Geldanlage Bankberater: Vertrauen verspielt

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Auf längere Sicht tun sich Banken mit rabiaten Vertriebsmethoden keinen Gefallen. Unzufriedene Kunden, die sich falsch beraten fühlen, kaufen keine Produkte mehr, geschweige denn, dass sie ihr Institut weiterempfehlen.

Wenn Anleger gegen Banken demonstrieren oder klagen, entsteht zudem ein gewaltiger Imageschaden – egal, ob Kunden im Recht sind oder nicht. Doch anders als im Investmentbanking, wo Fehler direkt in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung auftauchen, lassen sich die langfristigen Schäden im Privatkundengeschäft nicht direkt in Zahlen messen, die Notwendigkeit von Veränderungen drängt sich somit nicht auf.

Hinzu kommt, dass es nicht möglich ist, zu berechnen, wie sich der Ertrag entwickeln würde, wenn die Banken ihre Systeme auf langfristige Kundenzufriedenheit ausrichten würden. Es bräuchte den Mut eines Bankvorstands, das auszuprobieren.

Wenn Mitarbeiter auf Biegen und Brechen verkaufen müssen, „setzt man sich über ihre Moral hinweg“, sagt Kai Pfersich, Chef der Beratung The Value Company, der selbst lange in der Bankenbranche gearbeitet hat und nun Vertriebstraining für Kreditinstitute anbietet. Wer nicht hinter seiner Arbeit stehe, „versucht nur irgendwie durchzukommen, anstatt alles für den Erfolg des Unternehmens zu geben“.

Es entstehe zudem eine „Pseudo-Effizienz“, sagt Wirtschaftsprofessor Binswanger. „Man stürzt sich auf die Leistungsziele, die gemessen werden“, und vernachlässige andere Aspekte. Warum soll sich ein Mitarbeiter, der in einer Woche noch drei Fonds verkaufen muss, bemühen zügig eine Kundin zurückzurufen, die noch eine Frage zu ihrem Zertifikat hat? Dieses Gespräch wird schließlich nicht honoriert.

Mitarbeitermotivation - aber wie?

Wie Mitarbeiter besser zu motivieren sind, hat die schwedische Svenska Handelsbanken eindrucksvoll demonstriert: 

Wenn die Bank im Vergleich zu Wettbewerbern überdurchschnittlich gut abschneidet, landet ein Drittel des Mehrertrags – maximal bis zur Höhe von 15 Prozent der an die Aktionäre ausgeschütteten Dividenden – in einer Stiftung. Jeder Mitarbeiter bekommt von der Stiftung, unabhängig von Gehalt und Position dieselbe Summe ausgezahlt. Es gibt für die Kundenberater keine individuellen Vertriebsziele und dementsprechend auch keine individuelle Belohnung. Um zu gewährleisten, dass die Angestellten den langfristigen Unternehmenserfolg im Blick haben, können sie über das Geld frühestens im Alter von 60 Jahren verfügen.

Die Saat ging auf. Seit der damalige Bankchef Jan Wallander das Modell 1973 einführte, hat die Bank nur zweimal nicht überdurchschnittlich verdient. Wallander ließ auch die Filialleiter selbst entscheiden, wie viel Personal sie einstellen und welche Produkte sie verkaufen wollten.

Der ehemalige Handelsbanken-Chef gilt in Schweden als Visionär, der davon überzeugt war, dass Mitarbeiter von Natur aus bereit seien, etwas zu leisten, wenn man ihnen Vertrauen schenkt. Solche Visionäre täten auch deutschen Banken gut – und ihren Anlegern.

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