Bankberatung Was der neue Anlegerschutz wirklich bringt

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Honorarberatung schützt vor der Provisionsfalle Quelle: Daniel Stolle

Wer der Beförderung zum Profi bereits zugestimmt hat, muss sich aber nicht grämen. Der neue Status kann sogar von Vorteil sein: Wer sich tatsächlich beraten lassen will, kann auch als Profi ein Protokoll fordern – muss dies aber zu Beginn der Beratung machen. Und wer sich nur austauschen oder eine zweite Meinung einholen will, kann aufs Protokoll verzichten. So erreicht er, dass der Banker frei redet und Aufträge unkompliziert ausführt.

Laut Gesetz müssen Profi-Kunden zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: über 500.000 Euro Anlagevermögen bei der Bank, durchschnittlich mindestens zehn große Wertpapiergeschäfte pro Quartal oder ein Beruf mit Kapitalmarktbezug, zum Beispiel Wirtschaftsanwalt.

Berater vermeiden Protokolle mit allen Tricks

Auch wenn Banker telefonisch beraten, ist laut Gesetz ein Protokoll nötig. Aber einige Berater wissen, wie sie das vermeiden können. Der Trick: Sie telefonieren zweimal. Beim ersten Anruf des Kunden beraten sie, nehmen aber keinen Kaufauftrag an. Stattdessen sagen sie dem Anleger, er solle drüber nachdenken und noch mal anrufen. Wenn’s wieder klingelt, beraten sie nicht mehr, sondern nehmen nur noch die Order an. Streng genommen sei dann keines der beiden Gespräche protokollpflichtig, sagen einige Juristen.

Der Verband Unabhängiger Vermögensverwalter warnt seine Mitglieder per Brief jedoch vor dieser Taktik: „Von der anlegerfreundlichen Ziviljustiz dürfte dies im Zweifel als rechtsmissbräuchliche Umgehung eingestuft werden.“

Der Anreiz, solche Tricks einzusetzen, ist trotzdem hoch. Denn Telefonberatung wird für Banken wegen des neuen Rücktrittsrechts riskant: Wenn die Bank direkt nach dem Telefonat kauft, haben Kunden ein Rücktrittsrecht – vorausgesetzt, sie finden einen Fehler im später verschickten Protokoll. Damit besteht die Gefahr, dass Kunden auf Risiko der Bank zocken und intensiv nach Fehlern suchen, wenn etwa eine Aktie nach dem Kauf fällt.

Spezielle Produkte ohne Beratungsprotokoll

Einige Banken wie die Berliner Volksbank bieten deshalb gar keine Telefonberatung mehr an. Andere – etwa die Direktbanken und die HypoVereinsbank – zeichnen Telefonate auf. Viele Kunden sollen deshalb in diesen Wochen unterschreiben, dass sie mit der Aufzeichnung einverstanden sind. Auch die Deutsche Bank berät weiter telefonisch – und hofft, dass die Kunden das nicht ausnutzen. „Wir arbeiten vertrauensvoll mit unseren Kunden zusammen und gehen nicht davon aus, dass sie im Protokoll nach Fehlern suchen, um dann bei gefallenen Aktienkursen zurückzurudern“, sagt Ulrich Stephan, Leiter des Private Banking.

Darüber hinaus können Berater Protokolle umgehen, indem sie spezielle Produkte empfehlen: Das neue Gesetz gilt nur für Anlagen, die der Gesetzgeber als „Wertpapiere“ einstuft – also zum Beispiel Aktien, Investmentfonds oder Zertifikate. Rät der Banker etwa zu Sparkonten oder geschlossenen Beteiligungsfonds, muss er nicht protokollieren. Riskante Produkte wie Schiffs- oder US-Immobilienfonds fallen damit nicht unters Gesetz.

Wenn Banken solche Produkte anpreisen und das nicht protokollieren, sollten bei Anlegern die Alarmglocken schrillen. Einige Banken machen aber auch bei geschlossenen Fonds Protokolle, etwa die Commerzbank. „Wir wollen damit die gleiche Beratungsqualität und Transparenz bieten wie bei Wertpapierprodukten“, sagt Heiko Beck, Leiter des Produktmanagements. Die Commerzbanker sind gebrannte Kinder: Zu oft haben sie Filmfonds verkauft, die später floppten – und wurden von Richtern gezwungen, Anleger zu entschädigen.

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