Einfach dürften die nächsten Monate für die Versicherungsindustrie nicht werden. Neben den Unsicherheiten in Bezug auf die US-Wirtschaftspolitik und dem weiteren Prozess zum Thema Brexit stehen Präsidentschaftswahlen in Frankreich und die Bundestagswahl in Deutschland an.
Während das Thema Brexit von vielen Marktteilnehmern als Chance für deutsche Versicherer gesehen wird, dürften die Entwicklungen in den USA und Kontinentaleuropa (mit derzeit fraglichem Ausgang zum Abschneiden populistischer Parteien) erhöhte Marktvolatilitäten zur Folge haben. Für die Versicherer bedeutet dies, dass sie sich gegen schockartige makroökonomische Bewegungen absichern müssen.
Auf der Anlageseite steigt der Druck auf die Portfolien der Versicherer, in denen angesichts des Niedrigzinsumfelds auch risikoreichere Anlagen jenseits von Anleihen und festverzinslichen Wertpapieren stärker gewichtet sind. Dies könnte sich auf Bonitäts- und Versicherungsratings auswirken, welche die Finanzkraft der Häuser abbilden.
Zum Autor
Dr. Andreas Freiling ist Partner und Leiter Insurance der EMEIA Region und Deutschland von EY.
Stabile Beitragseinnahmen dürften vor diesem Hintergrund insbesondere für die deutschen Lebensversicherer im laufenden Jahr eine große Herausforderung sein. Für sie wies der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bereits im Vorjahr ein Beitragsminus von 2,2 Prozent aus, während die Schaden-/Unfallversicherung und die private Krankenversicherung ein leichtes Wachstum verzeichneten.
Diese Jobs sind durch die Digitalisierung entstanden
Der Data Engineer sorgt dafür, dass Data Analysten und Data Scientisten erfolgreich arbeiten können. Denn die Data Engineers sammeln, generieren und säubern die Daten und bereiten sie auf, um sie dann den Analysten und Scientists zur Verfügung zu stellen. Sie stehen in der Wertschöpfungskette quasi ganz am Anfang aber gleichzeitig in enger Abstimmung mit den Fachbereichen und konkreten Inhalten. Eine Herausforderung, mit der sich Data Engineers immer stärker beschäftigen, ist das Thema Big Data und die damit verbundene Komplexität der Daten.
Quelle: Telefónica
Neben der Anwendung klassischer Analysemodelle zur Generierung von Business-Insights (Job des bisherigen „Data Analyst“), wendet der Data Scientist komplexere statische Methoden an, hat Kenntnisse im Bereich maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Außerdem spielt beim Data Scientist am Ende eines Projekts die Visualisierung der Ergebnisse und das sogenannte Storytelling eine große Rolle. Das heißt, er muss nicht nur gut mit Zahlen jonglieren, sondern auch kommunikative Fähigkeiten besitzen.
Bei der Arbeit mit Daten kommen die Spezialisten mit Themen wie Datensicherheit und Datenschutz in Kontakt, wodurch wiederrum neue Berufsprofile entstehen. So sucht Telefónica aktuell nach einem Data Protection & Data Security Consultant, der sich als erster Ansprechpartner und Berater um alle internen Themen rund um den Datenschutz bei der neuen Tochtergesellschaft Telefónica NEXT kümmert.
Der Take-to-Market Analyst ist Bindeglied und Übersetzter zwischen Analysten und externen Partnern. Wenn die Mitarbeiter anonymisierte Bewegungsdaten der Kunden nutzen wollen, um ihren Service zu verbessern, übersetzt der TTM Analyst die Anforderung jeweils in die Sprache des anderen. Dafür muss er – wie alle anderen Rollen auch – beide Parteien verstehen können. Er benötigt dazu ein gewisses technisch-analytisches Know-how und zugleich ein unternehmerisches Verständnis. Der TTM Analyst ist ein Allrounder, denn er schreibt ebenso Verträge und begleitet die Produktmanager zum Kundentermin. Anschließend erklärt er den Analysten, was genau zu tun ist.
Er gibt die Leitlinien für den Umgang mit Daten vor. Welche Informationen können bedenkenlos in welchem Zusammenhang verwendet werden? Wo liegen rechtliche Grauzonen bei der Auswertung von Daten? Wo ethische Barrieren? Seine Position ist meist nah am Vorstand angesiedelt, da eine Fehlentscheidung schnell ernsthafte Probleme verursachen kann.
Sowohl Mathematiker und Informatiker als auch Physiker sind für die Tätigkeit des Data Strategist besonders geeignet. Denn hohes technisches Verständnis ist Grundvoraussetzung, um nachvollziehen zu können, wie die Daten überhaupt erhoben werden.
Der CDO ist der oberste Digitalisierungsbeauftragte eines Unternehmens – oftmals sogar auf Vorstandsebene. Er gibt die Leitlinien für die Digitalisierung vor: entwickelt neue Geschäftsmodelle, führt innovative Technologien ein und fördert vernetztes Arbeiten in seinem Konzern. In seiner Position muss er die zukünftige Richtung vorgeben, Mitarbeiter und Anteilseigner in die digitale Transformation mitnehmen. Dazu braucht er neben fachlichen Qualifikationen vor allem Überzeugungskraft, Risikobereitschaft und Neugier.
Dieser Entwickler kümmert sich um neue Programme für Smartphones und Tablets. Bei kleineren Unternehmen ist er nicht nur Ideengeber, sondern programmiert die Anwendungen auch selbst.
Die meisten Mobile Developer sind entweder auf das Apple-Betriebssystem iOs oder Googles Konkurrenzprodukt Android spezialisiert. Früher ein Feld für Autodidakten, ist dieser Job heutzutage am besten für Informatiker geeignet – egal, ob studiert oder mit Berufsausbildung zum Fachinformatiker.
Der SEO-Manager – die Abkürzung steht für Search Engine Optimization, zu Deutsch: Suchmaschinen-Optimierung – ist der wohl bekannteste Performance Marketing Manager. Er ist dafür verantwortlich, Inhalte von Web-Seiten so zu optimieren, dass sie von Suchmaschinen möglichst gut gefunden werden.
Ebenfalls dazu gehören der SEM- und der SEA-Manager. Sie sind für Search Engine Marketing beziehungsweise Search Engine Advertising zuständig. Das heißt, sie entscheiden unter anderem, bei welchen Suchbegriffen eine Anzeige ihres Arbeitgebers erscheint, und kontrollieren den Erfolg solcher Maßnahmen. Ebenfalls in den Aufgabenbereich von Performance Marketing Managern fallen Direktmarketingaktionen zum Beispiel via E-Mail oder die Schaltung von Werbebannern.
Bei den Lebensversicherern sind Anpassungen der Investmentstrategien sowie Bewegungen auf der Produktseite und bei den Kostenstrukturen bereits in vollem Gange: Viele Anbieter gehen auf Policen mit flexiblen Garantien beziehungsweise fondsgebundene und hybride Verträge über.
Ob Versicherungskunden so flexibel sein wollen, ist fraglich. Gerade in Deutschland waren Garantien für die Versicherungskunden traditionell ein wichtiger Pfeiler beim Aufbau der Altersvorsorge. Ob die Kunden - angesichts von Zinsen nahe der Nulllinie - bereit sind, auf eben jene Sicherheiten zu verzichten, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob sie ihre grundsätzliche Erwartungshaltung an die Renditen der Versicherungslösungen reduzieren.
Digitale Kunden
Auch die digitalen Anforderungen von Kunden stellen Versicherer vor Herausforderungen. Historisch ein Vorreiter in Sachen Automatisierung, werden sie bei der Verbesserung interner Betriebsprozesse und der Befriedigung neuer Kundenanforderungen aufholen müssen.
Das Konsum- und Informationsverhalten der Versicherungsnehmer ändert sich. Insbesondere jüngere Kunden informieren sich immer häufiger online und erwarten digitale Angebote mit einem Höchstmaß an Transparenz. Dies stellt erhöhte Anforderungen an die Beratungsmodelle und Vertriebsstrukturen.
Fin- und InsurTechs auf dem Vormarsch
Fakt ist: Die Generation der sogenannten „Millenials“ erwartet keine Hausbesuche von Versicherungsagenten für Beratungsgespräche, sondern digitale Lösungen und mobile Apps. Versicherer, die diese Erwartungen an die Interaktion - zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort - nicht erfüllen, laufen Gefahr, vom Markt verdrängt zu werden.
Bei den Versicherungskunden dürfte die mobile Verfügbarkeit von Versicherungsprodukten und -lösungen aber noch weiter an Bedeutung gewinnt.
Die Versicherer suchen deshalb ihr Heil in Kooperationen mit jungen Technologieanbietern, um die Digitalisierung der Vertriebs- und Beratungsfunktionen voranzubringen. Nicht nur FinTechs, sondern auch sogenannte InsurTechs sind auf dem Vormarsch. Nach Auswertungen von EY sind derzeit rund 18 solcher Start-Ups in Deutschland aktiv. Sie konnten zuletzt ein Investitionsvolumen in Höhe von rund 53,5 Millionen Euro verzeichnen. Noch ist der Markt konzentriert: Auf die fünf größten Anbieter entfallen derzeit fast 90 Prozent des Marktes.
Zehn Fakten zur Digitalisierung
Einer Studie des IT-Verbands Bitkom zufolge hat die Digitalisierung allein im Jahr 2012 in Deutschland 1,46 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Besonders stark ist demnach der Anstieg der Beschäftigung mit 976.000 in den Dienstleistungssektoren.
Die Erwartungen der Entscheider an die Digitalisierung sind laut der Studie „Digital Leader – Leadership im digitalen Zeitalter“ des Marktforschungsunternehmens Crisp Research im Auftrag des IT-Dienstleisters Dimension Data zufolge hoch. Demnach hoffen drei Viertel aller Befragten, die Kundenbeziehungen auf ein höheres Niveau heben zu können. Ähnlich viele Führungskräfte erwarten bessere interne Prozesse und eine flexiblere Organisation.
Digitalisierung ist nach den Studienergebnissen von Crisp Research eine Generationenfrage. „Jüngere Entscheider schätzen den Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Unternehmen sehr viel höher ein als die älteren Befragten“, bilanziert das Marktforschungsunternehmen. Demnach liegt der Anteil derjenigen Führungskräfte, die den Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Unternehmen als sehr stark einschätzen, bei den unter 40-jährigen Managern fast doppelt so hoch wie bei den über 40-Jährigen.
Digitalisierung ist nach den Studienergebnissen von Crisp Research eine Generationenfrage. „Jüngere Entscheider schätzen den Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Unternehmen sehr viel höher ein als die älteren Befragten“, bilanziert das Marktforschungsunternehmen. Demnach liegt der Anteil derjenigen Führungskräfte, die den Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Unternehmen als sehr stark einschätzen, bei den unter 40-jährigen Managern fast doppelt so hoch wie bei den über 40-Jährigen.
Bis 2020 will die deutsche Industrie laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) jährlich 40 Milliarden Euro in Industrie 4.0-Anwendungen investieren. Die befragten Firmen gehen davon aus, dass ihre Wertschöpfungsketten innerhalb der nächsten sechs Jahre zu über 80 Prozent digitalisiert sind. Analog dazu wird eine Umsatzsteigerung um 2,5 Prozent jährlich erwartet.
Deutsche Unternehmen sind sich nach Angaben des Marktforschungsinstituts Crisp Research einig, dass die zugrundeliegende Infrastruktur ein maßgeblicher Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung ist. Für mehr als zwei Drittel (68 Prozent) ist sie laut der empirischen Studie „Digital Business Readiness – Wie deutsche Unternehmen die Digitale Transformation angehen“ die alles entscheidende Basis. Auf ihrem Weg ins digitale Zeitalter begleitet werden Unternehmen etwa von der Deutschen Telekom, die ihre Netze bis 2018 auf die neue IP-Technologie umstellt.
Die Selbsteinschätzung der Führungskräfte widerspricht in starkem Maße den Ergebnissen der Studie von Crisp Research. So würden sich fast 40 Prozent der Befragten als Digital Leader bezeichnen, fast 60 Prozent bewerten ihre digitalen Skills als stark oder sehr ausgeprägt.
Laut der Umfrage von TNS Infratest unter mittelständischen Unternehmen sind digitale Prozesse ein echter Umsatztreiber. Demnach wächst fast jede zweite Firma (44 Prozent), die bereits viel in Sachen Digitalisierung getan hat. Besonders positiv wirkt sich die Digitalisierung zum Beispiel auf die Möglichkeiten zur Darstellung der Firma im Internet, die Kundenbetreuung sowie die Kommunikation mit Lieferanten und Partnern aus.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland kann nach Angaben des IT-Verbands Bitkom stark von der Digitalisierung profitieren. Bis zum Jahr 2025 sind laut IT-Verband allein in sechs volkswirtschaftlich wichtigen Branchen – Auto- und Maschinenbau, Chemie, Landwirtschaft, Elektro- und Informationstechnik – Produktivitätssteigerungen von rund 78 Milliarden Euro möglich.
Das Potenzial der Digitalisierung bewerten viele Mittelständler als große Chance, die Umsetzung erfolgt gleichzeitig jedoch sehr zögerlich. Das zeigt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts TNS Infratest im Auftrag der Commerzbank unter 4.000 Führungskräften. So geben 86 Prozent der Top-Manager an, dass sie fest an die Digitalisierung glauben. 63 Prozent der Befragten räumen allerdings ein, dass sie das Thema derzeit vernachlässigen.
Davon könnten Kunden profitieren: Fortschreitende technologische Innovationen könnten sich dämpfend auf die Prämien auswirken, zum Beispiel wenn elektronische Einparkhilfen das Schadenrisiko in der Kraftfahrt-Haftpflicht vermindern.
Cyber-Security: Neue regulatorische Vorgaben
Zur Bewältigung der Digitalisierung sind viele Versicherer auf dem Weg, ihre IT-Architekturen sowie Vertrags- und Schadensysteme zu modernisieren. Komplexe Daten müssen künftig modellierbar und in Echtzeit (integriert) verwertbar sein. Außerdem nimmt die Bedrohung durch Hacker-Angriffe deutlich zu.
EY hat unlängst mehr als 1.700 Vorstände und IT-Sicherheitsexperten aus 20 Ländern, davon rund 120 aus der Assekuranz, zum Thema Cyber-Security befragt. 49% der Versicherer gaben an, dass sie in jüngster Vergangenheit Opfer eines Cyber-Angriffs waren. 71% äußerten die Befürchtung, dass die Vorkehrungen ihrer Organisation gegen Cyber-Kriminalität nicht ausreichen, um sich vor virtuellen Attacken zu schützen.
Mit der neuen EU-Richtlinie für Cyber-Security (NIS), die das deutsche IT-Sicherheitsgesetz ergänzt, kommen nun regulatorische Meldepflichten und nachzuweisende Mindeststandards auf die Versicherungsunternehmen zu. Gemäß EU-Datenschutz-Grundverordnung müssen sie spätestens ab 2018 innerhalb von 72 Stunden melden, wenn personenbezogene Daten entwendet wurden. Sonst drohen empfindliche Bußgelder durch die Aufsichtsbehörden.
Gleichzeitig fragen Versicherungskunden, vom Freiberufler bis zum Mittelständler und Großkonzern, zunehmend Versicherungslösungen gegen Cyber-Risiken nach. Die verschiedenen Bedarfe und Typen von Risiken sind jedoch sehr unterschiedlich. Effiziente Systeme zur Netzwerk- und Informationssicherheit dürften ein Top-Thema im Jahr 2017 sein. Und zwar als zentrale Aufgabe für die übergeordnete Geschäftsstrategie der Versicherungshäuser.