Freiwillige Rentenkassenbeiträge So holen Sie mehr aus der gesetzlichen Rente

Auch Beamte und Selbstständige können freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Entgegen weit verbreiteter Ansichten ist das im aktuellen Umfeld oft sehr attraktiv. Wie es geht und wann es sich lohnt.

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Selbstständig die gesetzliche Rente meistern. Quelle: Getty Images

Manche Meinungen zur Altersvorsorge werden kaum infrage gestellt. Etwa diese: Die gesetzliche Rentenversicherung lohnt nicht. Wie gut haben es Ärzte und Anwälte, die in ihre berufsständischen Versorgungswerke flüchten dürfen, oder erst Beamte mit ihren Pensionen!

Doch es ist mehr als sinnvoll, derart pauschale Aussagen zu hinterfragen. Denn zumindest im Vergleich zu einer privaten Altersvorsorge schneidet die gesetzliche Rentenversicherung sehr gut ab. Und, was viele nicht wissen, Beamte und Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, können selbst relativ hohe Summen freiwillig einzahlen. Angestellte, die in der gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin pflichtversichert sind, können zwar ebenfalls freiwillig noch etwas zu den Pflichtbeiträgen zuschießen, aber nur in geringerem Umfang. Dennoch kann sich beides auszahlen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Worum geht es?

Freiwillige Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, sei es als Einmalzahlung oder als regelmäßiger Betrag, können sich im aktuellen Zinsumfeld stark lohnen. Das zeigen zwei aktuelle Studien des Finanzmathematikers und Fachbuchautors Werner Siepe im Auftrag der VERS Versicherungsberater GmbH aus Berlin, die unabhängige Versicherungsberatung gegen Honorar anbietet. "Die gesetzliche Rente schlägt zum Beispiel die Rürup-Rente in vielen Fällen", sagt Studienautor Siepe.

So könnte ein Selbstständiger, der privat krankenversichert ist und dem noch zehn Jahre bis zum Erreichen des Rentenalters bleiben, jährlich 3000 Euro für die Altersvorsorge investieren. Aus einer neu abgeschlossenen Rürup-Rente würde er dann später garantiert 1270 Euro im Jahr an Rente kassieren. Zahlt er das Geld hingegen freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung ein, läge die garantierte Rente nach Siepes Berechnungen bei 1614 Euro im Jahr, also 344 Euro mehr.

Übersicht: Was bringen freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung?
Vergleich von gesetzlicher Rente und Rürup-Rente (in Euro pro Jahr)
Fall 1: Privat Krankenversicherte (gesetzliche Rente inklusive 7,3 Prozent Krankenversicherungszuschuss)
Beitragsjahrejährlicher Beitraggarantierte Rentenhöhedynamische Rentenhöhe
gesetzlichRürupgesetzlichRürup
560001695125618121327
1030001614127018301447
1520001539131818561635
2015001478133518991819
2512001437135219672038
3010001407137120522299
Fall 2: Gesetzlich Krankenversicherte (gesetzliche Rente nach Abzug von 10,8 Prozent für Kranken- und Pflegeversicherung)
Beitragsjahrejährlicher Beitraggarantierte Rentenhöhedynamische Rentenhöhe
gesetzlichRürupgesetzlichRürup
560001409125615071327
1030001348127015211447
1520001279131815431635
2015001228133515791819
2512001194135217552038
3010001169137118302299

Anmerkungen: gesetzliche Rente aus freiwilligen Beiträgen; garantiert entspricht dem aktuellen Niveau (West), dynamisch entspricht 2,2 Prozent Rentensteigerung pro Jahr, berücksichtigt wurden Beitragssatzsteigerungen und Senkungen des Rentenniveaus laut Rentenversicherungsbericht; Rürup-Rente als klassische Rürup-Rentenversicherung mit Hinterbliebenenabsicherung der Europa-Versicherung, garantiert entspricht 1,25 Prozent Garantiezins, dynamisch entspricht 3,5 Prozent laufende Verzinsung;

Quelle: Werner Siepe im Auftrag der VERS Versicherungsberater GmbH

Der Vergleich von gesetzlicher Rente und Rürup-Rente ist besonders einfach, da hier die gleichen Steuerregeln gelten. So sind 2015 gezahlte Beiträge zu 80 Prozent steuerlich absetzbar. Der Anteil steigt pro Jahr um zwei Prozent. Die später kassierten Renten sind vorerst auch nur teilweise steuerpflichtig. Wer 2030 die erste Rente kassiert, muss lebenslang 90 Prozent versteuern; von 2040 an neu startende Rentner müssen die komplette Rente versteuern. Studienautor Siepe berücksichtigt bei der gesetzlichen Rente auch die laut Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung erwartete Senkung des Rentenniveaus und die Beitragssatzsteigerungen, so dass die angesetzten Rentensteigerungen im Schnitt 0,6 Prozentpunkte unter den erwarteten Lohnsteigerungen liegen.

Schnellcheck: Wann sich freiwillige Rentenbeiträge lohnen

Sowohl die gesetzliche als auch die gewählte Rürup-Rente umfassen eine Absicherung von Hinterbliebenen. Während die Höhe einer Witwen- oder Witwerrente bei der gesetzlichen Rentenversicherung ein fixer prozentualer Anteil der Rente ist (mittlerweile 55 Prozent), hängt sie bei der Rürup-Rente vom Zeitpunkt des Todesfalls seit Rentenbeginn ab. Je nachdem kann die Leistung an Hinterbliebene über oder unter der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung liegen.

Wann lohnen freiwillige Beiträge?

Ob sich freiwillige Einzahlungen lohnen, hängt vor allem von zwei Faktoren ab: dem Alter und dem Typ der Krankenversicherung (privat oder gesetzlich). Letzteres mag überraschen, liegt aber an der Berücksichtigung der Krankenversicherung bei der Höhe der gesetzlichen Rente. Während privat Krankenversicherte von der gesetzlichen Rentenversicherung noch 7,3 Prozent Zuschuss bekommen (aber maximal die Hälfte ihres PKV-Beitrags), zieht die Rentenkasse gesetzlich Krankenversicherten 10,8 Prozent Beitrag zu Kranken- und Pflegeversicherung ab. Insofern lohnen sich freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung für PKV-Mitglieder besonders.

Bei kurzer Einzahlungsdauer lohnt die freiwillige Zahlung

Das Alter spielt eine Rolle, weil private Altersvorsorgeprodukte - wie die zum Vergleich herangezogene Rürup-Rente - bei kurzer Einzahlungsdauer besonders magere Erträge bringen. Den Versicherern bleibt dann kaum Zeit, um über Zinseszinsgewinne die berechneten Kosten wieder hereinzuholen. Umso leichter fällt es der gesetzlichen Rentenkasse, die private Konkurrenz zu schlagen.

Tendenziell, so Studienautor Siepe, lohnten die freiwilligen Renteneinzahlungen im Vergleich zu einer Rürup-Rente bei privat Krankenversicherten vom 45. Lebensjahr an, bei gesetzlich Krankenversicherten vom 55. Lebensjahr an.

Die 10 schlimmsten Fehler bei der Vorsorge
Schlecht informiertDie Deutschen kaufen Autos, Computer, Küchengeräte und gehen auf Reisen. Vor dem Kauf werden oft zahlreiche Testberichte gelesen. Geht es allerdings um Versicherungen und die eigene Vorsorge, sieht dies anders aus. Dabei sind ausreichende Informationen wichtig, um teure Fehlabschlüsse zu vermeiden. Quelle: Institut GenerationenBeratung IGB Quelle: Fotolia
Lückenhafte VorsorgeOft werden einzelne, wichtige Teile der Altersvorsorge vergessen. Dazu gehören: 1) individuelle Vorsorgevollmacht 2) Patientenverfügung 3) Klärung der Finanzen im Pflegefall 4) Testament Quelle: Fotolia
Die falschen Berater„Freunde, Familie und Bekannte in alle Vorsorgefragen einzubeziehen, ist wichtig und stärkt die Bindung zueinander. Doch sich allein auf ihren Rat zu verlassen, wäre fatal“, sagt Margit Winkler vom Institut GenerationenBeratung. Denn nur ausgebildete Finanzberater könnten auch in Haftung genommen werden. Sie sind verpflichtet, alle besprochenen Versicherungen und Vorsorgeprodukte zu dokumentieren. Quelle: Fotolia
Vorsorge ist nicht gleich VorsorgeJeder sollte seine Altersvorsorge an seine eigenen Bedürfnisse anpassen, pauschale Tipps von Beratern oder Freunden taugen in der Regel wenig. Je nach Familiensituation können andere Versicherung und Vorsorgeleistungen wichtig sein. „Vor allem in Patchwork-Situationen oder bei angeheirateten Ehepartnern gelten andere Spielregeln in der Vorsorge", sagt Winkler. Quelle: Fotolia
Schwarze Schafe Deshalb ist bei der Auswahl des Beraters Vorsicht geboten, in der Branche sind schwarze Schafe unterwegs. Geht ein Berater nicht auf die persönliche Situation ein oder preist ein bestimmtes Produkt besonders an, sollten die Kunden hellhörig werden.
Informiert ins GesprächWer Fehlern im Zuge von Falschberatung entgehen will, der muss sich vorher selber informieren. Je besser der Kunde im Beratungsgespräch selber informiert ist, desto eher kann er schlechte Berater enttarnen. Quelle: Fotolia
Vorsorge-FlickenteppichBeraterin Winkler warnt davor, zu viele Verträge bei vielen verschiedenen Beratern abzuschließen. Am Ende drohten Versicherte, den Überblick zu verlieren, besser sei eine ganzheitliche Lösung, die auf die individuelle Situation abgestimmt ist. Quelle: Fotolia

Unser Schnellcheck bietet je nach persönlicher Situation eine Einschätzung, ob freiwillige Zahlungen möglich sind und ob diese sich lohnen.

Wer kann freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen?

Regelmäßig freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen können derzeit nur Beamte und Freiberufler, die nicht in der Rentenkasse pflichtversichert sind. Für sie ist diese Option daher besonders interessant, aber kaum bekannt: Auf 100 Pflichtbeitragszahler kam 2013 nur ein einziger freiwillig Versicherter.

Pflichtversicherte, also zum Beispiel Angestellte, haben immerhin die Möglichkeit freiwillige Einmalzahlungen zu leisten. So können sie zum Beispiel sonst anfallende Rentenabschläge (etwa wegen eines früheren Rentenstarts als gesetzlich vorgesehen) per Einmalzahlung ausgleichen. Auch das nutzt bislang kaum jemand. Außerdem können Angestellte in bestimmten Fällen Beiträge nachzahlen, zum Beispiel wenn Ausbildungszeiten nicht angerechnet worden sind.

Die wichtigsten Möglichkeiten im Detail:

Nachzahlung für Ausbildungszeiten: Mittlerweile werden nur noch maximal acht Jahre an Ausbildungszeiten nach Vollendung des 17. Lebensjahres angerechnet. Angerechnet heißt, dass diese Jahre bei bestimmten Wartezeiten berücksichtigt werden, aber für die Jahre keine Beiträge gutgeschrieben werden. Die Jahre können also dazu führen, dass überhaupt ein Rentenanspruch entsteht, erhöhen aber nicht die Höhe dieser Rente. Angerechnete Ausbildungsjahre zählen zum Beispiel für die 35-jährige Wartezeit, um, gegen einen Abschlag von 0,3 Prozent pro Monat, früher als gesetzlich vorgesehen in Rente gehen zu dürfen. Wer also zum Beispiel nach der Schule direkt ein Studium begonnen hat und dann bis zum 28. Lebensjahr studiert hat, der könnte für drei Jahre noch Beiträge nachzahlen. Diese Beiträge würden auf die Wartezeit angerechnet. Da für diese drei Jahre wirklich Beiträge gezahlt worden sind, würden sie auch die spätere Rente erhöhen.

Rentenprognosen für 2040

Ausgleich von Rentenabschlägen: Bei Erfüllen der 35-jährigen Wartezeit können Versicherte vor dem gesetzlichen Regelalter in Rente gehen, müssen dann aber die angesprochenen 0,3 Prozent Rentenabschlag pro Monat vorgezogenen Rentenstarts hinnehmen. Zahlen sie einen Ausgleichbetrag, erhalten sie ihre Rente hingegen trotzdem ungekürzt. Geht ein 1952 geborener Versicherter dieses Jahr mit 63 Jahren in Rente und hat 35 Jahre lang den maximalen Pflichtbeitrag geleistet, bekäme er laut der Studie statt der ungekürzten Bruttorente von monatlich 1942 Euro nur 1767 Euro ausgezahlt. Den Abschlag könnte er mit der Zahlung von rund 43.000 Euro ausgleichen. Dafür bekäme er 175 Euro brutto mehr im Monat. Ein privat Krankenversicherter bekäme sogar 188 Euro im Monat mehr an Rente, ein gesetzlich Versicherter nur 156 Euro mehr. Zum Vergleich: Würde der Versicherte die 43.000 Euro stattdessen in eine sofortbeginnende Rürup-Rente zahlen, bekäme er bei einem kostengünstigen Anbieter 145 Euro pro Monat vor Steuern ausgezahlt. Die Zahlung des Ausgleichsbetrags würde sich - so betrachtet - lohnen. Die hohen Ausgleichsbeträge können abschrecken. Studienautor Siepe weist jedoch darauf hin, dass diese auf mehrere Jahre verteilt gezahlt werden können.

Schon eine freiwillige Zahlung kann Müttern die Rente sichern

Nachzahlung zur Mütterrente: Seit Juli 2014 bekommen Mütter von vor 1992 geborenen Kindern mehr Rente, da statt einem nun zwei Jahre Erziehungszeit pro Kind berücksichtigt werden. Mütter von einem oder zwei vor 1992 geborenen Kindern, die nie in der Rentenversicherung pflichtversichert waren, bekommen damit aber nicht automatisch eine Rente. Denn dafür sind wenigstens fünf Jahre Versicherungszeit nötig. Das Problem: Ein Kind würde aber nur zwei Jahren entsprechen, zwei Kinder nur vier Jahren. Betroffene Mütter können daher Beiträge nachzahlen, damit trotzdem ein Anspruch entsteht. Dies ist auch bei Personen im Rentenalter möglich. Bei zwei vor 1992 geborenen Kindern würde ein Jahresbeitrag, dieses Jahr wenigstens 1009,80 Euro, schon reichen. Damit hätte die Mutter direkt Anspruch auf rund 120 Euro Rente pro Monat. Ihre freiwillige Einzahlung hätte sie schon innerhalb weniger Monate zurück. Pensionärinnen und Beamtinnen können aber auch auf diesem Weg nicht von der Mütterrente profitieren.

Nachzahlung für vor dem 2. September 1950 geborene Beamte und Freiberufler: Alle Beamten und Freiberufler, die auch schon am 10. August 2010 nicht pflichtversichert in der Rentenversicherung waren, können nur noch bis Jahresende Nachzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung leisten. Dies liegt an einer speziellen auslaufenden Regelung (Paragraf 282 SGB VI).

Wieviel kann man freiwillig einzahlen?

Freiwillig Versicherte, also zum Beispiel Beamte oder Selbstständige, müssen 2015 wenigstens 84,15 Euro pro Monat einzahlen. Der maximale freiwillige Beitrag liegt bei 1131,35 Euro pro Monat. Beiträge für 2015 können auch noch bis Ende März 2016 nachgezahlt werden, allerdings greifen dann die 2016 verwendeten Berechnungsgrundlagen, so dass bei gleich hohem Beitrag etwas geringere Rentenansprüche entstehen. Der Höchstbeitrag steigt 2016 auf 1159,40 Euro im Monat.

Wie kann man freiwillig einzahlen?

Nicht Pflichtversicherte können mit dem Formular V060 einen Antrag auf Beitragszahlung für eine freiwillige Versicherung stellen. Das Formular findet sich hier.

Erläuterungen zum Ausfüllen stellt die Deutsche Rentenversicherung hier zur Verfügung:

Wer als Pflichtversicherter Rentenabschläge ausgleichen möchte, sollte sich von einem relativ bürokratischem Verfahren nicht abschrecken lassen. Zuerst müssen Versicherte einen Antrag auf besondere Rentenauskunft stellen. Damit wird ihnen ausgerechnet, wieviel als Ausgleichsbetrag gezahlt werden muss. Das Formular findet sich hier:

Erst danach müssen sich die Pflichtversicherten entscheiden, ob sie den Ausgleichsbetrag wirklich zahlen wollen.

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