Besser krankenversichert Welche Zusatzversicherungen lohnen

Gesetzlich Versicherte können die Leistungen der Kasse aufstocken, um ein wenig vom Luxus der Privatpatienten abzubekommen. Welche Tarife ihr Geld wert sind.

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Wie Kassenpatienten GKV-Leistungen aufstocken können. Quelle: imago / jochen tack

Über den flauschigen Teppich des Hotelflurs ist es von der geräumigen Suite nur ein kurzer Weg in die Privatklinik. Hier können sich vermögende Gäste des Düsseldorfer Luxushotels Breidenbacher Hof medizinisch behandeln lassen: Edelholz, japanische Kalligrafien und Orchideen in gedämpftem Licht statt aseptischem Einheitsgrau.

Kassenpatienten sehen solche Privatkliniken nur von außen. Im Krankenhaus teilen sie sich in der Regel das Zimmer mit zwei weiteren Patienten. Wer Pech hat, muss sich mit Schnarchern oder Schlafwandlern rumärgern. Meist helfen dann nur Ohropax und Schlaftablette. Wer das verhindern, aber nicht ganz zu den Privaten wechseln will, kann Zusatzpolicen abschließen, die Leistungen auf dem Niveau von Privatpatienten finanzieren.

Die besten Krankenhaus-Zusatzpolicen

Zusatzversicherte haben in öffentlichen Krankenhäusern in der Regel Zugang zu den besser ausgestatteten Abteilungen für Privatpatienten. Die privaten Extras zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sind gefragt. Während die Zahl der Mitglieder in der privaten Krankenversicherung (PKV) stagniert, werden Zusatzpolicen immer beliebter (siehe Grafik unten). Derzeit haben die Deutschen etwa 23,5 Millionen solcher Versicherungen. Beliebteste Variante sind die Zahntarife mit 13,8 Millionen. Zusatzpolicen finanzieren Kassenpatienten etwa Zahnersatz oder den Aufenthalt in einer Spezialklinik. Bei reinen Privatpraxen oder Privatkliniken müssen Zusatzversicherte allerdings draußen bleiben. Grund: Die Grundversorgung wird nach wie vor über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet.

Erst warten, dann zahlen

Wer bereits eine Diagnose seines Arztes hat, kann in der Regel nicht nachträglich eine private Zusatzpolice abschließen. Erst wenn die Krankheit drei bis sechs Monate nach Vertragsabschluss aufgetreten ist, zahlt der Krankenversicherer. Anders als bei der Vollversicherung für Privatpatienten können Versicherer innerhalb einer ordentlichen Kündigungsfrist aus dem Vertrag aussteigen. Das dürfte Patienten treffen, die hohe Kosten verursachen. Das Analysehaus Softfair hat bei unserem Check von 220 Tarifen nur Policen berücksichtigt, bei denen der Versicherer auf ein einseitiges Kündigungsrecht verzichtet.

Zusatzpolicen werden immer beliebter. (Zum Vergrößern bitte anklicken)

Das Ranking für Zusatzpolicen unterscheidet zwischen Tarifen mit und ohne Alterungsrückstellungen. Diese Rückstellungen sollen Beitragserhöhungen dämpfen. Tarife mit Rückstellungen haben höhere Einstiegsprämien als solche ohne.

Ambulante Tarife zu teuer

Private Krankenversicherer bieten Zusatzpolicen für drei Bausteine an: Krankenhaus, Zahnschutz und Ambulant. Softfair hat nur Krankenhaus- und Zahnschutztarife bewertet. Die Leistungskataloge der ambulanten Tarife sind so unterschiedlich gestrickt, das sie sich kaum miteinander vergleichen lassen.

Diesen Krankenkassen sterben die Kunden weg
Krankenkassenkarten Quelle: dpa
Steine mit Aufschriften Quelle: dpa
Schriftzug der AOK Quelle: dpa
Grafik des Dienstes für Gesellschaftspolitik Quelle: Handelsblatt
Screenshot der Internetseite der G&V BKK Quelle: Handelsblatt
Screenshot der Internetseite der BKK Phoenix Quelle: Handelsblatt
Screenshot der Internetseite der BKK Medicus Quelle: Handelsblatt

Zudem sind nur ambulante Tarife bezahlbar, die lediglich zusätzliche Kosten für Brillen, Hörgeräte und Medikamente übernehmen. Für dieses Paket müsste ein 40-jähriger Versicherter im DKV-Tarif KombiMed 14,30 Euro monatlich zahlen. Soll die Police auch privatärztliche Leistungen abdecken, schießt der Beitrag auf 167,91 Euro pro Monat hoch. Sie wäre damit fast so teuer wie eine Vollversicherung.

Ambulante Zusatzpolicen haben noch einen weiteren Haken: Wer beim niedergelassenen Arzt wie ein Privatpatient behandelt werden will, muss sich bei seiner gesetzlichen Kasse für einen Tarif entscheiden, bei dem er erst zahlt und sich das Geld später wieder holt (Kostenerstattung). Für solche Tarife kassieren die gesetzlichen Kassen zusätzliche Verwaltungskosten; zwischen fünf und zehn Prozent der erstatteten Leistung. Tipp: Brillen, Hörgeräte und Medikamente lieber selbst zahlen.

Kostenrisiko Operation

„Ein Krankenhaus-Tarif ist die wichtigste Zusatzpolice, weil bei Operationen schnell Zusatzkosten in fünfstelliger Höhe zusammenkommen“, sagt Roland Harstorff, Versicherungsberater aus Norderstedt. Nicht alles, was die Krankenhaus-Zusatzpolicen anbieten, hält Harstorff jedoch für notwendig. Verzichtbar sei beispielsweise die Chefarztbehandlung. „Meist drückt der Chef dem Patienten nur die Hand, die eigentliche Behandlung übernimmt ein anderer Arzt“, sagt der Versicherungsberater.

Wichtiger sei, dass die Zusatzversicherung bis zum 3,5-fachen Gebührensatz für privatärztliche Leistungen aufkomme, so Harstorff. Die Police sollte auch Voruntersuchungen und nachträgliche Kontrolltermine sowie ambulante Eingriffe im Krankenhaus einschließen. Einige Tarife deckten diese Leistungen nicht ab.

Die besten Zahn-Zusatzpolicen

Bessere Kronen

Richtig teuer wird es beim Zahnarzt, wenn die eigenen Zähne rausmüssen und Lückenfüller aus Edelmetall oder Keramik her müssen. Gesetzliche Kassen zahlen nur einen Festzuschuss für den Zahnersatz, unabhängig davon, wie viel der tatsächlich kostet. Beispiel: Für eine Krone setzen die Kassen derzeit 270 Euro an, davon zahlt die Kasse die Hälfte, also 135 Euro. Eine Krone aus Edelmetall mit Keramikverblendung kostet etwa 500 Euro. Davon müsste der Kassenpatient 365 Euro selbst zahlen.

Sinnvolle Zahnzusatzpolicen stocken nicht nur die Kassenleistung auf, im Beispielfall wären es 135 Euro, sondern finanzieren auch einen Teil der privatärztlichen Leistung, etwa die Keramikverblendung. Softfair hat bei seinem Ranking nur Tarife berücksichtigt, die auch den besseren Zahnersatz bezahlen.

Die Erstattungssätze der Zahnschutzpolicen sind für Laien schwer zu durchschauen. Derzeit werden zwei Varianten angeboten: der Zuschuss der Kasse wird entweder bei der Erstattung der privatärztlichen Leistung angerechnet oder nicht.

Beispiel: Die Tarife Medi Z Basis der Gothaer sowie der ZahnBasispur vom Deutschen Ring zahlen beide 50 Prozent der privatärztlichen Leistung. Die Gothaer trägt von den 500 Euro Gesamtkosten für die Krone nur 182,50 Euro, weil sie 135 Euro Kassenzuschuss zuvor von den Gesamtkosten abgezogen hat. Beim Patienten bleiben demnach 182,50 Euro hängen. Der Deutsche Ring kommt dagegen für 250 Euro auf, weil er auf einen Abzug der Kassenleistung verzichtet. Unter Strich muss der Versicherte nur noch 115 Euro aus eigener Tasche zahlen. Diese Mehrleistung kostet: Statt 5,47 Euro im Monat wie bei der Gothaer, müssen die Versicherten beim Deutschen Ring monatlich 8,79 Euro zahlen.

Zusatz von der Kasse

Gesetzliche Kassen vermitteln Zusatztarife von privaten Versicherern. Allerdings beschränkt sich deren Angebot jeweils auf Tarife eines Kooperationspartners, bei der Barmer GEK sind es etwa die der HUK-Coburg. Die Kassen werben Kunden mit einem Prämiennachlass für Zusatzpolicen. Tipp: Holen sich bei einem unabhängigen Berater mehrere passende Angebote für private Zusatzpolicen ein. Vergleichen Sie deren Preis-Leistungs-Verhältnis mit dem des Kooperationspartners Ihrer Kasse.

Option zum Upgrade

Einige Zusatzpolicen bieten den Versicherten die Option, später in die private Vollversicherung zu wechseln – ohne Gesundheitsprüfung. Für diese Option müssen die Versicherten häufig zusätzlich zahlen. Beim Krankenhaus-Tarif Komfort Start-U von der Axa wären es monatlich sechs Euro für einen 30-Jährigen und 13 Euro für einen 40-Jährigen.

Zwar müssen Versicherte mit Optionstarif mangels Prüfung später nicht mit Risikozuschlägen wegen einzelner Krankheiten rechnen, aber die Versicherung wird das Einstiegsalter bei der Kalkulation der Prämie berücksichtigen. Wer wechseln will, sollte daher nicht lange warten.

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