Diese Bande war bestens organisiert: Erst klauten sie in weit entfernten Städten hochwertige Fahrräder. Zerlegt in Einzelteile schickten sie sie dann per Bahnfracht nach Hause. Dort feilten ihre Ganoven-Kollegen sorgsam die Seriennummern aus den Rahmen und schraubten aus den Teilen verschiedener Räder ganz neue Exemplare zusammen. Lackierten sie ordentlich, verkauften sie teuer.
Geschnappt wurden sie trotzdem. Eine empfindliche Strafe drohte ihnen zudem, denn gerade erst hatten Richter einen anderen Fahrraddieb zu neun Jahren Haft verdonnert. Die Ganoven-Combo ging als „Denver-Ring“ in die Geschichte ein – in den 1890er Jahren in Amerika.
An dieser Arbeitsweise hat sich bis heute auch in Deutschland nichts geändert. Nur dass organisierte Kleinkriminelle hierzulande viel zu selten erwischt werden und ihnen keine drakonischen Strafen drohen.
Kaum gekauft und schon geklaut: Nicht nur Edelräder, teure Pedelecs und E-Bikes sind eine begehrte Beute. Rund 335.000 Diebstähle wurden 2016 bei der Polizei angezeigt. Der Verlust vieler rostiger Drahtesel dürfte aus Hoffnungslosigkeit gar nicht erst gemeldet worden sein.
Die Angst ums schöne Rad ist ein nettes Zusatzgeschäft für Versicherungen. Das deutsche Durchschnittrad kostete 2016 rund 540 Euro - das macht ihre Policen immer attraktiver. Doch das Dickicht im Kleingedruckten ist für Radler so tückisch wie überfrierende Nässe. Die Gefahr erkennt man erst, wenn es zu spät ist.
Fahrräder in der Hausratversicherung
Drahtesel gehören zum Hausrat und folglich gilt für sie wie für Laptops, Uhren oder Handys: Kommen sie wegen Sturm, Hagel oder Einbruchsdiebstahl zu Schaden, ersetzt sie die Hausratversicherung. Bianca Boss, Sprecherin der Verbraucherorganisation Bund der Versicherten, warnt aber: „Wird das Rad vorm Einkaufszentrum statt aus dem eigenen Keller geklaut, haftet die Versicherung nicht.“
Und das ist nur eine von vielen Ausnahmen. „Viele alte Tarife beinhalten zudem eine ärgerliche Nachtklausel.“ Dann wird ein gestohlenes Rad nur ersetzt, wenn es zwischen 22 Uhr und 6 Uhr erstens abgeschlossen und zweitens daheim stand oder in der Zeit benutzt statt vor der Kneipe abgestellt wurde. Das heißt: Wer mangels Platz oder Vermieterzustimmung sein Rad nachts draußen anschließen muss, hat schon verloren. Nächtliche Unternehmungslustige, die sich nicht an ihr Rad ketten, auch. Widerspruch ist selten sinnvoll, der Bundesgerichtshof hat die einschränkenden Klauseln für gültig erklärt. Zudem liegt die Beweislast, wann er das Rad wo wie gut gesichert abgestellt hat, beim Versicherten.
Deshalb lohnt sich erst Recht beim Neukauf der Blick in die Vertragsbedingungen der vorhandenen Hausratpolice. Hakt es dort, lässt sie sich binnen Jahresfrist kündigen. Neue Policen sind oft auch noch günstiger und enthalten meist keine Nachtklausel.
Juristisch heikel ist auch das Unterstellen in Gemeinschaftsräumen. Boss sagt: „Wird ein Rad dort geklaut, zahlt die Hausratpolice nur, wenn das Türschloss aufgebrochen wurde.“
Hat das ein Schussel unter den Nachbarn schlicht vergessen, bleiben die beklauten Radbesitzer zumindest bei ihrer Hausratversicherung auf ihrem Schaden sitzen.
Werden nur einzelne Teile des Rades geklaut, gilt: Ersetzt wird, was fest mit dem Rahmen verbunden war. Teure Satteltaschen oder transportable Lampen gehören nicht dazu.
Hausratversicherungen, die Fahrradklau absichern, setzen in der Regel einen Höchstbetrag fest, den sie ersetzen. Meist sind das ein bis zwei Prozent der Versicherungssumme. Da gilt es nachzurechnen. Bei einer Versicherungssumme von 50.000 Euro und dem Limit von einem Prozent deckt das gerade einen Neuwert von 500 Euro – auch falls bei einem Paar oder einer Familie gleich mehrere Räder geklaut werden. Dann dürfte der Wiederbeschaffungswert in Windeseile darüber liegen.
Spezielle Fahrradversicherungen
Diverse Assekuranzen bieten spezielle Fahrradversicherungen an, die realitätsnäher als Hausratpolicen sind. Ihre Preise orientieren sich am Wiederbeschaffungspreis des versicherten Gefährts. Genau wie bei der Autoversicherung berechnen die Assekuranzen den Beitrag unter anderem nach der Wohnlage des Neukunden. Wo mehr geklaut wird, ist die Versicherung teurer.
Achtung: Einige Versicherer fordern zusätzlich eine hohe Selbstbeteiligung, bei einer Axa-Police liegt sie beispielsweise bei 500 Euro.
In der Regel muss das Diebstahlsopfer nachweisen, dass er sein verschwundenes Rad mit einem hochwertigen Schloss gesichert hatte. Also Quittung und am besten auch ein Handyfoto davon gut verwahren.
Aber welche Schlösser sind sicher?
Roland Huhn, Rechtsreferent beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), rät: „Entscheidend ist viel Stahl. Wir empfehlen entweder ein festes U-förmiges Schloss oder ein Faltschloss mit starren Stäben. Bei einer sehr dicken Kette ist wichtig, dass der Stahlanteil und nicht der Plastikanteil der Ummantelung hoch ist.“
Schlösser unter 30 Euro Kaufpreis sind dem Experten suspekt, ein gutes sieht er bei 100 Euro. Die Polizei empfiehlt zehn Prozent des Kaufpreises in diesen Diebstahlsschutz zu investieren.
Hilfreich kann auch eine Codierung des Rades sein. Profi-Diebe schreckt sie leider oft nicht ab.
Vor- und Nachteile einer Fahrradcodierung
Bei der Codierung oder auch Registrierung wird mit einer Graviermaschine ein spezieller Code in den Rahmen des Fahrrads eingraviert. So kann die Polizei den Eigentümer des Rads sofort ermitteln.
Der eingravierte Code besteht zunächst aus dem in der jeweiligen Region geltenden Autokennzeichen und einem zweistelligen Gemeindecode. Darauf folgt eine fünfstellige Zahl für die Straße, in der der Radbesitzer wohnt und drei Ziffern für die Hausnummer. Am Ende folgen die Initialen des Eigentümers sowie die zweistellige Jahreszahl. Hier kann jeder den für ihn gültigen Code generieren.
Entwickelt wurde die Codierung von der Polizei in Bergisch-Gladbach. Nicht nur die regionalen Polizeibehörden raten dazu, dem Fahrrad einen Code eingravieren zu lassen, sondern auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC).
Codiert werden kann entweder beim Fahrradhändler, bei der Polizei oder beim Fahrradclub. Der Preis ist unterschiedlich und liegt in der Regel zwischen null und 15 Euro. Wer Mitglied im ADFC ist, zahlt oft einen Sonderpreis.
Mit dem Code lässt sich der Eigentümer des Rades für Polizei oder Fundbüro genau ermitteln - auch ohne Datenbank. Die Befürworter des Systems verweisen darauf, dass sich geklaute Räder so besser wieder auffinden lassen. Außerdem hätte der Code einen Art "Abschreckungseffekt" auf potenzielle Diebe. Gleichzeitig lässt sich das geklaute Rad laut ADFC nicht so gut verkaufen, wenn es codiert ist.
Eine Radfahrer fürchten um den Rahmen ihres Zweirades und dessen Haltbarkeit. Zwar haben Studien ergeben, dass die Einfräsung von bis zu 0,2 Millimetern Tiefe die Stabilität des Rahmens nicht beeinträchtigt. Das gilt insbesondere für Aluminium- oder Stahlrahmen. Carbonrahmen sind allerdings schlecht geeignet, hier rät der ADFC zu einer Klebecodierung, bei der statt der Gravur ein spezieller Aufkleber mit dem Code angebracht wird.
Mehraufwand entsteht auch, wenn das Fahrrad verkauft wird. Um im Fall eines Diebstahls den richtigen Eigentümer ermitteln zu können, sollte der Verkäufer auch die Codierpapiere an den Käufer übergeben. Viele wehren sich aufgrund häufiger Umzüge gegen die Codierung. Allerdings kann das Einwohnermeldeamt auch mit Hilfe der alten Adresse den neuen Wohnsitz schnell feststellen.
Gerade neue Fahrräder haben oft eine individuelle Rahmennummer. Sie wird eingestanzt und lässt sich im Kaufvertrag nachprüfen. Viele Radler gehen daher davon aus, dass diese vollkommen ausreicht, um ein gestohlenes Fahrrad identifizieren zu können. Der ADFC dagegen meint, die Rahmennummer sei gegenüber einer Codierung im Nachteil. Es gäbe Dopplungen und keine zentrale Nummernkartei.
Einige Fahrradhändler warnen explizit vor einer Codierung. Nicht nur, dass die Rahmennummer einen ähnlichen Zweck erfüllt, in Einzelfällen kann die Codierung dazu führen, dass die Garantie des Herstellers erlischt. Denn der Rahmen des Fahrrads wurde dann verändert. Auch mit einigen pingeligen Versicherungen kann das zu Ärger führen.
Was gilt für Räder mit Motorkraft?
Im Sprachgebrauch geraten Pedelecs und E-Bikes häufig durcheinander. Versicherungen unterscheiden klar und fordern entsprechend unterschiedlich hohe Beiträge.
Günstiger ist das Pedelec. Das gilt in der Straßenverkehrsordnung immer noch als Fahrrad, wenn auch mit Elektromotor. Vorausgesetzt, die freundliche Tritthilfe schafft nicht mehr als 25 PS, schaltet sich ab, wenn der Fahrer nicht mehr strampelt und leistet Anschubhilfe nur bis sechs Stundenkilometer.
Deshalb ersetzt die Hausratversicherung Pedelecs - aber auch sie, wie schon beschrieben, in engen Grenzen. Einige Assekuranzen bieten gegen Aufschlag Zusatzleistungen wie Reparatur- oder Rückholservice an. Das ist oft nur wenig teurer.
So genannte E-Bikes, S-Pedelecs oder Speed-Pedelecs sind dagegen ähnlich wie Mofas klassische Kleinkrafträder mit Helm- und Versicherungspflicht.
Elektro-Fahrräder: Was ist was?
Das Pedelec (kurz für: Pedal Electric Cycle) ist das, was umgangssprachlich in der Regel gemeint ist, wenn von einem E-Bike gesprochen wird. Dabei unterstützt ein Motor den Radfahrer. Hört dieser auf zu treten, hört auch der Motor auf. Die Trittkraftunterstützung geht bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern. Möchte der Radfahrer noch schneller sein, muss er das allein mit Muskelkraft erstrampeln.
Das Wort wird inzwischen oft als Oberbegriff für alle Arten von Rädern mit Elektromotor verwendet. Ursprünglich handelt es sich im Gegensatz zum Pedelec nur um Fahrräder, die auf Knopfdruck fahren, ohne dass der Fahrer dafür treten muss. Ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und mindestens eine Mofa- Prüfbescheinigung sind notwendig.
Man ist auf die eigene Leistungsfähigkeit angewiesen, wenn man schneller als 20 Stundenkilometer fahren möchte. Bis zu einer Motorleistung von 500 Watt und einer Höchstgeschwindigkeit mit Motorantrieb von 20 Stundenkilometern gelten sie als Kleinkraftrad. Eine Helmpflicht besteht bei den E-Bikes nicht.
Der ADFC definiert schnelle Pedelecs auch als "Schweizer Klasse oder S-Klasse". Sie gehören nicht mehr zu den Fahrrädern, sondern zu den Kleinkrafträdern. Hier wird die Motorunterstützung erst ab 45 Stundenkilometer abgestellt. Für diese Räder ist eine Betriebserlaubnis oder eine Einzelzulassung nötig. Das Rad braucht ein Versicherungskennzeichen.
Der Fahrer muss mindestens 16 Jahre alt sein und im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse AM sein. Sie dürfen nicht auf Radwegen benutzt werden. Pflicht ist ein geeigneter Helm. Was aber als "geeignet" gilt, ist nicht eindeutig geregelt.
Für Pedelecs gelten die gleichen Gesetze wie für Fahrradfahrer ohne Motorunterstützung. Die Radwegepflicht besteht und wird durch das blaue Schild gekennzeichnet.
Ausgenommen sind reine E-Bikes, die auch fahren, ohne dass der Nutzer in die Pedale tritt und die Geschwindigkeiten bis zu 45 Stundenkilometern erreichen. Diese sind kennzeichenpflichtig und dürfen nicht auf Radwegen fahren – selbst dann nicht, wenn die Radwege für Mofas freigegeben sind.
Nein. Es besteht in Deutschland für E-Bike-Fahrer keine Helmpflicht. Obwohl damit die gleichen oder gar höhere Geschwindigkeiten erreicht werden können als mit einem Mofa.
Wie können sich Amateur-Rennradfahrer versichern?
Das Diebstahlrisiko bei Rennradtouren ist geringer als bei jeder Einkaufstour zum Wochenmarkt. Radverrückte lassen ihre tausende Euro teuren Schätzchen in der Regel nicht aus den Augen.
Für Sportler ist eine andere Gefahr relevant, nämlich mit hohem Tempo in durchaus ruppigem Umfeld Dritte über den Haufen zu fahren. Das ist dann ein Fall für die Haftpflichtversicherung, weil wegen ihnen jemand zu Schaden kam.
ADFC-Experte Huhn rät deshalb: „Radsportler sollten alte Policen checken, denn manche schließen Unfälle aus, sobald der Radler nicht hobbymäßig sondern auf hohem sportlichen Niveau unterwegs ist.“
Neue Verträge sind kulanter, ohne automatisch teurer zu sein. Für besonders ehrgeizige Radfahrer, die an Rennen teilnehmen, kann sich eine Vertragserweiterung lohnen.
Immer aber gilt: Nur wenn der Versicherte Schuld trägt, trifft der Schadensfall ein. Unfälle bei zügigen, aber üblichen Trainingsfahrten gelten noch nicht als extra zu versicherndes Risiko, sie deckt die normale Haftpflicht ab.