure und Anleger keine gute Nachricht.

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Die Firmenzentrale von German Pellets, eine der bekanntesten Pleiten in diesem Jahr in Deutschland. Quelle: dpa

Frankfurt Analysten, Volkswirte und Marktforscher haben in diesen Tagen Hochkonjunktur. In ihren Kommentaren für das Jahr 2017 versuchen sie zu prophezeien, wohin sich Dax und Dow, Öl und Gold, aber auch die Weltkonjunktur im kommenden Jahr entwickeln werden. Meist ist von einem soliden Plus die Rede.

Einen etwas anderen Blick auf die großen volkswirtschaftlichen Entwicklungen haben seit jeher die Kreditversicherer. Sie haben durch ihren direkten Draht zur Industrie und ihre umfangreichen Datensätze den genauen Einblick, in welchen Branchen und Volkswirtschaften Vorsicht angebracht ist. Und wo es womöglich auch überraschend gut laufen könnte. Mit dem etwas anderen Blick auf die Dinge gelten sie stets als gefragter Risiko-Seismograf.

Was die Kreditversicherer diesmal erwarten, lässt sich mit einem Wort beschreiben: düster. Es ist der Mix aus einer immer unberechenbareren geopolitischen Lage über die wirtschaftliche Schwäche der einstigen Hoffnungsträger in den Schwellenländern bis hin zu einer steigenden Zahl von Insolvenzen weltweit. Auf politischer Seite kommt zum Brexit-Votum im Januar der Regierungswechsel in den USA, dazu seit wenigen Tagen die Regierungskrise im wichtigen EU-Land Italien. In der Folge könnten Investitionen unterbleiben und die bis dato noch immer ausgeprägte Konsumlaune der Verbraucher sinken, befürchtet Thomas Langen, der Vorsitzende der Kommission Kreditversicherung beim Branchenverband GDV.

Hinzu komme eine „Renaissance des Protektionismus“, so der Experte. „Während neue Freihandelsabkommen auf Eis liegen, schotten zunehmend Staaten mit neuen Zöllen und Einfuhrbeschränkungen ihre Märkte ab“.


Chinesen zahlen später

Eindeutige Anzeichen für eine schwächere Konjunktur zeigen sich bereits beim wichtigen Handelspartner China. Die Kunden dort zahlen ihre Rechnungen inzwischen fast einen Monat später als der weltweite Durchschnitt. Ein Trend, der mittlerweile auch auf die Nachbarstaaten Singapur und Taiwan ausstrahlt. Dort stieg die Zahl der Insolvenzen zuletzt im zweistelligen Prozentbereich.

Ohnehin bereitet die zunehmende Zahl an Insolvenzen weltweit den Experten zunehmend Sorge. Gerade bei den Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro ist die Zahl der Pleiten rapide gestiegen. Waren es im Jahr 2014 weltweit noch 94, so gingen im vergangenen Jahr schon 152 Großunternehmen insolvent.

Glücklicherweise ist dieser Trend in Deutschland noch nicht angekommen. Seit dem Krisenjahr 2009 sinkt hier die Zahl der Insolvenzen. In diesem Jahr rechnen die Experten aus dem Kreditversicherungsbereich mit 22 200 hierzulande. Das wären vier Prozent weniger als 2015. Die bekanntesten Namen waren KTG Agrar, German Pellets, das Textilunternehmen Steilmann und die Modehäuser Wöhrl und Sinn Leffers. 2017 dürfte der jahrelange Abwärtstrend indes zu einem Ende kommen. Dann gehen die Experten davon aus, dass die Zahl der Insolvenzen auf dem Niveau dieses Jahres stagnieren wird.

Für die Kreditversicherer sind Phasen erhöhter Unsicherheit indes gut fürs Geschäft. In diesem Jahr dürften sie Ausfallrisiken in Höhe von 451 Milliarden Euro absichern, anderthalb Prozent mehr als 2015.

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