Diese Grenzen stören viele. Deshalb sollen sie aufgeweicht und vereinfacht werden. Als Maßstab - darüber herrscht angeblich Einigkeit - soll künftig das höchste Einkommen der vergangenen 15 Arbeitsjahre gelten. Fällt die Hinzuverdienstgrenze, dürfte das vor allem Arbeitgebern helfen, erfahrene Mitarbeiter länger an den Betrieb zu binden.
Einzige Ausnahme sollen die Bezieher der Rente mit 63 bilden. Für sie sollen die jetzigen Grenzen weiter gelten – offenbar, um zu verhindern, dass mit 63 eine Massenflucht der Arbeitnehmer aus sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen erfolgt.
Länger zu arbeiten, soll sich also lohnen – und ist für die Rentenkassen unkritisch, weil nach jetziger Regelung Rentenbeiträge fließen und weniger Rente bis zum Lebensende gezahlt werden muss. Carsten Linnemann, der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, will daher den Beitrag der Arbeitgeber zur Rentenversicherung, den diese auch für arbeitende Rentner zahlen müssen, den Unternehmenssenioren als Lohnzuschlag gönnen.
Auch der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung soll entfallen, schließlich erhält der Senior-Mitarbeiter eine Rente, wenn er aufhört zu arbeiten und kein Arbeitslosengeld. Beide Beiträge zur Sozialversicherung sind unnütz, wenn der Arbeitnehmer im Ruhestand nichts davon hat. Mit diesem Lohnbonus hofft Linnemann, 400.000 Rentner an die Unternehmen zu binden.
Alternativ ist ein aus dem Arbeitgeberbeitrag gespeister Aufschlag auf die Rente im Gespräch. Aber auch hier gibt es Gegenwind aus dem Regierungslager. Die SPD findet, Lohn- oder Rentenzuschläge seien keine gute Idee, weil dann wieder Geld in der Rentenkasse fehlen würde. Die Folge wären steigende Rentenbeiträge für alle Arbeitnehmer oder Bundeszuschüsse, für die letztlich der Steuerzahler aufkommt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will da aber nicht mitspielen.
Private Vorsorge muss sich anpassen
Marina Herbrich, Präsidentin beim Bundesverband der Rentenberater, hält einen flexiblen Einstieg in die Rente für eine gute Sache, schließlich hätten Menschen im Alter unterschiedliche Möglichkeiten und verschiedene Lebensentwürfe. „Aber die verschiedenen Module der Altersvorsorge müssen auch zueinander passen. Wenn der Einstieg in die gesetzliche Rente individualisiert wird, sollte die Politik so auf private und betriebliche Versorger einwirken, dass diese ihre Modelle ebenfalls flexibel gestalten“, so Herbrich.
MLP-Vorstand Bauer sieht für den Gesetzgeber konkrete Ansatzpunkte, um eine auskömmliche Rente auch bei Einführung einer Flexi-Rente zu gewährleisten, indem er die ergänzende Altersvorsorge stärkt. „Beispielsweise hat die letzte Erhöhung der Förderung zu Riester-Rente 2008 stattgefunden, Inflation und Rentenreform sind noch nicht eingeflossen. Außerdem könnte die betriebliche Altersversorgung gestärkt werden, indem Arbeitnehmer wie in den USA automatisch in sie einzahlen, es sei denn, sie widersprechen ausdrücklich.
Wichtig dabei: Die Tarifpartner müssen innerhalb der Branchen die für sie passende Ausgestaltung finden“, schlägt Bauer vor. „Generell müssen auch private und betriebliche Vorsorgeverträge den neuen frühestmöglichen Renteneintritt berücksichtigen.“
Fest steht nämlich allen Bemühungen zum Trotz: Die gesetzliche Rente allein wird niemals ausreichen, um den Lebensstandard eines Vollzeitangestellten aufrechtzuerhalten.
Zahlen müssen also am Ende doch alle: Der Staat mit der Förderung privater Vorsorge; Arbeitgeber durch Aufwertung der betrieblichen Vorsorge; und nicht zuletzt der Arbeitnehmer und Sparer, der mehr Geld für den Ruhestand zur Seite legen muss. Denn auch mit einem verlängerten Arbeitsleben in Teilzeit kommt irgendwann der Tag, an dem die Altersvorsorge die einzige Einkommensquelle bleibt.