Betriebsrente Wie Jobwechsel Ihre Altersvorsorge belasten

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Neues Versicherungsgesetz

Versicherer lamentieren seit Jahren über niedrige Zinsen, verkauften aber munter weiter. Kürzlich gab Alexander Erdland, Präsident des Versichererverbandes GDV zu: „Für so einen heftigen Zinsrutsch war das System nicht ausgelegt.“ Ein neues Versicherungsgesetz sollte die Branche entlasten. Die Folge: Auch Betriebsrentner bekommen seit Januar nur noch 1,25 Prozent Zins auf ihren Sparanteil (aus eingezahlten Beiträgen minus Kosten) garantiert.

Der Altvertrag von Betriebswirt Hansen verzinst sich weiter mit dem hohen Garantiezins aus dem Jahr 2004 von 2,75 Prozent. Sein neuer Vertrag wird nur noch mit den heute gültigen 1,25 Prozent Garantiezins abgeschlossen. Bei der hohen Differenz hilft es ihm wenig, dass mit dem Lebensversicherungsreform-Gesetz auch die Provision für die Versicherungsverkäufer sinken soll. Üblicherweise sind die Provisionen in der betrieblichen Vorsorge nur halb so hoch wie bei privaten Verträgen.

Seit Hansen im Jahr 2004 den ersten Vertrag abgeschlossen hat, haben die Lebensversicherer zudem ihre Tarife auf die längere Lebensdauer ihrer Kunden umgestellt (Sterbetafeln) und kalkulieren Verträge für Männer und Frauen identisch (Unisex-Tarife). Bei gleicher Prämie bedeutet das jetzt eine niedrigere Rente für den Neuvertrag von Hansen. Zahlt er die bisherigen 100 Euro über 30 Jahre in den Vertrag des neuen Arbeitgebers ein, würde daraus eine Monatsrente von 161 Euro. Für immerhin 138 Euro Monatsrente aus dem Altvertrag hat er nur elf Jahre gespart.

Mehr eingezahlt, als ausbezahlt würde

Kündigt Hansen die Betriebsrente, bekäme er 12.727 Euro zur freien Verfügung ausgezahlt. Ein Minus bliebe aber: Denn er hat in den elf Jahren 73 Euro mehr eingezahlt, als ihm ausbezahlt würde, zudem könnte der Fiskus Steuervorteile zurückverlangen. Froh wäre über diese Entscheidung der Versicherer: „Die Altverträge mit hohen Garantiezinsen sind für sie teuer. Werden sie gekündigt, stehen den Versicherern wieder mehr Reserven für die Zahlung von Überschüssen an die restlichen Versicherten zur Verfügung“, sagt Heiko Gradehandt, Bereichsleiter für betriebliche Altersvorsorge bei der Unternehmensberatung Towers Watson.

Welche Dax-Konzerne am meisten Altersvorsorge zahlen
Die Finanzierungslage der betrieblichen Altersversorgung der Dax-Unternehmen hat sich 2013 positiv entwickelt. Die guten Renditen (5,1 Prozent) ließen die Pensionsvermögen auf 198 Milliarden Euro steigen. Im Vorjahr waren es noch 192 Milliarden, die Pensionsverpflichtungen drohten zur Gefahr für künftige Gewinne zu werden. 2013 sah es schon anders aus, nicht nur die Rücklagen stiegen, auch der Umfang der Pensionsverpflichtungen ist gesunken. Statt 314 Milliarden müssen die Konzerne nur noch 303 Milliarden Euro zahlen. Damit sind 65 Prozent der Pensionsverpflichtungen mit spezifischen Vermögenswerten bedeckt (Vorjahr: 61 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Pensionsvermögen und -verpflichtungen im DAX 2013“ der Unternehmensberatung Towers Watson. Sie basiert auf den Angaben in den Geschäftsberichten der 30 DAX-Unternehmen. Quelle: dpa
Bei Adidas klaffen allerdings noch große Lücken zwischen dem Vermögen, das 2013 für die betriebliche Altersvorsorge eingeplant war und dem, was ausbezahlt wurde. So betrug das Planvermögen des Sportartikelherstellers 83 Millionen Euro, wogegen die Verbindlichkeiten 325 Millionen Euro betrugen. Damit erreicht Adidas einen Ausfinanzierungsgrad von nur 26 Prozent - die Differenz musste aus anderen Quellen genommen werden. Immerhin: 2012 waren nur 24 Prozent der Pensionsverpflichtungen mit spezifischen Vermögenswerten bedeckt. Quelle: REUTERS
Der Versicherer Allianz kann sich dagegen über eine Deckung von 61 Prozent freuen. Das Planvermögen des Konzerns für die betriebliche Altersvorsorge beträgt 11,7 Milliarden Euro, demgegenüber stehen Verpflichtungen in Höhe von 19,1 Milliarden. Quelle: REUTERS
Mehr als 80, nämlich genau 83 Prozent Deckungsgrad, kann der Chemiekonzern BASF vorweisen. Das Unternehmen muss also nur noch 17 Prozent aus sonstigen Geldern nehmen, um die Lücke zwischen den Rücklagen in Höhe von 17,1 Milliarden und den Verpflichtungen von 20,7 Milliarden Euro zu schließen. Quelle: dpa
Auch Bayer erreicht mit 65 Prozent einen ganz ordentlichen Deckungsgrad. Bei dem Pharmaunternehmen stehen Ausgaben in Höhe 20,7 Milliarden Euro für die betriebliche Altersvorsorge einem Polster von 13,4 Milliarden Euro gegenüber. Quelle: dpa
Das erfolgreiche Anlage- und Risikomanagement "bringt den Unternehmen Rückenwind für die Überarbeitung ihrer betrieblichen Altersversorgung, die angesichts der demografischen Entwicklung stärker denn je auf die Agenda drängt", sagt Thomas Jasper, Leiter Retirement Solutions bei Towers Watson. Er erwartet, dass in den kommenden Jahren viele Unternehmen ihre Pensionswerke überarbeiten oder neu gestalten werden. Bei BMW kann man gelassen in die Zukunft schauen: Von 76 Prozent im Jahr 2012 wuchs der Deckungsgrad auf 85 Prozent an. 2013 hatte das Unternehmen ein Planvermögen von 13,5 Milliarden Euro, demgegenüber Pensionsansprüche in Höhe von 15,8 Milliarden Euro standen. Quelle: AP
Derzeit sieht nur jedes dritte Unternehmen in Deutschland sein Angebot an Mitarbeiterbenefits wie der Altersvorsorge gut für die Zukunft aufgestellt, wie eine im Februar veröffentlichte Umfrage der Economist Intelligence Unit (EIU) im Auftrag von Towers Watson ergab. Die Beiersdorf AG zahlte ihren Pensionären im letzten Jahr beispielsweise rund 1,3 Milliarden Euro an Altersvorsorge. Zurückgelegt hatte das Unternehmen für diesen Zweck allerdings nur 877 Millionen Euro. Quelle: dpa

Ein Jobwechsel ist schlecht, mehrere sind fatal. Nicht nur der garantierte Zins wird im Zweifel niedriger, bei jedem neuen Abschluss einer Rentenversicherung wird zunächst die Vermittlerprovision bezahlt.

Zudem wird der Arbeitnehmer älter, und damit werden auch die Beiträge für im Todesfall oder bei Berufsunfähigkeit fällige Leistungen teurer. „Der Arbeitnehmer zahlt schon durch das höhere Eintrittsalter mehr Prämie für eine geringere Leistung“, sagt Vergütungsexperte Teichmann.

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