Betriebsrente Wie Jobwechsel Ihre Altersvorsorge belasten

Durch niedrige Zinsen, ein neues Lebensversicherungsgesetz und unbewegliche Arbeitgeber verlieren Arbeitnehmer beim Jobwechsel rund 20 Prozent ihrer Altersvorsorge. Was die Regierung ändern will, welche Auswege es gibt.

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Häufige Jobwechsel bergen die Gefahr einer Mini-Rente. Quelle: Getty Images

Deutschland ist nicht Griechenland – und doch kann auch hierzulande eine Rente um ein Viertel niedriger ausfallen. Das passiert ausgerechnet denen, die eigentlich alles richtig machen: Arbeitnehmer, die durchgehend arbeiten und für ihr Alter vorsorgen. Die erkannt haben, dass sie, wenn sie vorankommen wollen, auch mal den Arbeitsplatz wechseln sollten. Die wenigsten Arbeitnehmer verbringen heute ihr Berufsleben bei einem einzigen Arbeitgeber. Doch wer flexibel ist, wie von Politikern in Sonntagsreden immer wieder gefordert, dem droht bei der betrieblichen Altersvorsorge ein böses Erwachen.

„Ein Jobwechsel kann für den Arbeitnehmer zu erheblichen finanziellen Einbußen bei der Betriebsrente führen“, sagt Thorsten Teichmann, Geschäftsführer der Pensions Insurance Broker beim Beratungsunternehmen Aon Hewitt. Zwar müssen sich Arbeitgeber bei der Betriebsrente an einmal gemachte Zusagen halten. Die aber gelten nur für den Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer in Rente geht – und nicht bei einem vorzeitigen Ausscheiden. Wer den Job wechselt, muss bei vom Arbeitgeber finanzierten Betriebsrenten aktuell noch mindestens fünf Jahre im Betrieb gewesen sein. Erst danach ist die Rente „unverfallbar“, bleiben einmal erworbene Ansprüche erhalten.

Während bei der gesetzlichen Rente Arbeitnehmer mit ihren Beiträgen das Altersgeld der Rentner finanzieren, sparen die meisten der 20 Millionen Beitragszahler in der Betriebsrente für ihre spätere Zusatzrente. Dazu bekommen sie in der Regel einen Zuschuss vom Arbeitgeber. Einige Arbeitgeber garantieren die Höhe der Betriebsrente, andere leiten die Gelder an Versicherer und Vermögensverwalter weiter. Die Rentenhöhe hängt davon ab, wie erfolgreich sie Spargelder anlegen.

Zahlen zur Betriebsrente

Seit dem Jahr 2002 haben Beschäftigte das Recht, einen Teil ihres Gehalts zugunsten einer betrieblichen Altersvorsorge umzuwandeln, um später eine Betriebsrente zu erhalten. Um diese „Entgeltumwandlung“ Arbeitgebern und Beschäftigten schmackhaft zu machen, gibt der Staat Anreize: Er erlässt für Einzahlungen in Höhe bis zu vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Bruttogehalts Steuern und Sozialabgaben. Maximal 2904 Euro Einzahlung im Jahr werden so begünstigt, 1800 Euro können zusätzlich steuerfrei eingezahlt werden.

Das Problem: Für den Arbeitnehmer fließt durch die Entgeltumwandlung weniger Geld in die gesetzliche Rentenkasse. Damit sinkt seine spätere Rente aus diesem Topf. Nur Arbeitnehmer, deren Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung von aktuell 72.600 Euro liegt, haben durch die Entgeltumwandlung keine Einbußen bei der gesetzlichen Rente, da sie ohnehin schon den maximalen Betrag in die Rentenversicherung einzahlen.

Im Alter drohen Einbußen

Weil dort künftig weniger Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren werden, drohen im Alter Einbußen. Die durch Kapital gedeckten Betriebsrenten sollten ein Befreiungsschlag sein, um dem Demografieproblem der gesetzlichen Rente zu entkommen. Doch nun erfüllen sich die hochgesteckten Erwartungen nicht.

So wirkt sich der Arbeitgeberwechsel eines heute 35-Jährigen auf seine betriebliche Altersvorsorge aus

Bei Andreas Hansen* etwa lief zunächst alles gut. Im Alter von 24 Jahren hatte er 2004 mit seinem Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung vereinbart. Der Arbeitgeber überwies einen Teil von Hansens Gehalt und einen Zuschuss in eine Rentenversicherung. Aus steuer- und sozialabgabenfrei eingezahlten 100 Euro monatlich sollte er mit 65 monatlich 399 Euro Rente bekommen.

In diesem Jahr aber wechselte der Betriebswirt von seinem Wirtschaftsprüfungsunternehmen zu einem Konkurrenten. Der allerdings bietet eine andere Form der Betriebsrente an. Hansen braucht einen neuen Vertrag. Weil der niedriger verzinst wird, büßt er über 20 Prozent ein (siehe Grafik).

*Name ist der Redaktion bekannt

Fünf verschiedene Typen von Betriebsrenten

In der Privatwirtschaft gibt es fünf verschiedene Typen von Betriebsrenten (sogenannte „Durchführungswege“, siehe Grafik), für den öffentlichen Dienst noch weitere. Das verkompliziert die Übernahme des alten Vertrags durch einen neuen Arbeitgeber erheblich.

Von Personalern wird die Betriebsrente als wichtiges Instrument im „Krieg um Talente“ und zur Mitarbeiterbindung gelobt. Mit dem Entgegenkommen ist es aber häufig vorbei, wenn neue Mitarbeiter mit Verträgen ihres alten Arbeitgebers anklopfen. Oft zwingt der neue Arbeitgeber Mitarbeiter zu einem Neuvertrag mit dem Anbieter seines Vertrauens. Wie sollten Beschäftigte vorgehen?

Die wichtigsten Formen der Betriebsrente, wie viele Versicherte auf sie Anspruch haben
  • Scheidet der Arbeitnehmer aus, meldet ihn der Arbeitgeber beim Versicherer ab. Der schreibt den Mitarbeiter an und fragt, ob ein neuer Arbeitgeber den Vertrag übernimmt. Tut er dies, ist alles okay.
  • Falls dies nicht der Fall sein sollte, wird der Mitarbeiter zum Versicherungsnehmer und entscheidet, ob er die Beiträge aus dem Nettolohn weiterzahlt. Bei den aktuell niedrigen Zinsen lohnt sich das selten, bei älteren Verträgen mit einem hohen Garantiezins mitunter schon.
  • Alternativ behält er den Vertrag ohne weiter einzuzahlen. „Am sinnvollsten ist es in vielen Fällen, den Altvertrag beitragsfrei zu stellen und daraus später die Rente zu kassieren“, sagt Vergütungsexperte Thorsten Teichmann.
  • Weitere Möglichkeit: Er lässt sich auszahlen, legt das Geld an – oder gibt es aus.

Viel Verwaltungsaufwand, kleine Betriebsrenten?

Problem: Wer das Prozedere bei mehreren Jobwechseln durchexerziert, bekommt am Ende nur noch kleine Betriebsrenten – und das bei viel Verwaltungsaufwand, den Arbeitgeber elegant vermeiden, indem sie nur mit einem Rentenanbieter kooperieren. Die am weitesten verbreiteten Formen der betrieblichen Altersvorsorge, Pensionskasse und Direktversicherung, sind als eine Art Lebensversicherung organisiert. Sie müssen sicher anlegen und investieren heute überwiegend in niedrig verzinste Anleihen.

Die wichtigsten Begriffe zur Rente
ZeitrenteAls Zeitrente wird ein Vorsorgebetrag bezeichnet, der nur über einen bestimmten, endlichen Zeitraum gezahlt wird. Ein klassisches Beispiel dafür sind Einnahmen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie werden gezahlt, bis die Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden. Quelle: Fotolia
Witwen-/WitwerrenteStirbt ein Ehepartner, hat der andere Anspruch auf Witwenrente. Voraussetzung dafür ist, dass das Paar noch verheiratet war, allerdings ist es egal, ob zusammen oder getrennt gelebt wurde. Außerdem müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Unter anderem muss der verstorbene Partner mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Heiratet der Hinterbliebene erneut, endet die Witwenrente. Quelle: Fotolia
RentensplittingDas Rentensplitting ist vergleichbar mit dem Ehegattensplitting. Die Ansprüche beider Ehepartner werden in einen Topf geworfen und zu gleichen Teilen unter beiden gesplittet. Davon Gebrauch machen dürfen Eheleute, die 2002 oder später geheiratet haben. Aber auch eingetragene Lebenspartner dürfen ihre Altersbezüge entsprechend teilen. Quelle: DAPD
Wer profitiert vom Rentensplitting?Nicht nur Ehepartner mit einer sehr kleinen Rente können vom Splitting profitieren. Lohnen kann sich ein Splitting auch für jemanden, der keine Witwerrente bekommen würde, da seine Einnahmen zu hoch sind. Außerdem darf dank Splitting in der Regel auch mehr hinzuverdient werden. Quelle: Fotolia
MütterrenteDie Mütterrente gibt es erst seit diesem Jahr. Profitieren sollen vor allem Mütter, die bisher keinen Anspruch auf Rente hatten, weil sie aufgrund der Kindererziehung nicht lange genug gearbeitet haben. Anspruch haben Frauen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben. Bisher wurde ihnen lediglich ein Jahr Erziehungszeit auf ihrem Rentenkonto angerechnet, jetzt sind es zwei. Pro Monat bedeutet das ein Plus von knapp 30 Euro. Quelle: Fotolia
Wie viel dürfen Rentner dazuverdienen?Viele suchen auch im Ruhestand nach ein wenig Zeitvertreib und wollen noch etwas hinzuverdienen. Doch gerade für Rentner sind die Regeln da streng. Sogenannte Vollrentner, die das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht haben, dürfen prinzipiell unbegrenzt dazuverdienen. Allerdings muss der Betrag komplett zusammen mit der Rente versteuert werden.      Quelle: Fotolia
Was passiert bei Frührentnern?Wer vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in Rente geht, erhält eine gekürzte Rente, die sogenannte Frührente. Für jeden Monat, den man früher zu arbeiten aufhört, werden 0,3 Prozent von der eigentlichen Rente abgezogen. Zwar dürfen auch Frührentner Geld hinzuverdienen. Allerdings wird dieses am Ende mit der gekürzten Rente verrechnet. Der Frührentner muss die Rentenversicherung darüber informieren, dass er einen Nebenjob hat, diese wird dann die entsprechende Kürzung ausrechnen. Je nach Wohnort gelten bestimmte Hinzuverdienstgrenzen. Quelle: Fotolia

Einige plagt sogar ein Strafzins: In der Schweiz wollte eine Pensionskasse ihre Reserve bar abheben und in einen Tresor packen. Den in der Schweiz üblichen Strafzins von 0,75 Prozent wollte sie nicht länger akzeptieren. Im Tresor würde das Geld zumindest nicht automatisch weniger. Doch die Auszahlung wurde von der Notenbank gestoppt. Sie fürchtete vor allem Nachahmer – und weniger um die Sicherheit der Gelder im Tresor. Rentenversicherungen in Form von Pensionskassen und Direktversicherungen sind nicht die renditestärksten, dafür aber für Arbeitgeber die risikoärmsten Angebote.

„Arbeitgeber müssen eine lebenslange Rente gewährleisten und sorgen oft auch für den Todesfall oder die Berufsunfähigkeit vor, das lässt sich mit Rentenversicherungen gut abdecken“, sagt Teichmann. Bei anderen Formen wie den Direktzusagen bildet der Arbeitgeber dagegen Rücklagen in der Bilanz und zahlt später die Renten aus dem Betriebsvermögen.

Geht das schief, springt nach Betriebspleiten der Pensions-Sicherungs-Verein ein. Betriebsrententräger stöhnen über die hohen Beiträge, die sie an den Verein zahlen müssen. Gesetzlich wurde zwar schon 2005 festgelegt, dass Einzahlungen zwischen Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds beim Jobwechsel übertragen werden sollen. Eine Pflicht, dass Arbeitgeber einst bei anderen Arbeitgebern geschlossene Altverträge weiterführen müssen, gibt es aber nicht.

Neues Versicherungsgesetz

Versicherer lamentieren seit Jahren über niedrige Zinsen, verkauften aber munter weiter. Kürzlich gab Alexander Erdland, Präsident des Versichererverbandes GDV zu: „Für so einen heftigen Zinsrutsch war das System nicht ausgelegt.“ Ein neues Versicherungsgesetz sollte die Branche entlasten. Die Folge: Auch Betriebsrentner bekommen seit Januar nur noch 1,25 Prozent Zins auf ihren Sparanteil (aus eingezahlten Beiträgen minus Kosten) garantiert.

Der Altvertrag von Betriebswirt Hansen verzinst sich weiter mit dem hohen Garantiezins aus dem Jahr 2004 von 2,75 Prozent. Sein neuer Vertrag wird nur noch mit den heute gültigen 1,25 Prozent Garantiezins abgeschlossen. Bei der hohen Differenz hilft es ihm wenig, dass mit dem Lebensversicherungsreform-Gesetz auch die Provision für die Versicherungsverkäufer sinken soll. Üblicherweise sind die Provisionen in der betrieblichen Vorsorge nur halb so hoch wie bei privaten Verträgen.

Seit Hansen im Jahr 2004 den ersten Vertrag abgeschlossen hat, haben die Lebensversicherer zudem ihre Tarife auf die längere Lebensdauer ihrer Kunden umgestellt (Sterbetafeln) und kalkulieren Verträge für Männer und Frauen identisch (Unisex-Tarife). Bei gleicher Prämie bedeutet das jetzt eine niedrigere Rente für den Neuvertrag von Hansen. Zahlt er die bisherigen 100 Euro über 30 Jahre in den Vertrag des neuen Arbeitgebers ein, würde daraus eine Monatsrente von 161 Euro. Für immerhin 138 Euro Monatsrente aus dem Altvertrag hat er nur elf Jahre gespart.

Mehr eingezahlt, als ausbezahlt würde

Kündigt Hansen die Betriebsrente, bekäme er 12.727 Euro zur freien Verfügung ausgezahlt. Ein Minus bliebe aber: Denn er hat in den elf Jahren 73 Euro mehr eingezahlt, als ihm ausbezahlt würde, zudem könnte der Fiskus Steuervorteile zurückverlangen. Froh wäre über diese Entscheidung der Versicherer: „Die Altverträge mit hohen Garantiezinsen sind für sie teuer. Werden sie gekündigt, stehen den Versicherern wieder mehr Reserven für die Zahlung von Überschüssen an die restlichen Versicherten zur Verfügung“, sagt Heiko Gradehandt, Bereichsleiter für betriebliche Altersvorsorge bei der Unternehmensberatung Towers Watson.

Welche Dax-Konzerne am meisten Altersvorsorge zahlen
Die Finanzierungslage der betrieblichen Altersversorgung der Dax-Unternehmen hat sich 2013 positiv entwickelt. Die guten Renditen (5,1 Prozent) ließen die Pensionsvermögen auf 198 Milliarden Euro steigen. Im Vorjahr waren es noch 192 Milliarden, die Pensionsverpflichtungen drohten zur Gefahr für künftige Gewinne zu werden. 2013 sah es schon anders aus, nicht nur die Rücklagen stiegen, auch der Umfang der Pensionsverpflichtungen ist gesunken. Statt 314 Milliarden müssen die Konzerne nur noch 303 Milliarden Euro zahlen. Damit sind 65 Prozent der Pensionsverpflichtungen mit spezifischen Vermögenswerten bedeckt (Vorjahr: 61 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Pensionsvermögen und -verpflichtungen im DAX 2013“ der Unternehmensberatung Towers Watson. Sie basiert auf den Angaben in den Geschäftsberichten der 30 DAX-Unternehmen. Quelle: dpa
Bei Adidas klaffen allerdings noch große Lücken zwischen dem Vermögen, das 2013 für die betriebliche Altersvorsorge eingeplant war und dem, was ausbezahlt wurde. So betrug das Planvermögen des Sportartikelherstellers 83 Millionen Euro, wogegen die Verbindlichkeiten 325 Millionen Euro betrugen. Damit erreicht Adidas einen Ausfinanzierungsgrad von nur 26 Prozent - die Differenz musste aus anderen Quellen genommen werden. Immerhin: 2012 waren nur 24 Prozent der Pensionsverpflichtungen mit spezifischen Vermögenswerten bedeckt. Quelle: REUTERS
Der Versicherer Allianz kann sich dagegen über eine Deckung von 61 Prozent freuen. Das Planvermögen des Konzerns für die betriebliche Altersvorsorge beträgt 11,7 Milliarden Euro, demgegenüber stehen Verpflichtungen in Höhe von 19,1 Milliarden. Quelle: REUTERS
Mehr als 80, nämlich genau 83 Prozent Deckungsgrad, kann der Chemiekonzern BASF vorweisen. Das Unternehmen muss also nur noch 17 Prozent aus sonstigen Geldern nehmen, um die Lücke zwischen den Rücklagen in Höhe von 17,1 Milliarden und den Verpflichtungen von 20,7 Milliarden Euro zu schließen. Quelle: dpa
Auch Bayer erreicht mit 65 Prozent einen ganz ordentlichen Deckungsgrad. Bei dem Pharmaunternehmen stehen Ausgaben in Höhe 20,7 Milliarden Euro für die betriebliche Altersvorsorge einem Polster von 13,4 Milliarden Euro gegenüber. Quelle: dpa
Das erfolgreiche Anlage- und Risikomanagement "bringt den Unternehmen Rückenwind für die Überarbeitung ihrer betrieblichen Altersversorgung, die angesichts der demografischen Entwicklung stärker denn je auf die Agenda drängt", sagt Thomas Jasper, Leiter Retirement Solutions bei Towers Watson. Er erwartet, dass in den kommenden Jahren viele Unternehmen ihre Pensionswerke überarbeiten oder neu gestalten werden. Bei BMW kann man gelassen in die Zukunft schauen: Von 76 Prozent im Jahr 2012 wuchs der Deckungsgrad auf 85 Prozent an. 2013 hatte das Unternehmen ein Planvermögen von 13,5 Milliarden Euro, demgegenüber Pensionsansprüche in Höhe von 15,8 Milliarden Euro standen. Quelle: AP
Derzeit sieht nur jedes dritte Unternehmen in Deutschland sein Angebot an Mitarbeiterbenefits wie der Altersvorsorge gut für die Zukunft aufgestellt, wie eine im Februar veröffentlichte Umfrage der Economist Intelligence Unit (EIU) im Auftrag von Towers Watson ergab. Die Beiersdorf AG zahlte ihren Pensionären im letzten Jahr beispielsweise rund 1,3 Milliarden Euro an Altersvorsorge. Zurückgelegt hatte das Unternehmen für diesen Zweck allerdings nur 877 Millionen Euro. Quelle: dpa

Ein Jobwechsel ist schlecht, mehrere sind fatal. Nicht nur der garantierte Zins wird im Zweifel niedriger, bei jedem neuen Abschluss einer Rentenversicherung wird zunächst die Vermittlerprovision bezahlt.

Zudem wird der Arbeitnehmer älter, und damit werden auch die Beiträge für im Todesfall oder bei Berufsunfähigkeit fällige Leistungen teurer. „Der Arbeitnehmer zahlt schon durch das höhere Eintrittsalter mehr Prämie für eine geringere Leistung“, sagt Vergütungsexperte Teichmann.

Gesetzlich Krankenversicherte müssen besonders sorgfältig rechnen

Zahlen gut verdienende Arbeitnehmer privat in den alten Vertrag der Direktversicherung, wird das teuer, „weil der Beitrag aus dem versteuerten und mit Sozialabgaben belasteten Nettolohn fließt“, sagt Gradehandt von Towers Watson. Wen das nicht abschreckt, dem rät er, sich möglichst die günstigen Betriebskonditionen für weitere Einzahlungen zu sichern.

Besonders sorgfältig rechnen sollten gesetzlich Krankenversicherte: Anders als bei einer privaten Rentenversicherung müssen sie bei der Auszahlung einer Betriebsrente Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Und da sie den vollen Satz allein stemmen, gehen damit rund 18 Prozent von der Rente oder der einmaligen Kapitalauszahlung verloren.

Vermeiden können sie das allenfalls dadurch, dass sie eine privat weitergesparte Police auf ihren Namen als Versicherungsnehmer umschreiben lassen – und am Ende nachweisen, welche Beiträge aus dem Nettolohn gezahlt wurden.

„Der Gesetzgeber sollte Rahmenbedingungen schaffen, damit die Ansprüche leichter zu übertragen sind, um zu verhindern, dass Arbeitnehmer kontinuierlich bei Jobwechseln ihre Ansprüche verringern müssen“, fordert Gradehandt. Der Grundsatz, dass ein Altvertrag auf Wunsch des Arbeitnehmers zumindest bei Direktversicherungen vom neuen Arbeitgeber fortgeführt werden muss, könnte gesetzlich festgeschrieben werden. Die Deutsche Gesellschaft für betriebliche Altersvorsorge (DGbAV) hat daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Sie bietet für ein paar Euro pro Vertrag eine Abwicklungsplattform für Altverträge an, die es Arbeitgebern erleichtern soll, mit verschiedenen Versicherern zusammenzuarbeiten.

Betriebsrente stärken?

Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag zwar darauf geeinigt, dass sie die Betriebsrente stärken wollen. „Stärken“ heißt aber, dass sie noch mehr Arbeitnehmer in die Betriebsrente locken wollen. Probleme beim Jobwechsel werden nicht angepackt.

Auch in die Anlagepolitik wird wenig eingegriffen. Die Betriebsrente basiert stark auf Garantien und deshalb kaufen Versicherer vor allem Zinspapiere. „Durch das niedrige Zinsniveau sind derzeit aber Modelle vorteilhafter, die mit Aktienquoten von 50 Prozent oder mehr operieren können“, sagt Klaus Mössle, bei der Fondsgesellschaft Fidelity zuständig für das Großkundengeschäft.

Mehr Geld in Aktien

Manche Anbieter haben aus der Not eine Tugend gemacht. „Es gibt bereits Produkte mit eingeschränkten Garantien, die höhere Renditechancen bieten. Der Trend wird sich verstärken“, sagt Vergütungsexperte Teichmann. Wird weniger garantiert, können mehr Mittel in renditestärkere Anlagen fließen. Dafür könnten die gutgeschriebenen Summen künftig stärker schwanken.

Fidelity richtet die Altersvorsorge der eigenen Mitarbeiter seit 2012 stärker auf den Kapitalmarkt aus und packt mehr Geld in Aktien. Das sogenannte Lebenszyklusmodell sieht bei jüngeren Mitarbeitern einen höheren Aktienanteil bei der Altersvorsorge vor und schichtet, je näher der Sparer dem Ruhestand kommt, immer mehr in Zinspapiere um. Im Rentenalter kann der Anleger wählen, ob er die Betriebsrente lebenslang will, sich das Kapital auszahlen lässt oder ob die Auszahlung in 20 Jahresraten erfolgen soll. Dann ist etwa mit Ende 80 Schluss. Lebt der Rentner länger, müsste er andere Finanzierungsquellen anzapfen.

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