Daten zur Überschuldung Warum Deutsche ihrer Schulden nicht Herr werden

Es sind Schicksalsschläge, die Bundesbürger in die Schuldenfalle treiben. Der häufigste Auslöser ist Statistikern zufolge Arbeitslosigkeit. Vor allem zwei Gesellschaftsgruppen suchen Hilfe bei Schuldnerberatungsstellen.

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113.000 Menschen haben sich 2015 bei Schuldnerberatungsstellen Hilfe gesucht. Quelle: dpa

Berlin Der Verlust des Arbeitsplatzes ist die Hauptursache für die Überschuldung von privaten Personen. Zu diesem Schluss kommt das Statistische Bundesamt nach der Analyse von Daten der Schuldnerberatungsstellen. Fast jeder fünfte der 113.000 Hilfesuchenden begründete seine Lage mit dem Arbeitsplatzverlust.

In 15 Prozent der Fälle waren gesundheitliche Probleme die Ursache, 14 Prozent der Personen gaben als Grund die Trennung vom Partner an oder dessen Tod. Nur in gut jedem zehnten Fall ist unangemessenes Konsumverhalten der Grund für die Überschuldung. Überproportional stark suchten alleinlebende Männer und alleinerziehende Frauen die Hilfe von Beratungsstellen.

„Es fällt auf, dass in der Regel unplanbare und gravierende Änderungen der Lebensumstände als Hauptauslöser genannt werden, die außerhalb der unmittelbaren Kontrolle der Überschuldeten liegen“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Dieter Sarreither, bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. Von Überschuldung spricht man, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nach zu kommen.

Auf den ersten Blick überraschen die Zahlen. Schließlich reißen die positiven Nachrichten nicht ab. Die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren gefallen, die Reallöhne sind kräftig gestiegen, der Mindestlohn wurde eingeführt. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, so Sarreither, dass im abgelaufenen Jahr 78.500 Menschen einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt haben. Im Jahr 2014, neuere Angaben liegen noch nicht vor, wurden zudem gut 350.000 Haushalten der Strom abgestellt.

Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform gelten 6,7 Millionen Bürger über 18 Jahre in Deutschland als überschuldet, weisen also nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Knapp vier Millionen Personen sieht Creditreform in einer „dauerhaften Schuldenspirale“.


Vor allem bei Banken in der Kreide

Die vom Statistischen Bundesamt vorgelegte Überschuldungsstatistik auf Basis der Schuldnerberatungsstellen macht keine Angaben zur Gesamtzahl der überschuldeten Personen. Längst nicht alle betroffenen Personen erkundigen sich nach Hilfe, heißt es zur Begründung. Gleichwohl ließen sich belastbare strukturelle Angaben zu den Überschuldeten machen.

Danach sind die 25- bis 44-Jährigen am häufigsten verschuldet. Diese Altersgruppe macht zwar nur 30 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, doch machten sie die Hälfte der Beratungsstellen-Klienten aus. Die durchschnittliche Schuldensumme wurde auf 34400 Euro taxiert. Lediglich sechs Prozent der Bürger hatten Schulden von mehr als 100.000 Euro.

Zum größten Teil, nämlich 44 Prozent, sind Banken die Gläubiger. Danach folgen öffentliche Gläubiger und Inkassobüros. Mit einem Anteil von zwölf Prozent sind die Bürger in der Minderheit, die nur bei einem Gläubiger Schulden haben. Über 40 Prozent der Schuldner standen bei zehn und mehr Gläubigern in der Kreide. „Das erschwert den Schuldnern, den Überblick über ihre finanziellen Verhältnisse zu behalten“, bemerkte Sarreither.

Doch auch wenn sie den Überblick haben, kann es trostlos sein. Denn nach Analysen des Statistischen Bundesamtes betragen die durchschnittlichen Schulden das 33-Fache des Monatseinkommens. Dabei bezogen die Statistiker das monatliche Einkommen der Ratsuchenden von durchschnittlich 1034 Euro auf die durchschnittliche Schuldenhöhe.

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