Geldanlage und Vermögen Weltgeld Gold

Weil die Staatsfinanzen aus dem Ruder laufen und die Notenbanken immer mehr Geld drucken, verlieren Anleger das Vertrauen in das vom Dollar dominierte System der Papierwährungen. Auf der Suche nach Wertbeständigkeit steuern sie den letzten sicheren Hafen an – Gold

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Goldautomaten-Werbekampagne in Frankfurt. Je kleiner die Barren, desto höher der Aufpreis Quelle: Dominik Eisenhauser

Wer Gold noch immer für ein Randthema hält, wird derzeit eines Besseren belehrt. Auf dem Frankfurter Hauptbahnhof zum Beispiel: Schon von Weitem glänzt es gülden vor dem Nordausgang. Transparente zeigen Goldbarren, in einer Sandkiste buddeln Erwachsene nach Nuggets, in goldene Overalls gezwängte Studentinnen verteilen Flugblätter: „Gold to Go“ steht darauf – Werbung für Gold aus dem Automaten, wie Zigaretten oder Cola.

Kein Witz: Bis zu 500 Goldautomaten will der Edelmetallhändler Gold-Super-Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufstellen. Neben Bahnhöfen und Flughäfen haben die Reutlinger auch Geburtsstationen in Kliniken im Visier: Da können Patenonkel und Omi gleich den Grundstein für ein sicheres Vermögen legen, per teurem Minibarren aus dem Automaten.

Alternativen zum Papiergeld

Die Masche zieht. Am Eröffnungstag hat sich schnell eine Menschentraube um das Spektakel am Hauptbahnhof gebildet. „Gerade heute, wo das Papiergeld nichts mehr taugt“, sagt eine ältere Dame mit Hündchen, „muss man sich ja nach Alternativen umschauen, nicht wahr?“

Das tun derzeit offenbar viele: Im März bot der Discounter Lidl Münzen an, die – trotz 20 Prozent Aufschlag auf den damaligen Goldpreis – schnell ausverkauft waren. Sehen wir nun bei Gold schon die letzte Phase eines Aufwärtstrends, in dem der Markt von überschäumendem Optimismus geprägt ist? Die Phase, kurz vor Platzen der Spekulationsblase, in der unerfahrene Anleger kaufen, was das Zeug hält? Oder gibt es gute Gründe dafür, dass Gold, abgesehen von kurzen, wohl auch drastischen Korrekturen, auf Sicht von Jahren realistische Chancen auf Werterhalt – und besser noch: Gewinne – verspricht? Tatsächlich sind Anleger zur bestimmenden Größe am Goldmarkt geworden.

Schmuck und Industriegold haben kaum Einfluss

Für den jüngsten Goldpreisanstieg in Richtung 1000 Dollar pro Feinunze waren nicht Schmuckkäufer oder die Industrie verantwortlich, die Gold zum Beispiel in Leiterplatten verbaut, sondern ausschließlich Investoren. Abzulesen ist das an den hohen Zuflüssen in börsengehandelte Indexfonds (ETFs), die mit physischem Gold abgesichert sind – und daran, dass vielen Verkaufsstellen in den vergangenen Monaten die Münzen ausgingen. „Die Zuflüsse in die Gold-ETFs lagen an manchen Tagen über der Tagesproduktion der Goldminen“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank. 2008 fragten Investoren 1184 Tonnen Gold nach – fast drei Viertel mehr als 2007. Weitere 596 Tonnen kamen allein von Januar bis März dazu. Zusammen entspricht das dem Gesamtgewicht von sechs Airbus 380. Auf der anderen Seite schrumpft in der Rezession der Bedarf von Juwelieren und Industrie. Menschen haben jetzt andere Sorgen als eine möglichst hohe Karat-Zahl für ihren Ehering zu ergattern: 2008 sank die Nachfrage nach Gold für Schmuck um neun Prozent auf 2186 Tonnen. Gleichzeitig brachten viele, die Geld brauchten, ihr Altgold zum Händler. Allein bis März 2009 kamen 558 Tonnen auf den Markt, drei Viertel mehr als im ersten Quartal 2008. Gold ist eben nicht nur Krisen-, sondern auch Wohlstandsmetall und als solches in der Krise weniger gefragt.

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