Geldanlage Das Risiko der Indexfonds

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Die zehn größten ETF-Anbieter in Europa

Für Matthias Rapp, verantwortlich für Kapitalmärkte bei der Helaba in Frankfurt, sind Swap-Geschäfte Alltag. Industrieunternehmen kommen zu ihm, wenn sie einen kalkulierbaren festen Zinssatz für spätere Einnahmen benötigen. „Wir nehmen ihnen das Zinsrisiko ab.“ Damit seine Bank nicht auf Risiken sitzenbleibt, die sie nicht will, gibt Rapp die Risiken weiter. „Je einfacher ein Geschäft ist, desto leichter kann ich sie weiterplatzieren.“ Bei komplexen Produkten sei der Markt weniger liquide und der Risikotransfer schwieriger.

Aber genau in diese Märkte stoßen immer mehr ETFs vor, die mit Swap-Geschäften arbeiten. „ETFs sind nur scheinbar einfach. Sie können durch den Inhalt des Sondervermögens und die Ausfallrisiken bei den Beteiligten komplizierter und risikoreicher sein als viele traditionelle Wertpapierfonds“, sagt Göttgens.

Sicher: Die Banken beteuern, dass die im Fonds hinterlegten Sicherheiten höchsten Ansprüchen genügen, und dass sie Risiken aus Swap-Geschäften abgesichert haben. Kontrollierbar ist das kaum. Immerhin dürfen laut Gesetz nur maximal zehn Prozent vom Fondsvermögen eines ETFs verloren gehen, wenn Swap-Partner pleitegehen. Häufig werden Sicherheiten hinterlegt, die den Wert der Swap-Geschäfte übersteigen sollen. db x-trackers gibt eine Übersicherung von 8 bis 20 Prozent an. Ob die im Notfall reicht, müssen die Banker hoffentlich nie beweisen.

Die für Swap-Konstruktionen bekannten Anbieter Lyxor und db x-trackers kommen auf ein ETF-Volumen von 104 Milliarden Dollar, für die vor allem die Mutterbanken Société Générale und Deutsche Bank das Performancerisiko tragen.

Bei Ausfall eines Swap-Partners erleidet der Anleger zwar keinen Totalverlust. Auch die als Sicherheiten hinterlegten Papiere in Swap-ETFs sind Sondervermögen, gehen also an die Anleger. Die bekommen dann aber bei der Wahl des Weltaktienindex statt 1660 Einzelaktien etwa bei db x-trackers nur 42 Aktien, davon 24 japanische, und bei Comstage nur 27 europäische Aktien, davon 17 deutsche.

„Auch wenn in einzelnen ETFs das Ausfallrisiko durch den Abschluss mehrerer Swaps bei verschiedenen Banken gestreut werden mag: Bei einer Bank können sich die Einzelrisiken aus vielen ETFs dann konzentrieren“, sagt Göttgens. Das FSB, der Internationale Währungsfonds IWF und die Bank of England warnen deshalb davor, dass Ausfälle im ETF-Markt unter Banken eine gefährliche Kettenreaktion auslösen könnten. Die Deutsche Bundesbank bestätigte der WirtschaftsWoche, dass sie die Einschätzung des FSB teile, „dass sich durch neuere Entwicklungen am ETF-Markt systemische Risiken entwickeln könnten“.

Ein neuer Krisenherd?

Das FSB unterstellt den Bankern alles Schlechte: Sie könnten illiquide Sicherheiten in die Fonds packen und sie als Abladeplatz für Schrottpapiere nutzen. Im Gegenzug bekommen sie die Gelder der ETF-Anleger für die Papiere, die sie ins Sondervermögen packen. „Wenn all diese Geschäfte in einem Konzern ablaufen, können Risiken der Bank gezielt in Fonds verlagert werden“, schreibt das FSB.

Hinzu kommt: Würden viele ETF-Anleger ihre Fondsanteile auf einen Schlag über die Börse verkaufen wollen – und Herdenverhalten ist am Kapitalmarkt die Regel –, könnte das Swap-Sicherheitenportfolio für den ETF nur schwer verkäuflich sein. Er kann dann mitunter nicht so schnell Liquidität schaffen, wie Anleger sie fordern. Aus Liquiditätsproblemen einer Investmentbank aber könnte sich ein Systemrisiko entwickeln, andere Banken würden angesteckt, der Ballon würde platzen. „Bei der explosionsartigen Verbreitung von ETFs in Europa sind meist nur wenige Anbieter und Swap-Partner im Markt, die eine wichtige Rolle spielen. Daraus können durchaus Risiken für das Finanzsystem entstehen“, sagt Göttgens.

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