Geldanlage und Vermögen So finden Sie einen guten Anlageberater

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Verbraucherschutzministerin Quelle: dpa

Damit werden die unbestreitbaren Vorteile des Honorarmodells – die neutrale, produktunabhängige Beratung – konterkariert. „Der Kunde bezahlt bereits eine Gebühr dafür, dass die Bank oder der Vermögensverwalter ihn ohne Interessenkonflikte berät; wenn dennoch Gebühren kassiert werden, ist das doppelt ärgerlich“, sagt Tom Friess, Geschäftsführer des VZ Vermögenszentrums in München. In der komplexen Anlagewelt gibt es zuhauf Möglichkeiten für die Banken, unbemerkt abzukassieren: „Produkte wie Zertifikate spielen den Banken in die Hände, denn mit ihnen lassen sich verdeckte Provisionen besser kaschieren als mit herkömmlichen Produkten wie Aktien und Anleihen“, sagt Marcus Weeres, Vorstand der Vermögensverwaltung Meridio.

In den mathematisch hochkomplexen Zertifikaten lassen sich die Gewinnmargen gut verstecken. Fragt ein Kunde tatsächlich nach, wieso sein Gold- oder Ölzertifikat nicht mit dem Kurs des Metalls oder Rohöls steigt, verweisen Kundenberater gerne auf für Laien schwer durchschaubare Zusammenhänge an den Terminmärkten – nicht aber auf die üblichen Gebühren von fünf bis sechs Prozent, die im Zertifikat stecken. Die wenigsten Kunden lesen den Zertifikateprospekt komplett durch, in dem auf die Gebühren hingewiesen werden muss. Es sei „üblich, Nebenkosten im Kleingedruckten auf Seite 87 zu verstecken“, sagt Wolfgang Köbler, Vorstand der Vermögensverwaltung KSW. „Ein Kunde, der nicht gezielt nachfragt, hat eigentlich keine Chance.“

Selbst wenn ein Kunde teure und intransparente Produkte wie geschlossene Fonds oder Zertifikate kategorisch ablehnt, wird abkassiert. „In den vergangenen Monaten wollten viele Leute Unternehmensanleihen haben“, berichtet der Abteilungsleiter Private Banking einer deutschen Bank, „da werden die Provisionen eben in den Kurs geschnitten.“ Konkret: Die Bank zeichnet die Anleihe-emission zum Beispiel zu 99,40 Prozent und bucht dem Kunden die Papiere zu 101,30 ins Depot. „Offiziell bezahlen Private-Banking-Kunden bei uns zwischen 0,5 und 1,5 Prozent auf das verwaltete Vermögen“, so der Abteilungsleiter, „intern habe ich aber einen Zielkorridor von 0,9 bis 2,1 Prozent Rendite, die ich mindestens aus dem Kundenvermögen ziehen muss.“ Wie die Differenz verdient wird, ist klar: über Provisionen.

Beratern immer auf den Zahn fühlen

Beispiele wie diese zeigen: Banker, Vermögensverwalter und freie Berater, die mit Honorarmodellen arbeiten, sind deshalb noch lange nicht automatisch neutral – und gute Ratgeber. Anleger sollten auch Honorarberatern auf den Zahl fühlen und detailliert nach ihrer Qualifikation und ihrer Arbeitsweise fragen (siehe Kasten unten). Anlass für Misstrauen gibt es durchaus. Einige Verkäufer bezeichneten sich „jetzt werbewirksam als Honorarberater, kassieren aber trotzdem heimlich weiter Provisionen“, sagt Finanz-Professor Bockholt. Und Vermögensverwalter Zittlau meint: „Mein Eindruck ist, dass es einige erfolglose Berater jetzt als Honorarberater versuchen.“

Die Gefahr, dass zwar provisionsfrei, aber nicht unabhängig beraten wird, besteht zum Beispiel bei rund 70 Versicherungsmaklern, die mit der Firma Honorarkonzept kooperieren, einer Tochter des Versicherungskonzerns Fortis. Die Makler vermitteln vor allem hauseigene Fortis-Versicherungen – auch ohne Provisionen haben sie also einen Anreiz, nur bestimmte Produkte zu verkaufen. Gute Honorarberatung sieht anders aus. Vorsicht ist zudem bei hohen jährlichen Pauschalen auf das Vermögen angebracht. Denn dann besteht für den Berater ein Anreiz, möglichst viel Geld in das vom ihm betreute Depot zu lotsen – und beispielsweise zur Auflösung eines Tagesgeldkontos bei einer anderen Bank zu raten.

Qualifikation und Erfahrung gefragt

Experte Bockholt fordert angesichts einiger schwarzer Schafe auf dem Markt: „Wer sich Honorarberater nennen will, sollte per Gesetz verpflichtet werden, alle Provisionen offenzulegen und an den Kunden abzutreten, sei es direkt oder in Form einer Senkung des Honorars.“ Zudem, so Bockholt, sollten Honorarberater „eine geeignete Qualifikation – etwa eine abgeschlossene akademische Ausbildung oder eine Weiterbildung zum Finanzwirt – sowie mindestens drei Jahre Berufserfahrung nachweisen.“

Eins ist sicher: Der beste Schutz gegen Falschberatung ist Misstrauen. Anleger sollten sich deshalb keinesfalls scheuen, penetrant nachzuhaken. Sein Rat sei „fragen, fragen, fragen“, so Tom Friess. „Die wichtigsten drei Fragen: Was kostet das Produkt? Wie viel genau verdient daran die Bank? Wann, wie oft und wie genau messen wir den Anlageerfolg?“ Die Rechtslage sei mittlerweile „recht gut“, so Friess. „Aber sie nutzt nur Bankkunden, die ihre Rechte kennen und einfordern.“

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