Finanzplatz Gescheite Genossen bei den Volksbanken

Den Volks- und Raiffeisenbanken setzt der Kampf um Kunden zu, sie werben verstärkt um Mitglieder. Lohnt sich der Beitritt?

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Volks- und Raiffeisenbanken Quelle: AP ARCHIV

Die Räder des dunkelblauen Kombis drehen im Schlamm durch. Macht nichts, denn tatkräftig vereint schieben ein Junge, ein Mann mit Wollweste und ein älterer Herr den Wagen gemeinsam aus dem Morast. Dazu säuselt eine männliche Stimme aus dem Off: „Für uns zählt der Mensch. Für uns zählt Vertrauen, Verantwortung und in der Gemeinschaft stark sein.“

Tief im Morast stecken die Volks- und Raiffeisenbanken, die mit diesem Spot in Kino und TV um neue Mitglieder werben, zwar nicht. Aber die genossenschaftlich organisierten Institute sehen sich gerade einem heftigen Konkurrenzkampf ausgeliefert: Direktbanken und ausländische Geldinstitute mischen mit ihrem schlanken und damit billigen Vertrieb über Internet und Telefon den Markt auf. Sie ködern neue Kunden mit kostenlosen Girokonten, hohen Tagesgeldzinsen und günstigen Baufinanzierungen. Die Volksbanken halten dagegen. Nicht mit billigeren Preisen, sondern mit Werten wie Solidarität, Nähe und persönlicher Bindung.

Ein Trumpf der genossenschaftlichen Banken: Jeder Kunde kann bei ihnen Mitglied werden. Wichtigstes Lockmittel ist die Dividende, mit der Genossen ähnlich einem Aktionär bei einer Großbank, mitverdienen. Hinzu kommt mitunter ein Mitglieder-Bonus: Beispielsweise die VR Bank Kitzingen gewährt ihn den Mitgliedern, die mit ihr besonders viel Geschäft machen.

Das Dividenden-Modell: Mitglieder beteiligen sich mit ihrer Einlage am Eigenkapital einer Volksbank, der Wert eines Anteils liegt je nach Institut zwischen 50 und 500 Euro. Jedes Jahr schütten die Banken eine Dividende aus, die meist deutlich über den Kapitalmarktzinsen liegt. Die Höhe der Dividende hängt vom Erfolg der Bank ab und davon, wie große Rücklagen das Institut aufbauen muss.

Die Spanne ist erheblich: So verzinst die Volksbank Mittelhessen Anteile mit sieben Prozent, plant 2008 aber acht Prozent auszuschütten. Die genossenschaftliche Sparda-Bank Baden-Württemberg zahlt 5,6 Prozent auf die Einlage, die Volksbank Worms-Wonnegau 4,5 Prozent und die Berliner Volksbank vier Prozent.

Für die meist überdurchschnittlichen Zinsen müssen Genossen einige Nachteile in Kauf nehmen. So dürfen Anleger nicht mehr als 10 bis 20 Anteile kaufen, zudem sind sie nicht handelbar. Für die meisten Anleger dürfte es sich nicht lohnen, der höheren Dividende wegen bei einer geografisch weit entfernten Volksbank einzutreten. Theoretisch möglich wäre dies meist.

Kursgewinne wie bei Aktien gibt es nicht. Selbst die sieben als Aktiengesellschaften firmierenden Genossenschaften, etwa die Volksbank Stuttgart und die Bank für Sozialwirtschaft in Köln, lassen ihre Anteile nicht an der Börse handeln, sondern behalten den Handel in der Hand und setzen zum Teil auch die Preise fest. Immerhin: Kursverluste müssen Genossen nicht fürchten, die Turbulenzen an den Aktienmärkten können sie entspannt beobachten.

Wer sein Geld abziehen will, kann die Anteile allerdings nicht einfach zurückgeben: Eine Kündigung ist nur zum Jahresende möglich. Die Kündigungsfrist liegt meist zwischen drei und zwölf Monaten, kann aber bis zu fünf Jahren betragen. Ein weiterer Nachteil: Mitglieder müssen anders als Sparbuchbesitzer im Fall einer Insolvenz Geld nachschießen, die meisten Genossenschaftsbanken haben in ihren Satzungen Nachschläge in Anteilshöhe festgelegt. Sprich: Wer 50 Euro eingezahlt hat, muss 50 Euro draufzahlen. Schlimmstenfalls wäre die Einlage sogar komplett weg.

Dank des Sicherungsfonds des Raiffeisen- und Volksbankenverbunds landete allerdings bisher noch kein Institut in der Pleite. Mit der „Bankaktiengesellschaft“ in Hamm, bei der Volksbanken faule Kredite abladen können, hat der Verbund zudem einen weiteren Notanker geschaffen. Ausgeschlossen ist eine Pleite keineswegs, einige Institute sind in der Vergangenheit nur knapp am Super-GAU vorbeigeschrammt.

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