Die Rente mit 63 schlägt hohe Wellen. Bis Ende November haben rund 190.000 Menschen einen Antrag gestellt, von den neuen Regeln zu profitieren. Sie dürfen zwei Jahre früher als eigentlich vorgesehen in Rente, ohne dafür Abschläge hinnehmen zu müssen. Allerdings gilt das nur, wenn die Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung auf 45 Beitragsjahre kommen. Ohne Sonderregeln müssen alle Jahrgänge ab 1964 bis zum 67. Geburtstag arbeiten, um ihre volle Rente zu erhalten.
Wollen sie trotzdem vor der normalen Frist - der sogenannten Regelaltersgrenze - ihre Rente bekommen, müssen sie Abschläge hinnehmen. Pro Jahr vorgezogener Rente wird die monatliche Auszahlung um 3,6 Prozent gekürzt. Wer statt mit 67 mit 63 in Rente will, müsste also auf 14,4 Prozent verzichten. Außerdem hätte der Frührentner durch die kürzere Arbeitszeit weniger Beiträge eingezahlt, was seine Rente zusätzlich drücken würde.
Doch wer genau nachrechnet, merkt schnell, dass ein früher Rentenstart trotzdem nicht extrem viel Geld kostet. Ein Beispiel: Angenommen ein Arbeitnehmer mit 70.000 Euro Bruttoeinkommen sollte zum gesetzliche Rentenstart mit 67 Jahren 1500 Euro Monatsrente bekommen. Wollte er nun vier Jahre früher in Rente, also mit 63, kämen die beiden Effekte (kürzere Beitragszeit und Abschlag wegen Frührente) zusammen. Die vier Jahre kürzere Beitragsdauer würde ihn auf Basis der aktuellen Rentenwerte rund 229 Euro Monatsrente kosten, es blieben also 1271 Euro. Hinzu käme der Abschlag wegen der Frührente: 14,4 Prozent von 1271 Euro, macht 183 Euro. Die Brutto-Monatsrente des Frührentners läge also bei 1088 Euro statt 1500 Euro.
Das klingt nach heftigen Verlusten. Tatsächlich würde der Frührentner aber ja auch vier Jahre früher seine Rente bekommen - insgesamt also vier Jahre länger Geld. Addiert man die gezahlten Renten, hätte der Frührentner bis ins Alter von 75 Jahren in Summe mehr bekommen. Erst danach liegt die Summe der gezahlten Renten unter der eines normal gestarteten Rentners.
Mit 95 hätte der Frührentner insgesamt 430.880 Euro an Renten bekommen, der mit 67 gestartete Rentner 522.000 Euro. Die Einbußen würden also nur 17,5 Prozent betragen. Ein um zwei Jahre vorgezogener Rentenstart hätte für den Rentner bis zum Alter von 95 Jahren die Gesamtauszahlungen nur um 8,4 Prozent gedrückt. In der Praxis würde die fällige Steuer die Rechnung noch etwas zu Gunsten des frühen Rentenstarts schieben.
Freiwillig länger bleiben - bisher kaum möglich
Kernpunkte der Riester-Förderung
Förderung der privaten Altersvorsorge durch jährliche Zulagen und Steuervorteile
Quelle: LBS
154 Euro pro Person
185 Euro je Kind, geboren vor 2008
300 Euro je Kind, geboren ab 2008
Sparer können ihre Einzahlungen als Sonderausgaben absetzen. Die Auszahlungen der Riester-Rente sind voll steuerpflichtig zum individuellen Steuersatz. Dieser dürfte im Alter jedoch niedriger sein als während des Berufslebens.
Für die volle Förderung müssen Einzahlungen in Höhe von vier Prozent des Bruttoeinkommens des Vorjahres vorgenommen.
Es werden maximal 2.100 Euro Einzahlungen gefördert.
Die geflossenen Zulagen reduzieren die erforderliche eigene Sparleistung.
Die Förderung ist unabhängig von der Höhe des eigenen Einkommens.
Angesichts solcher Zahlen geraten viele in Verlockung, den frühen Rentenstart ernsthaft ins Auge zu fassen. Kein Wunder also, dass Rufe laut werden, mehr Anreize für einen späten Rentenstart zu setzen. So forderte der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, jüngst gegenüber der Zeitung "Die Welt" Modelle einer freiwilligen Rente mit 70. Schon der Fachkräftemangel in Deutschland mache das nötig.
Tatsächlich belohnt die Rentenversicherung schon heute ein freiwillig längeres Arbeitsleben. Jedes Jahr längere Beitragszeit nach der Regelaltersgrenze bringt - zusätzlich zur höheren Rente dank längerer Beitragszeit - noch 6 Prozent Rentenaufschlag. Unser Beispiel-Arbeitnehmer könnte durch zwei Jahre mehr Arbeit, also einen Rentenstart erst mit 69 Jahren, seine Monats-Bruttorente von 1500 auf 1808 Euro steigern. Die Gesamtrentenzahlung bis 95 Jahre würde in Summe 12,2 Prozent über der beim Rentenstart mit 67 liegen.
Ob Arbeitnehmer in der Realität allerdings die Chance haben, freiwillig länger zu arbeiten, hängt stark vom Einzelfall ab. Viele Unternehmen bieten solche Optionen bislang gar nicht an.
Vorschnell sollte sich aber niemand auf die frühe Rente einlassen. Zwar halten sich die Einbußen in Summe oft in Grenzen. Doch diese Rechnung unterschlägt komplett, ob das Geld jeden Monat auch zum Leben reicht. Wer früher in Rente will, hat schließlich auch weniger Zeit für's Alter vorzusorgen - und mehr Zeit zum Geld ausgeben. Schnell kann das Budget dann knapp werden. Wie Vorsorgesparer Lücken in ihrer Rentenplanung ausgleichen können, zeigt unser großer Altersvorsorge-Beitrag. Träumen ist also erlaubt, nachrechnen aber empfohlen.