Helikoptergeld Wird Japan Geld vom Himmel regnen lassen?

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Hat die EZB die Debatte um „Helicopter Money” indirekt befeuert?


Auftrieb bekam das Konzept jetzt, weil Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), sich dazu geäußert hat. Draghi, war in der jüngsten Pressekonferenz am 10. März auf „Helikoptergeld“ angesprochen worden. Draghi antwortete, man habe im Zentralbankrat bisher nicht darüber nachgedacht oder gesprochen, sprach aber auch von einem „sehr interessanten Konzept“, das derzeit unter anderem unter akademischen Ökonomen diskutiert werde und auch „viele verschiedene Dinge“ bedeuten könne.

"Sehr interessantes Konzept" - das ist ein neuer Ton. Wird sich die EZB diesem Konzept öffnen, wenn die bisherige expansive Geldpolitik nicht den ersehnten Erfolg bringt?

Nicht vergessen sind die Worte Draghis 2012, als er versicherte, die EZB werde "alles Notwenige tun" - "whatever it takes" -, um den Euro zu erhalten. Seither hat er immer weitergehende Maßnahmen verkündet, ohne dass die Wirtschaft in der Eurozone in Schwung kommt und das Inflationsziel unter, aber nahe zwei Prozent erreicht hat. Wird die EZB irgendwann weich und wagt sich an das Thema "Helikoptergeld"?

Auch EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte sich im Anschluss an Draghi zumindest nicht ablehnend geäußert. Theoretisch könnten alle Notenbanken dieses „extreme Instrument“ einsetzen, sagte Praet in einem Interview der italienischen Zeitung „La Repubblica“. Es stelle sich nur die Frage, ob und wann der Einsatz tatsächlich Sinn mache.

Fast scheint es so, als ob EZB-Vertreter, indem sie sich vom Konzept "Helikoptergeld" distanzieren, die Debatte befeuern. So haben sich nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag, den 7. April 2015 Führungsmitglieder der Europäischen Zentralbank demonstrativ gegen die Idee gewendet. Über ein solches "Helikopter-Geld" werde noch nicht einmal diskutiert, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet auf einer Notenbank-Konferenz in Frankfurt.

Noch nicht einmal diskutiert? Warum dann diese Äußerung? Dazu von jemandem, der sich zuvor bereits sehr viel weicher zu dem Thema geäußert hatte? Auf derselben Veranstaltung sagte Italiens Notenbank-Chef Ignazio Visco, solche Geldgeschenke seien legal schwierig und in der Umsetzung sehr riskant. Ähnlich äußerte sich laut Reuters EZB-Vize Vitor Constantio im Europa-Parlament: "Das ist nicht auf dem Tisch in irgendeiner Gestalt oder Form."

Wenn das Thema kein Thema ist, warum reden die Verantwortlichen der EZB dann immer wieder darüber?

Auch andere reden darüber: Das schwedische Bankhaus Nordea hatte laut Reuters jüngst eine Summe von 1300 Euro ins Gespräch gebracht, die die Notenbank direkt an jeden Bürger der 19 Länder des Euro-Raums ausschütten könne.

Rechnet Wolfgang Schäuble damit, dass die EZB „Helikoptergeld” druckt?

Irritierend ist eine weitere Meldung und ihr Dementi. Dem „Spiegel” zufolge wird in Schäubles Ministerium für den Fall des sogenannten Helikoptergeldes ein juristisches Vorgehen erwogen. Sollte die EZB solche direkten Geldgeschenke für die Bürger beschließen, würde sich für die Bundesregierung die Frage stellen, ob sie die Grenzen des Zentralbankmandats vor Gericht untersuchen lässt, berichtete das Magazin. Einen Tag später, am Sonntag, den 10. April 2016, dementierte Schäubles Ministerium laut Reuters. Nach Auskunft eines Ministeriumssprechers würden aktuell keine juristischen Schritte geprüft. Er betonte zugleich aber, dass die Unabhängigkeit der EZB nur im Rahmen ihres gesetzlich gegebenen Mandats gelte. Offenbar scheint Schäubles Ministerium Draghi nicht recht zu trauen.

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