Forstwirtschaft und Jagdrevier Wald als Geldanlage

Privatanleger flüchten in den Sachwert Wald. Vor allem in Ostdeutschland steigen die Preise – trotz bescheidener Renditen und ökonomischer Risiken.

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Ein Waldarbeiter. Die Preise Quelle: dpa

Erst nach drei Kilometer Fußweg auf unbefestigten Pfaden erreicht André Schrader (Name von der Redaktion geändert) die beiden nur wenige Hektar großen Waldstücke im Unterfränkischen. 20.000 Euro wäre ihm das Abenteuer Privatwald wert gewesen. Vor Ort folgt dann die Ernüchterung: Der Fichtenbestand ist in einem miserablen Zustand. Viele der mickrigen Stämme waren beim letzten Sturm umgefallen. Die Anbieter, ein älteres Ehepaar, haben die geerbten Grundstücke sich selbst überlassen. Schnell ist klar, dass die Parzellen als Quelle für Brennholz völlig ungeeignet sind. Schrader versucht erst gar nicht, um den Preis zu feilschen, und tritt die Heimreise an.

Nach wie vor ist es für Privatkäufer vor allem in Westdeutschland schwierig, an geeignete Waldflächen zu kommen. Doch viele lassen nicht locker: „Private Waldkäufer machen inzwischen 60 Prozent unserer Kunden im Bereich Forstwirtschaft aus“, sagt Makler Dirk Meier Westhoff von Agrarboden in Beckum, der sich auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe spezialisiert hat. 2004 habe deren Anteil bei lediglich 20 bis 30 Prozent gelegen.

Preise für Acker- und Waldfläche stark gestiegen

Unter den Privatkäufern sind nicht nur Naturschützer und Jäger. „Finanzkrise und Inflationsängste treiben Anleger in Sachwerte“, sagt Hans Peter Plettner, Vorstand der Deutschen Grundstücksauktionen AG in Berlin. Bei seinen Auktionen seien seit Ausbruch der Finanzkrise die Preise für Acker- und Waldflächen stärker gestiegen als die für Wohnimmobilien. Insbesondere im Osten, wo Wälder noch billiger sind, ziehen die Preise an. Angebot ist da: Große Teile der ehemaligen DDR-Staatswälder sollen noch privatisiert werden. In den alten Bundesländern dagegen wechseln Privatwälder selten den Besitzer – und wenn, dann oft nur in der eigenen Familie.

In Brandenburg stiegen laut Gutachterausschuss die Preise für Forstflächen im vergangenen Jahr um 21 Prozent, 2007 sogar um 27 Prozent. So wie in Brandenburg steigen in fast allen ostdeutschen Forstrevieren die Preise. Die BVVG, eine Nachfolgerin der Treuhand, die in Ostdeutschland öffentliche Äcker und Wälder veräußert, schätzt den Preisschub im Zeitraum seit 2007 für alle neuen Bundesländer auf etwa 50 Prozent.

Preisschub im Osten (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Wer als Waldkäufer nicht nur an Naturschutz oder Kaminholz interessiert ist, sondern auch eine bescheidene Rendite erzielen will, muss allerdings über eine dicke Geldbörse verfügen. Auch wenn der Quadratmeter Wald in den alten Bundesländern mit 0,70 bis 1,20 Euro im Vergleich zu Bauland preiswert erscheint, ist die Gesamtinvestition für Durchschnittsverdiener eine Nummer zu groß. „Erst ab mindestens 75 Hektar zusammenhängender Waldfläche lohnt sich eine forstwirtschaftliche Nutzung“, sagt Holger Meyer, Geschäftsführer des Fachmaklers für Land- und Forstwirtschaft Greif & Meyer im rheinischen Lohmar. Ein Hektar entspricht 10.000 Quadratmetern, das ist etwa ein Viertel mehr als ein durchschnittliches Fußballfeld. Bei einem günstigen Quadratmeterpreis von 70 Cent müsste ein Anleger für 75 Hektar Wald demnach mindestens 525.000 Euro auf den Tisch legen. Allerdings kann er bei einer so kleinen Fläche nicht mit mehr als einem Prozent Rendite pro Jahr rechnen. Bei Forstgebieten mit mehreren 100 Hektar sind je nach Holzqualität und Höhe der Betriebskosten bis zu drei Prozent Rendite pro Jahr drin. Das kann für Fonds und andere institutionelle Investoren interessant sein. Die Stiftung des Bofrost-Gründers Josef Boquoi etwa will für 25,5 Millionen Euro 2.600 Hektar Staatswald in Nordrhein-Westfalen kaufen. Die Erträge aus der Forstwirtschaft sollen das Geld der Stiftung mehren und gleichzeitig weniger krisenanfällig machen.

Jagdgebiet statt Holzertrag

Wie viel ein Wald abwirft, hängt von einer Vielzahl von Kriterien ab. Für Makler Meyer zählen dazu Alter und Qualität der Bäume, ob der Forst sich in einer schwer erreichbaren Hanglage befindet oder in einer leicht zu bewirtschaftenden Ebene, die Regenmenge und Bodenqualität in der Region, die das Wachstum der Bäume beeinflussen, die Verkehrsanbindung und die Entfernung zu holzverarbeitenden Betrieben. Gemessen an diesen Maßstäben, hält Meyer die für Sturm-, Brand- und Dürreschäden anfälligen Monokulturen in Brandenburg für ein schlechtes Investment.

Der Wert eines Privatwaldes bemisst sich aber nicht nur an der Holzrendite. Ab 75 Hektar zusammenhängender Waldfläche dürfen Eigentümer mit Jagdschein dem Wild nachstellen oder können ihren Forst als Revier verpachten. „Das hebt den Preis bei einem eventuellen Wiederverkauf“, sagt Makler Meyer. Für viele Kunden sei der Holzertrag zweitrangig, ihnen gehe es viel mehr um ein attraktives Jagdgebiet. Auch Jagdliebhaber müssen sich aber an forstwirtschaftliche Auflagen halten und den Wald auf eigene Kosten pflegen. Nur auf höhere Preise hoffen funktioniert nicht.

André Schrader hat mit der Jagd wenig am Hut. Jetzt will er erst mal einen Motorsägekurs machen – und dann darauf warten, dass bessere Angebote kommen.

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