Geldanlage und Vermögen So finden Sie einen guten Anlageberater

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Quirin-Gründer Schmidt: Verbraucherschützer und Politiker loben das Konzept, doch die Bank schreibt rote Zahlen Quelle: Laif/Armin Akhtar

Ministerin Aigner denkt jetzt darüber nach, die Branche per Gesetz zu noch mehr Transparenz zu zwingen. Das geplante zweite Gesetzespaket zum Anlegerschutz könnte sämtliche Anbieter von Anlageprodukten verpflichten, auf einem „Produktinformationsblatt“ kurz und bündig die Vor- und Nachteile sowie die Nebenkosten inklusive Provisionen auflisten. „Das wäre sehr zu begrüßen und hätte weitreichende Folgen für den Beratungsmarkt“, sagt Bockholt. Entschieden ist aber noch nichts, die Lobby läuft Sturm gegen das Vorhaben. Honorarberater hoffen, dass dadurch mehr Anlegern klar wird, wie hoch die Provisionen für Finanzdienstleister sind – und dass damit auch die Bereitschaft wächst, pauschale Honorare zu zahlen.

Allerdings sollten Kunden nicht nur auf die Kosten schauen. „Gute Beratung hat auch ihren Preis“, sagt Vermögensberater Zittlau. Das entscheidende Argument für das Honorarmodell ist nicht ein etwaiger Preisvorteil, sondern der fehlende Anreiz, möglichst viele provisionsträchtige Produkte zu verkaufen. Honorarberater Lau etwa hatte schon im ersten Beratungsgespräch erhebliche Schwächen im Portfolio von Designer Banka ausgemacht: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Risikolebensversicherung zur Absicherung seiner Frau fehlten. „Mein alter Berater hatte dies nie so klar angesprochen“, stellt Banka fest.

Ein klassischer Fall, meint VDH-Präsident Rauch: „Provisionsberater schauen vor allem auf die Vermögenswerte, die Risikoabsicherung kommt oft zu kurz.“ Grund: Haftpflichtpolicen bringen meist nur 50 Euro Provision. Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) sind wegen des hohen Beratungsaufwands bei den Vertrieben unbeliebt – Provisionsberater drängen deshalb oft auf den Abschluss einer Rentenpolice statt der BU.

Honorarberatung muss immer und immer wieder erklärt werden

Wie schwer es trotz dieser massiven Fehlanreize bei der Provisionsberatung ist, Kunden vom Honorarmodell zu überzeugen, zeigt das Beispiel Quirin-Bank. Das 2007 mit ehrgeizigen Zielen gestartete Finanzhaus verspricht, alle Gebühren offenzulegen und Kunden sämtliche verdeckte Einnahmen und Rückvergütungen gutzuschreiben. Verbraucherschützer und Politiker loben das Konzept, doch die Bank schreibt rote Zahlen. „Man muss die Honorarberatung in Deutschland immer wieder und wieder erklären; wir betreiben hier schwere Pionierarbeit“, sagt Quirin-Gründer Karl Matthäus Schmidt.

Nachdem die Bank 2007 elf Millionen Euro Verlust eingefahren hatte, erweiterte Schmidt sein ursprüngliches Preismodell (75 Euro pro Monat) um die in der Vermögensverwaltung übliche jährliche Fixgebühr. Die Konkurrenz in den Großbanken stellt Schmidts Geschäftsmodell bei jeder Gelegenheit infrage und argwöhnt, dieser halte angesichts der Verluste nicht mehr lange durch. „Das ist deren Wunschdenken“, kontert Schmidt, „wir haben 5000 Kunden, die Zahl wächst pro Quartal um 500 bis 600, Ende 2010 werden wir die Profitabilitätsschwelle überschreiten.“

Für die meisten anderen Banken sind alternative Beratungskonzepte derzeit kein großes Thema. So sehen die Sparkassen die Honorarberatung skeptisch und verweisen auf ihr „auch in der Krise bewährtes Beratungskonzept“, ähnlich wie die Deutsche Bank. Einen größeren Feldversuch zur Honorarberatung hat vor einigen Monaten die Commerzbank bei ihrer Online-Tochter Comdirect gestartet. 400 Kunden konnten das Modell testen, bei dem sie im Monat eine Pauschalgebühr für die telefonische Beratung und dafür keine Produktprovisionen mehr zahlen. Vergangenen Donnerstag erklärte die Bank das Experiment für gelungen, die Option steht nun allen Kunden offen. Welche Aussagekraft das Experiment für den Bankenmarkt insgesamt hat, ist zweifelhaft. Der Beratungsbedarf von Direktbankkunden ist ohnehin gering, zudem können diese schon immer aus einer herstellerunabhängigen Produktpalette auswählen.

Provisionsberatung ist noch teurer

Für private Vermögen von 500.000 Euro und mehr sind Honorarmodelle bereits weitverbreitet; außerdem unterliegen Vermögensverwalter dieser Kategorie seit 1998 hohen gesetzlichen Anforderungen, etwa an Einlagensicherung, Eigenkapital und Berufserfahrung. In den vergangenen 15 Jahren haben haben zudem fast alle Banken und größeren Sparkassen das Geschäft mit ihrer wohlhabenden Klientel von der Massenkundschaft getrennt. Meist heißen die Abteilungen Private Banking oder Private Wealth Management und bieten Honorarberatung an. Allerdings nicht auf Stundenbasis, sondern mit jährlichen Betreuungspauschalen. Die jährliche Pauschale liegt zwischen 0,3 und 2,1 Prozent des betreuten Vermögens, je größer das Depot, desto niedriger der Prozentsatz. „Für 500.000 Euro bezahlt man 1,5 bis 2 Prozent, also knapp 10.000 Euro im Jahr, für große Vermögen in zweistelliger Millionenhöhe kann der Satz unter 0,3 Prozent sinken“, sagt Rainer Konrad, Leiter der Asset Manager Akademie St. Gallen und Buch-Autor zum Thema Gebühren im Banking.

Das klingt nach viel Geld, aber auch für Wohlhabende gilt: Die Provisionsberatung ist noch teurer. Investiert eine Bank für einen Kunden, der keine Fixgebühr zahlen will, eine Million Euro in die üblichen Produkte wie Aktien-, Misch- und Rentenfonds, geschlossene Immobilienfonds oder Zertifikate, so sind bei den marktüblichen Provisionen auf einen Schlag rund 60.000 Euro futsch. Schichtet der Kunde danach pro Jahr im Schnitt nur 15 Prozent des Vermögens in neue Anlagen um – üblich sind weit höhere Raten –, gehen Jahr für Jahr erneut 17.000 Euro für Vertriebsprovisionen und Gebühren drauf. Theoretisch kommen reiche Bank- und Vermögensverwaltungskunden mit der Fix-Gebühr also besser weg. Doch viele Banken kassieren offenbar zusätzlich zu den Honoraren versteckte Gebühren. Zudem wählen sie längst nicht immer neutral die besten Produkte aus, sondern empfehlen oft hauseigene Fonds oder Zertifikate – oder solche von Vertriebspartnern, von denen sie Rückvergütungen kassieren, sogenannte Kick-backs.

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