Finanzaufsicht BaFin besteht auf Kürzungen bei Lebensversicherungen

Das Gesetz ist umstritten: Lebensversicherer sollen entlastet werden, indem die Beteiligung von Versicherten an Bewertungsreserven gedeckelt wird. Betroffene kann das jedoch mehrere Tausend Euro kosten.

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Die BaFin unterstützt das umstrittene Gesetz, das die Auszahlungen von Lebensversicherungen begrenzen soll. Quelle: dpa

Bonn Die Finanzaufsicht BaFin springt den Lebensversicherern zur Seite. Behördenchefin Elke König beharrt auf dem umstrittenen Gesetz, das die Ausschüttungen der Policen begrenzt. „Wenn die Neuregelung jetzt nicht kommen sollte, hoffen wir auf einen neuen Anlauf - vielleicht nach der Bundestagswahl“, sagte die Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters.

Führende Politiker der schwarz-gelben Regierungskoalition hatten das von der Aufsicht gestützte Vorhaben für die laufende Legislaturperiode nach dem Widerstand von Verbraucherschützern beerdigt. König gibt die Hoffnung aber nicht auf: „Ich glaube nicht, dass das Thema schon vom Tisch ist.“ Sie setze auf die Beratungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Die Lebensversicherer müssen die Bewertungsreserven auf das angelegte Geld seit 2007 zur Hälfte an Versicherte ausschütten. Das betrifft immer mehr auch festverzinsliche Wertpapiere, denn deren Kurse sind wegen der niedrigen Zinsen in der Euro-Schuldenkrise kräftig gestiegen. Doch die Buchgewinne schmelzen bis zum Ende der Laufzeit der Anleihen auf Null zusammen - um sie zu realisieren, müssten die Versicherer sie vorher verkaufen.

Doch das will die BaFin vermeiden. „Das kann einer Aufsicht nicht gleichgültig sein“, sagte König. Sie hatte sich deshalb für ein Gesetz eingesetzt, das die Ausschüttung dieser Reserven deckelt. „Bei der Vermittlung der Neuregelung in der Öffentlichkeit ist einiges furchtbar schiefgelaufen. Ich nehme ja niemandem einen Geldbetrag weg, mit dem er bei Abschluss des Vertrages fest rechnen konnte“, sagte die BaFin-Chefin. „Eine Ausschüttung der Bewertungsreserven geht zu Lasten der verbleibenden Versicherten, weil hierdurch weniger Mittel für die künftige Überschussbeteiligung bleiben - und nicht etwa zu Lasten des Unternehmens.“ Stille Reserven auf Festverzinsliche machen nach Königs Worten den Löwenanteil der 90 Milliarden Euro an Bewertungsreserven aus, die die deutschen Versicherer in den Büchern haben.

Damit die Konzerne auch eine lange Phase mit Niedrigzinsen überstehen, müssen sie seit 2011 Rückstellungen dafür bilden. „Der Aufwand für die Zinszusatzreserve wird in den kommenden Jahren für die Lebensversicherer eine massive Belastung sein. Für 2012 ist mit einem Betrag von etwa fünf Milliarden Euro zu rechnen. Wenn sich die Marktverhältnisse nicht ändern, wird sich 2013 ein Aufwand in ähnlicher Größenordnung ergeben“, warnte König. Kurz- und mittelfristig mache sie sich um die deutschen Versicherer keine Sorgen. „Aber wenn das Niedrigzinsumfeld lange anhält - und da hat keiner den Blick in die Glaskugel - wird es schwieriger“, schränkte sie ein.

Die schwarz-gelbe Koalition will die Versicherungskonzerne entlasten, indem sie die Beteiligung der Versicherten an den derzeit besonders hohen Bewertungsreserven begrenzt. Bei der Auszahlung ihrer Policen müssten die Betroffenen dadurch auf viel Geld verzichten. Selbst eine nachträgliche eingebaute Härtefallklausel sieht einen Abschlag von fünf Prozent vor. Einzelnen Kunden könnten so mehrere tausend Euro verloren gehen.

Der Bundestag hatte die Maßnahme bereits im November beschlossen, doch der Bundesrat rief Mitte Dezember den Vermittlungsausschuss an, der in der vergangenen Woche keinen Kompromiss fand und deswegen eine Arbeitsgruppe einsetzte.

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