Geldanlage Was bei einer Bankeninsolvenz sicher ist

Die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers zeigt das Risiko unterschiedlicher Geldanlagen. Was ist bei einer Bankeninsolvenz sicher und was nicht?

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Gold geht nicht pleite, auch Quelle: DPA FILE

Wie sicher ist welches Investment? Nach der Pleite der US-Großbank Lehman Brothers und der Schließung ihrer deutschen Tochter zeigt sich exemplarisch, welche Risiken Investoren bei unterschiedlichen Bankanlagen eingehen.

Aktien. Aktionäre stehen bei einer Bankpleite völlig im Regen. Bis auf ein paar lumpige Cent ist bei der Lehman-Aktie nichts mehr zu holen.

Zertifikate. Als im März Bear Stearns zusammenbrach, kamen Zertifikate-Anleger noch einmal davon. Da die US-Investmentbank von JP Morgan aufgekauft wurde, ging auch der Handel der von Bear Stearns ausgegebenen Zertifikate unter dem Dach von JP Morgan weiter. Genauso läuft es aktuell für Besitzer von Merrill-Lynch-Zertifikaten nach der Übernahme von Merrill durch die Bank of America. Für Besitzer von Zertifikaten, hinter denen als Emittent Lehman Brothers steht, sieht es dagegen anders aus. Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen, die von der Bonität des Emittenten abhängen. Mit der Pleite von Lehman droht der Totalverlust. Mehr als 100 Zertifikate hat die US-Bank in Deutschland auf dem Markt.

Werbung mit einer vermeintlichen Kapitalgarantie

Viele wurden sogar noch mit einer vermeintlichen Kapitalgarantie beworben – die es in Wahrheit nicht gibt. Wie viel Geld genau in Lehman-Zertifikaten steckt, ist nicht bekannt. In Frankfurt kursieren Schätzungen von 130 Millionen Euro für börsennotierte Papiere, in die Zehntausende Anleger investiert haben. Dazu kommen noch private Platzierungen und speziell für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter gebaute Zertifikate.

Zudem sind Anleger betroffen, die auf Papiere gesetzt haben, die sich auf Lehman-Brothers-Aktien oder -Schulden beziehen. Vor allem die Commerzbank hat reichlich Optionsscheine und Hebelzertifikate auf Lehman im Programm, insgesamt rund 80 Papiere. Hier findet derzeit sogar noch ein Handel statt – allerdings eingeschränkt, weil die Commerzbank nur noch Derivate zurückkauft. Wer neu einsteigen will und etwa auf eine Wiederbelebung der Lehman-Aktie zocken will, bekommt keine Papiere mehr.

Grafik Lehman Brothers: bitte klicken für weitere Grafiken

Nur eingeschränkt handelbar sind auch Papiere, welche die DZ Bank als sogenannte Cobold-Anleihen an Anleger verkauft hat. Mit den Zertifikats-ähnlichen Papieren haben sich die Investoren gleich ein vielfaches Risiko eingeholt. In den Cobolden Nummer 74 und 75 stecken jeweils Schulden von fünf US-Banken, darunter eben auch von Lehman. Geht eine der Banken in Insolvenz oder bedient vorher definierte Verbindlichkeiten nicht, erhalten Anleger nur noch einen geringen Ausgleich in bar, wenn überhaupt. Beide Cobold-Papiere sind bereits um mehr als 90 Prozent unter ihren Emissionspreis gefallen. Privatanlegern droht ein Verlust von 100 Millionen Euro – allein bei diesen beiden Papieren.

Anleihen. Nicht so dramatisch sind nach letzten verfügbaren Kursen übliche Anleihen gefallen, die Lehman selbst emittiert hat. Der Grund: Trotz Pleite hat Lehman Vermögen. Wie viel davon Anleihegläubiger zurückerhalten werden, ist vor allem abhängig von der unterschiedlichen Besicherung der Papiere. Schätzungen zufolge dürften Lehman-Anleihen am Ende noch zwischen 40 bis 50 Prozent ihres Nennwertes einbringen. Im Extremfall können aber auch Anleihen komplett ausfallen.

Girokonto, Festgelder, Spareinlagen. Diese Gelder sind zum einen gesetzlich bis 20 000 Euro je Bank und Kunde garantiert (zu 90 Prozent), zum anderen springt bei einer Bankenpleite der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken ein. Der soll pro Kunde für bis zu 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals jeder Pleitebank geradestehen. Das sind bei Lehman zum Beispiel bis zu 285 Millionen Euro je Kunde. Gerüchteweise heißt es, bei Lehman Deutschland lägen sechs Milliarden Euro Kundengelder. Damit wäre der geschätzt knapp fünf Milliarden schwere Topf leer.

finanzkrise_gold

Der Bankenverband erklärt aber, dass infolge der Verwertung der noch vorhandenen Werte einer insolventen Bank „in der Regel“ der deutlich größere Teil der ausgeschütteten Gelder wieder an den Fonds zurückfließt. Die Summe der gefährdeten Einlagen sei keineswegs gleich der Schadenssumme für den Fonds. Eine Großbankenpleite könnte der Fonds dennoch nicht auffangen.

Allein die Deutsche Bank zum Beispiel hatte zu Jahresanfang 131 Milliarden Euro an Einlagen von Privatkunden. Jedoch gibt es niemanden, der daran zweifelt, dass im Falle eines – heute unwahrscheinlichen – deutschen Banken-GAUs Vater Staat seine Taschen öffnen würde. Auch die Sicherungseinrichtungen der Sparkassen und Volksbanken mit je rund vier Milliarden Euro dürften allein nicht ausreichen, um dramatische Schieflagen großer Institute der Gruppen zu decken.

Fonds fallen nicht in die Insolvenzmasse bei einer Bankenpleite

Investmentfonds. Fonds fallen als Sondervermögen nicht in die Insolvenzmasse bei einer Bankenpleite. Anleger sollten sich aber bei neuen Produkten, die dem ersten Anschein nach einem Investmentfonds ähneln, genau die Emissionsprospekte anschauen. So etwa bei sogenannten Exchange Traded Commodities (ETC), die zum Beispiel der Anbieter ETF Securities als Rohstoffinvestments vermarktet. Auf den ersten Blick ähnelt diese Anlage einem laufend handelbaren Rohstoff-Fonds (Exchange Traded Fund), sie ist es aber nicht.

Denn rechtlich handelt es sich dabei um unbefristete Schuldverschreibungen, die dem gleichen Risiko unterliegen wie Zertifikate. Zahlreiche Produkte von ETF Securities sind durch eine entsprechende Anzahl von Rohstoffkontrakten unterlegt, die von AIG Financial Products erworben werden. Diese Zahlungsverpflichtungen sind vom Versicherungsriesen AIG garantiert, doch nur solange dieser auch zahlen kann.

AIG, so die Befürchtung, könnte trotz eines 85 Milliarden Dollar schweren Zuschusses der US-Notenbank Fed und der Beinahe-Verstaatlichung seinen Zahlungsverpflichtungen bald nicht mehr nachkommen. Am vergangenen Dienstag setzten Makler deshalb den Handel von insgesamt 110 von AIG garantierten ETCs aus.

Wertpapierdepots. Sie gehören dem Anleger, Banken sind nur Verwalter. Sie fallen ebenfalls nicht in die Insolvenzmasse.

Gold. Geht nicht pleite, ist immer eintauschbar. Den Rettungsanker in der Finanzkrise (WirtschaftsWoche 36/2008) gibt es – unter anderem – bei allen Banken und Sparkassen.

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