„Erst krank, dann arm.“ Auf diese einprägsame Formel bringt die Zeitschrift „Öko-Test“ eine Gefahr, die immer mehr Arbeitern und Angestellten droht: Berufsunfähigkeit. Hunderttausende sind betroffen und scheiden aus dem Arbeitsleben aus. Die meisten sind ausgebrannt und halten den Druck im Berufsleben nicht mehr aus.
Oft geht es dann jedoch nicht nur gesundheitlich bergab, sondern auch finanziell. Glück hat immerhin, wer vor 1962 geboren wurde, also älter als 52 Jahre ist. Hier greifen noch alte gesetzliche Regeln für die Erwerbsunfähigkeitsrente. Gekniffen sind jedoch alle jene, die später zur Welt kamen. Sie müssen sich privat absichern, durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung zum Beispiel.
Viele tun dies allerdings nicht. Und wenn doch, dann birgt diese private Police schon beim Abschluss viele Fallstricke. Sie ist für manche Berufsgruppen schwer, nur mit Abstrichen oder gar nicht zu bekommen. Und wenn man die Versicherung dann Jahre später vielleicht mal benötigt, stellen viele Betroffene fest, dass die erhoffte Rente viel schwerer als gedacht zu bekommen ist.
Kosten einer Berufsunfähigkeits-Police
Maximum: 607,28 Euro
Minimum: 309 Euro
Quelle: Franke & Bornberg; Marktvergleich unter 40 Versicherern, Basis der Berechnung: 1500 Euro monatliche Rente, Eintrittsalter 35, versichert bis 67, ausgewiesen ist jeweils der niedrigste und höchste Bruttobeitrag
Maximum: 292,18 Euro
Minimum: 225,31 Euro
Maximum: 572,38 Euro
Minimum: 193,79 Euro
Maximum: 568,32 Euro
Minimum: 155,20 Euro
Maximum: 323,61 Euro
Minimum: 94,15 Euro
Maximum: 323,61 Euro
Minimum: 94,15 Euro
Maximum: 411,20 Euro
Minimum: 91,45 Euro
Maximum: 411,20 Euro
Minimum: 91,45 Euro
Maximum: 411,20 Euro
Minimum: 89,86 Euro
Maximum: 212,10 Euro
Minimum: 78,40 Euro
Maximum: 195,35 Euro
Minimum: 78,40 Euro
Dies ist kurz zusammengefasst das Ergebnis vieler Tests durch Verbraucherschützer und die Erfahrung von Anwälten. Die Zeitschrift „Öko-Test“ folgert denn auch treffend: „Der Versuch, auf eigene Faust die beste Police zu finden, kommt einem Glücksspiel gleich.“ Der Tipp der Tester: Lassen Sie sich von einem qualifizierten Makler oder Berater helfen.
Dieser Rat ist zwar gut gemeint, hilft vielen Betroffenen jedoch nur bedingt weiter. Denn keine Welt ist so bunt und breit gefächert wie jene der Verkäufer, Vermittler, Makler oder Berater in der Versicherungswelt. Manche locken mit kostenloser Hilfe, was sie am Ende aber gar nicht ist. Andere verlangen üppige Honorare für ihre Tipps. Kunden fragen sich: Bringt das was?
Der Aufwand mag manchen hoch erscheinen. Schließlich geht es um eine Versicherung, die mitunter nur ein paar Hundert Euro im Jahr kostet. Die Erfahrung von Opferschützern lehrt jedoch: Guter Rat ist teuer. Nur wer Spezialisten fragt, kann sich in jungen Jahren gut schützen und später an seine Rente kommen. Im Folgenden einige Hinweise, wer sich als Berater eignet und wer vielleicht eher nicht.
Vertreter
Die meisten Vermittler von Versicherungen sind Vertreter, die für einen einzigen Versicherer arbeiten. Deren Image ist in der Bevölkerung grundsätzlich nicht besonders gut. Es gibt allerdings auch viele Ausnahmen. Wenn man einen Vertreter gut kennt, dann hilft er schon mal mehr, als er eigentlich muss. Schließlich ist ein guter Ruf sein Kapital.
Bei der Debeka sind Vertreter angestellt, bei anderen formal selbstständig. Das Interesse dieser Personen ist meist auf den Abschluss einer Police gerichtet. Denn damit verdienen sie Geld. Das Angebot ist jedoch nur eingeschränkt. Wie gut der Service hinterher ist, hängt vom einzelnen Vertreter und dessen Berufsverständnis ab, unterliegt also eher dem Zufall.
Formal kann der Vertreter eines großen Versicherungskonzerns selbstständig sein. Doch faktisch ist er sehr eng an einen bestimmten Versicherer gebunden – und verkauft auch nur dessen Produkte und führt die Aufträge aus, die er erhält. Ob sich das immer mit den Interessen des Kunden vereinbaren lässt, bezweifeln Verbraucherschützer daher.
Es gibt auch Vertreter, die für mehrere Versicherer arbeiten. Die Abhängigkeit von den Unternehmen und ihren Produkten ist dabei ebenfalls sehr groß. In großen Strukturvertrieben ist dieses Vermittlermodell zu finden. Nach außen wird zwar gerne betont, dass unabhängig vermittelt wird, doch tatsächlich ist das oft nicht so ausgeprägt wie behauptet, stellen Kritiker fest.
Knapp 100.000 Vermittler von Versicherungen können von dem Geschäft leben, wie Wissenschaftler schätzen. Sie arbeiten nicht alle allein, manche haben größere Büros, in denen ihnen eine oder mehrere Personen zuarbeiten. Deren Abhängigkeit von Vermittlungsprovisionen ist also offensichtlich. Und hier sollten Kunden noch vorsichtiger sein, wenn es um Ratschläge oder Hilfe geht.
Manche Versicherungskonzerne lassen ihren Vertretern sehr große Freiheit. Dabei handelt es sich oft um Versicherungsvereine, bei denen der Druck der Aktionäre fehlt. Diese Unternehmen haben ein Gegenmodell entwickelt zum Vertreter, der in einer großen Gesellschaft sehr eng an die Vertriebsvorgaben des Versicherers gebunden ist.
Fazit: Vorsicht beim Vertragsabschluss. Bei der Durchsetzung der BU-Rente ist wenig zu erwarten, weil das Interesse der Vertreter in erster Linie auf den Vertragsabschluss gerichtet ist, aber nicht auf die Betreuung hinterher. Oft sind die Kenntnisse der Vertreter bei der Durchsetzung der Rente auch gering.
Makler
Versicherungsmakler sind – anders als Vertreter – nicht vertraglich an eine Versicherungsgesellschaft gebunden. Sie sehen sich als „treuhänderähnliche Sachwalter“ des Kunden. So lautet die Theorie, die gerne von Verbänden so hervorgehoben wird: „Mit anderen Worten: Der Versicherungsmakler steht auf Ihrer Seite.“
Wie Vertreter verdienen auch Makler oft nur dann Geld, wenn sie eine Police vermitteln. Sie erhalten dann eine Provision. Wie stark sie im Interesse des Kunden arbeiten, hängt daher stark von der persönlichen Einstellung und Arbeitsweise ab. Immerhin: Das Angebot ist größer, also könnte die Qualität der Police auch besser sein, als bei einem Vertreter, der nur einen einzigen Versicherer vertritt.
Es gibt keine gesetzliche Berufsorganisation für Versicherungsmakler. Wichtige Verbände sind der Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM) und der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung. Der VDVM vertritt über 600 Versicherungsmakler-Unternehmen mit mehr als 12.000 Mitarbeitern.
Die Hauptgründe für eine Berufsunfähigkeit
Die Mehrheit, nämlich 28,67 Prozent, wird wegen psychischer Erkrankungen wie Burnout berufsunfähig.
(Angaben mit Stand April 2013)
Auf Platz zwei der Erkrankungen, die die Deutschen vorzeitig aus dem Berufsleben wirft, sind Erkrankungen des Skeletts und der Muskulatur. Mehr als 22 Prozent können wegen "Rücken" nicht mehr in ihrem Beruf oder auch gar nicht mehr arbeiten.
15,51 Prozent nehmen ihre Berufsunfähigkeitsversicherung wegen nicht näher kategorisierter Krankheiten in Anspruch.
Krebs und andere bösartige Geschwüre sind bei gut 15 Prozent der Grund für eine Berufsunfähigkeit.
Bei gut zehn Prozent sind Unfälle beziehungsweise deren Spätfolgen dafür verantwortlich, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben können.
Bei fast acht Prozent aller Deutschen, die im letzten Jahr berufsunfähig wurden, spielten Erkrankungen von Herz und Gefäßen eine Rolle.
Der AfW sieht sich als der Berufsverband unabhängiger Finanzdienstleister. 30.000 Versicherungs- und Kapitalanlagevermittler werden durch rund 1700 Mitgliedsunternehmen repräsentiert. Das Problem: Es sind womöglich viele Personen unterwegs, die nicht unbedingt die nötigen Anforderungen für den Beruf erfüllen. Deshalb verstärken alle ihre Ausbildungsaktivitäten.
Nicht zu unterschätzen ist auch die sogenannte Maklerarmut. Viele Vermittler haben sich als Makler angemeldet, verdienen aber nur mäßig, wie Umfragen von Berufsverbänden zeigen. Wissenschaftler schätzen daher, dass viele nicht von dieser Tätigkeit leben können. Ein Problem: Wer Geld braucht, schaut nicht unbedingt auf die Qualität seiner Arbeit für den Kunden.
Fazit: Einen guten Versicherungs- oder Finanzmakler zu finden, ist schwer. Am Ende zählt der persönliche Eindruck von den Fähigkeiten und der Berufserfahrung. Auch hier gilt jedoch wie bei Vertretern: Makler können beim Vertragsabschluss helfen. Bei der Durchsetzung von Renten dürften sie jedoch in der Regel überfordert sein.
Finanz- und Vermögensberater
Selbstständige Finanzberater sind häufig vertraglich an Anbieter von Finanzprodukten, wie Banken oder Versicherungen, oder an Finanzvertriebe gebunden. Solche Bezeichnungen führen also auch Vermittler, die fest in einer Verkäuferstruktur arbeiten oder vergleichsweise eng an eines oder mehrere Versicherungsunternehmen gebunden sind.
Auch der Begriff Vermögensberater wird von einem Teil der Vermittlerschaft verwendet und ist nicht geschützt. Wegen des Begriffswirrwarrs wollen manche in der Branche daher das Berufsbild ergänzen, erweitern und aufwerten. Dazu brauchen die Verbände aber auch die Unterstützung der Politik.
Im Januar 2013 ist zwar das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts in Kraft getreten. Ob jedoch die Qualität der zahlreichen Finanz- und Vermögensberater dadurch steigt, ist nach dieser kurzen Zeit noch nicht absehbar. Zudem führt das Gesetz – ähnlich wie für Versicherungsvermittler – neue Erlaubnisvorschriften ein (§ 34f GewO).
Der Verband AfW will einen neuen Berufsstand schaffen, den unabhängigen Finanzdienstleister. Das Berufsbild geht über das reine Versicherungsgeschäft hinaus, und das Renommee soll – wie in den angelsächsischen Ländern – mit dem der Rechtsanwälte und Steuerberater vergleichbar sein. Davon ist Deutschland jedoch noch weit entfernt.
Eine anerkannte Aus- und Weiterbildung für die Beratung von Finanzprodukten gibt es nicht. Neben privaten, unternehmensinternen oder hochschulgebundenen Ausbildungen gibt es in den Unternehmen Personen mit zahlreichen Berufsqualifikationen. Dazu zählen: Fachwirt für Finanzberatung, Fachberater für Finanzdienstleistungen, Bankkaufmann oder Versicherungsfachwirt.
Fazit: Es herrscht eine bunte Vielfalt in der „Berater“-Branche, die nichts über die wahren Absichten und die Qualität des jeweiligen Vermittlers aussagt. Titel sagen nichts über die Qualifikation aus. Die wahren Absichten von Beratern hängen auch immer davon ab, für welches oder in welchem Unternehmen sie arbeiten. Entscheidend sind also Abhängigkeiten, die auf den ersten Blick aber vielleicht nicht erkennbar sind.
Berater
Versicherungsberater sind Spezialisten, die sich besonders gut in komplizierten Versicherungsfragen auskennen. Sie müssen sich wie Vertreter und Makler registrieren lassen. Im Vergleich ist ihre Anzahl jedoch verschwindend gering. Im Register für Versicherungsvermittler sind knapp 250.000 Personen erfasst. Nur 274 davon sind Versicherungsberater.
Im Vergleich zu Maklern und Vertretern sind diese Berater verpflichtet, ihre Kunden individuell und in deren Interesse zu beraten. Um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten, beziehen sie keine Provisionen von Versicherungen, sondern beraten Kunden auf Honorarbasis. Sie rechnen entsprechend der Rechtsanwalts-Vergütungsverordnung (RVG) ab. Das Honorar wird vorab mit den Mandanten vereinbart. Üblich ist ein Stundenhonorar.
Im Gegensatz zu Versicherungsberatern sind Honorarberater breiter aufgestellt und beraten in vielen Fragen der Geldanlage. In Deutschland gibt es mehrere Tausend Personen, die im Auftrag des Kunden tätig werden und für ein Honorar arbeiten. Die niedrige Zahl zeigt: Dies ist bisher in Deutschland kaum üblich, weshalb dieser Berufszweig ein Nischendasein fristet – im Gegensatz zu Großbritannien zum Beispiel.
Daran ändern auch gesetzliche Initiativen im Jahre 2013 bisher nichts. Das Gesetz bestimmt, dass Honorarberater ausschließlich vom Kunden vergütet werden dürfen. Sie können die von ihnen empfohlenen Anlageprodukte auch vermitteln, dürfen aber keine Provisionen von Produktanbietern oder Dritten annehmen.
Die Politiker sind dennoch zuversichtlich, dass sich etwas ändern wird. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass gerade im Bereich der Geldanlage großer Handlungsbedarf besteht, die Beratung stärker an den Interessen der Verbraucher auszurichten, kommentierte das Verbraucherschutzministerium. Die Honorarberatung könne diesem Anspruch am besten gerecht werden.
Fazit: Versicherungsberater können sowohl beim Abschluss einer Police als auch hinterher bei der Durchsetzung von Ansprüchen helfen. Wer einen Versicherungsberater sucht, geht am besten über den Fachverband BVVB.
Bei Honorarberatern ist unklar, ob sie sich in Details von Versicherungsfragen auskennen. Das sollten Kunden vorher klären.
Fachanwälte und Verbraucherschützer
Fachfragen in Versicherungs- und Geldangelegenheiten können auch Anwälte und Steuerberater beantworten. Sie arbeiten ebenfalls gegen ein Honorar. Ein Beispiel dafür ist der Tarifwechsel von der privaten zurück in die gesetzliche Krankenversicherung. Anwälte, Rentenberater oder Mitarbeiter von Krankenkassen kennen sich zum Beispiel im Sozialrecht am besten aus. Im Deutschen Anwaltsverein gibt es etwa eine Arbeitsgemeinschaft für Sozialrecht.
In den Verbraucherberatungsstellen der Bundesländer erhalten Verbraucher auf viele Fragen rund um Geld kompetente und unabhängige Antworten. Zudem halten sich die zu zahlenden Honorare oft in Grenzen. Auch die Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten setzt sich für die Rechte der Verbraucher im Versicherungswesen ein.
Allerdings gibt es auch immer wieder Kritik an der Qualität mancher Aussagen von Verbraucherschützern. Kunden sollten sich auf deren Rat also nicht blind verlassen. Zudem empfiehlt es sich, bei komplizierten Sachfragen, direkt einen Anwalt um Rat zu fragen. Das gilt vor allem bei der Durchsetzung von Rentenansprüchen im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Fazit: Anwälte kennen sich selten aus, wenn es um den Abschluss einer Versicherung geht. Sie werden eher hinterher eingeschaltet. Verbraucherschützer haben ein großes Spektrum von Themen, das sie bearbeiten müssen. Hier sind zwar auch Juristen aktiv, doch ob diese bei der Durchsetzung von Ansprüchen helfen können, ist nicht sicher.
Vergleicht man die möglichen Helfer, so ist die höchste Qualität am wahrscheinlichsten bei jenen zu finden, die für ihre Bemühungen ein festes Honorar verlangen. Guter Rat ist eben nicht umsonst zu haben, auch nicht beim Vermittler. Denn dieser berät zwar ebenfalls, doch hinterher erhält er sein Geld über die ersten Prämien, die der Kunde an die Versicherung zahlt.
Ein letzter Tipp zum Nachdenken: Manche bezweifeln den Wert der Berufsunfähigkeitsversicherung grundsätzlich. Alternativ ist zur Absicherung der Familie auch eine Risiko-Lebensversicherung geeignet. Und wer sich gegen den Verlust der eigenen Arbeitskraft wappnen möchte, kann zudem auf andere Weise vorsorgen. Das erspart zumindest eines: viel Ärger, wenn die Versicherung hinterher nein sagt.