Indexfonds Private setzen auf Profiprodukte

Indexfonds stehen in Deutschland vor dem Durchbruch. Wie Privatanleger im Reich der 260 ETFs die richtigen Produkte finden und damit besser abschneiden als die meisten Fondsmanager.

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Die schwache Börseneröffnung an der Wall Street zieht den Dax am Nachmittag nach unten, dpa

Sind Sie Kunde bei der Citibank wie 3,2 Millionen andere Deutsche auch? Dann ärgern Sie doch einmal Ihren Bankberater und erkundigen sich nach Indexfonds. Obwohl der erste Indexfonds in Deutschland bereits im Jahr 2001 zum Börsenhandel zugelassen wurde, arbeitet die Citibank bis heute an „technischen Schwierigkeiten“, Kunden den Erwerb der Indexfonds zu ermöglichen. Die „technischen Schwierigkeiten“ verwundern nicht. Privatanlegern werden die Produkte von ihren Banken und Beratern in der Regel nicht empfohlen, denn ein Indexfonds kostet keinen Ausgabeaufschlag, und die Anbieter zahlen Vermittlern im Gegensatz zu aktiven Fonds auch keine jährliche Bestandsprovision. Indexfonds – dahinter verbirgt sich eine Anlagemöglichkeit, die sich durch einfachen Aufbau, Transparenz und vor allem geringe Kosten auszeichnet. Konkret handelt es sich dabei um börsennotierte Indexfonds, die sich strikt an der Wertentwicklung des jeweils abgebildeten Index orientieren. Das kann ein Aktienindex wie der Dax oder der Euro Stoxx 50, aber auch ein Anleihe- Rohstoff- oder Immobilienindex sein. Rund 260 Indexfonds (ETFs) stehen Anlegern bereits auf der Handelsplattform der Deutschen Börse zur Verfügung, rund doppelt so viel wie noch vor einem Jahr. Dennoch weiß laut einer Infratest-Umfrage gerade einmal jeder zehnte Anleger hierzulande etwas mit dem Fachbegriff ETF anzufangen. Die Vorteile der Produkte sind offensichtlich: Sie sind deutlich günstiger als aktiv gemanagte Aktienfonds, werden an der Börse gehandelt, was Anlegern den Ausgabeaufschlag erspart, und kosten 0,15 bis 0,5 Prozent, was im Vergleich mit aktiven Fonds, die im Durchschnitt 1,5 Prozent pro Jahr kosten, sehr günstig ist. Wenn ab dem 1. November Banken und Berater zudem ihre offenen und versteckten Vertriebsprovisionen offenlegen müssen, wie es eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union vorschreibt, glänzen Indexfonds in der Wahrnehmung der Anleger noch heller als bislang. Für die Altersvorsorge sind Indexfonds nicht nur wegen der geringen Kosten bestens geeignet. Sie erwirtschaften im langfristigen Vergleich oft eine bessere Rendite als aktiv verwaltete Produkte. Eine Studie der Wirtschaftsprüfer von Rödl & Partner zeigt, dass es in den vergangenen elf Jahren 93 von 100 Fondsmanagern nicht geschafft haben, eine höhere Rendite als der Euro Stoxx 50 für europäische Standardwerte zu erwirtschaften. Dennoch sind Indexfonds noch immer ein Nischenmarkt: Weltweit entfallen nach Schätzungen des Indexfonds-Marktführers Barclays Global Investors (BGI) erst knapp drei, in Europa weniger als ein Prozent des in Fonds investierten Vermögens auf die passiven Indexfonds. Dabei fällt es den Managern der Klassiker gerade in effizienten Märkten wie Europa schwer, dauerhaft ihren Vergleichsindex zu schlagen, während dies laut einer Studie des österreichischen Analysehauses e-Fundresearch über zehn Jahre immerhin jedem zweiten Verwalter eines Schwellenländerfonds gelungen ist. Zudem kommt der Frage des Anlagehorizonts vor dem Hintergrund der Abgeltungsteuer ab 2009 entscheidende Bedeutung zu: Bestandsschutz vor der Steuer auf Kursgewinne gewährt der Fiskus nur für Engagements, die der Anleger bis spätestens 31.12.2008 eingegangen ist. Umschichtungen ab 2009 sind demnach steuerschädlich – ein Argument für Indexfonds, denn während Manager häufig wechseln, aktive Fonds schließen oder fusioniert werden, dürfte es populäre Aktienindizes auch noch in 20 Jahren geben. „Statt der großen, aktiv verwalteten Fonds sollten sich Anleger deshalb lieber einen börsengehandelten Indexfonds ins Depot legen“, rät Alexander Etterer, Leiter des Geschäftsbereichs Asset-Management bei Rödl & Partner. „ETFs sind an den wichtigsten Börsen auf der ganzen Welt notiert. Anleger können also ETFs genau wie Aktien während der Handelszeiten über die Bank, den Berater oder einen Online-Broker kaufen und verkaufen“, nennt Götz Kirchhoff, Vorstandssprecher von Deutschlands Marktführer Indexchange einen weiteren Pluspunkt. In Deutschland erfolgt der Kauf und Verkauf über das elektronische Handelssystem der Deutschen Börse Xetra. Bei einem Kauf an der Börse fallen als Transaktionskosten der Spread an, das ist die Geld-Brief-Spanne innerhalb des Handelstages, sowie die jeweilige Ordergebühr der Bank oder des Brokers. „Der Spread ist abhängig von der Liquidität des Produktes“, sagt Thomas Meyer zu Drewer, Deutschland-Chef von Lyxor ETF. Vor diesem Hintergrund ist der Spread beim Euro Stoxx 50 geringer als bei speziellen Branchenindizes. Speziell bei ETFs auf ausländische Indizes kann der Spread im Tagesverlauf variieren, weil er abhängig ist von den Öffnungszeiten der jeweiligen Börsen. „Wer beispielsweise in den asiatischen Markt investieren möchte, sollte am besten hierzulande am frühen Morgen einen ETF kaufen, wenn also dort noch gehandelt wird“, rät Thorsten Michalik, ETF-Chef bei der Deutschen-Bank-Tochter db-x-trackers. „Und in US-Indizes lässt es sich in Deutschland günstiger ab dem Nachmittag, also dem Start an der Wall Street, investieren.“ Der Spread sei dann in der Regel geringer. Weniger wichtig ist für die meisten Anleger die Courtage von 0,02 bis 0,08 Prozent des Transaktionsvolumens, also zwei bis acht Euro für eine Order von 10.000 Euro. „Selbst an Tagen mit geringen Börsenumsätzen sind ETFs stets handelbar, da Market Maker laufend für Liquidität sorgen und Preise für An- und Verkauf stellen“, sagt Indexchange-Experte Kirchhoff. Der Börsenhandel ist mit einer Stückelung von einem Stück möglich. „Bei Bedarf können Anleger ihre Aufträge wie bei Aktien mit jeglicher Art von Limits versehen“, sagt Kirchhoff. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Indexfonds fundamental von anderen Profi-Instrumenten an den Kapitalmärkten, die Privatanlegern häufig umverpackt und teurer angeboten werden: Für Privat- und institutionelle Anleger sind laufende Gebühren, Handelsplätze und auch die Auswahl der Indexfonds stets die Gleichen. Auch in Sachen Transparenz punkten ETFs: Kurse, Handelsvolumina sowie Portfoliobestände sind für Anleger jederzeit auf den Internet-Seiten der Emittenten, Börsen oder Finanzinformationsdienstleister abrufbar.

Laut Morgan Stanley beträgt die durchschnittliche Gesamtkostenquote (TER) für die in Europa zugelassenen Aktien-ETFs derzeit etwa 0,46 Prozent im Jahr. Aktiv gemanagte Investmentfonds schlagen dagegen mit durchschnittlich 1,91 Prozent zu Buche. Bei Rentenfonds liegt die durchschnittliche Gesamtkostenquote bei etwa 0,2 Prozent pro Jahr für ETFs und etwa 1,1 Prozent für aktiv gemanagte Rentenfonds. Als Falle kann es sich jedoch für Privatanleger entpuppen, ausschließlich die Gebührenbelastung als Auswahlkriterium für einen ETF heranzuziehen. Die Qual der Wahl erschwert zudem, dass sich die Fondspaletten der sechs konkurrierenden Anbieter auf dem deutschen Markt bereits jetzt zu überlappen droht. Alleine dem Deutschen Aktienindex Dax folgen vier Indexfonds von vier verschiedenen Anbietern. Bei der Suche nach dem besten Produkt für den persönlichen Bedarf müssen Anleger gegenüber der klassischen Fondssuche umdenken. Eine wichtige Kennziffer ist dabei zum Beispiel das von Deutsche Börse monatlich auf ihrer Internet-Seite (www.xtf.de) veröffentliche Xetra-Liquiditätsmaß, XLM genannt. Diese Kennzahl gibt an, welcher Spread bei einem gleichzeitigen Kauf- und Verkaufsauftrag über 25 000 Euro fällig wird. Zuletzt lag beispielsweise das Maximum bei einer Spanne von 2,5 Prozent für den UBS-Indexfonds auf den britischen FTSE 100. Den geringsten Spread ermittelte die Deutsche Börse beim Dax Ex von der Indexchange in Höhe von 0,04 Prozent. „Nicht der Preis ist das Entscheidende, sondern der Markt, in den ich investieren will“, sagt Lyxor-Mann Meyer zu Drewer. Viele Anleger sähen dagegen in erster Linie die günstigen Gebühren von 0,15 Prozent beim Dax und entscheiden sich deshalb gegen ein Investment in andere Märkte, weil etwa der Nikkei-ETF 0,5 Prozent Gebühr kostet. „Das Wichtigste ist die Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Klassen – und diese Entscheidung nehmen ETFs einem nicht ab“, unterstreicht aber Meyer zu Drewer. Für unerfahrene Anleger bergen Indexfonds daher auch Risiken, zumal sich derzeit ein gefährlicher Trend abzeichnet: Im Kampf um Kunden kopieren die Anbieter immer häufiger die Strategie Zertifikatebranche, indem sie Indexfonds auf Trendthemen lancieren: Ob BRICs, Wasseraktien, Private Equity oder ShortDax und LevDax: Ein Indexfonds ist mitunter riskanter und weniger diversifiziert, als es das Etikett „Index“ suggeriert. Auch die Wahl des richtigen Anbieters kann entscheidend sein. Zwar sollte das Produkt den zugrunde liegenden Index nahezu eins zu eins abbilden, aber das gelingt unterschiedlich gut. „Anleger sollten sich genau anschauen, wie die Performance des ETFs im Vergleich zum Index gewesen ist“, sagt Meyer zu Drewer. „Denn in der Abbildungsqualität gibt es durchaus Unterschiede.“ Wie gut oder schlecht dies dem Anbieter gelungen ist, dokumentiert die Kennziffer des „Tracking Errors“, die Anleger ebenfalls direkt bei den Anbietern nachlesen können. Unterschiedliche Kursentwicklungen hängen in erster Linie mit den unterschiedlichen Methoden der Anbieter zusammen, den Index nachzubilden. Dabei sind auch die Philosophien der Anbieter unterschiedlich. „Natürlich ist es unser Ziel, den Index nahezu identisch abzubilden“, sagt db-x-trackers-Chef Michalik. „Aber wir haben mit unserem Indexfonds auf den Euro Stoxx 50 netto nach Gebühren seit Auflage vor acht Monaten um rund 0,5 Prozent besser abgeschnitten als der Index inklusive Dividenden selbst.“ Der ETF bleibe zwar weiterhin 100 Prozent passiv, sei aber durch die Deutsche Bank bei der Einnahme von Dividenden im Vorteil gegenüber dem Index. Es lauern für die Anleger weitere Fallstricke: Die in Irland aufgelegten Ishares-Fonds von Barclays Global Investors unterscheiden sich von den deutschen aufgelegten ehemaligen Indexchange-ETFs im Management, den rechtlichen Strukturen und den steuerlichen Implikationen für die Anleger. So setzen die irischen Fonds beispielsweise darauf, Zusatzerträge durch Wertpapierleihe zu erwirtschaften. Sie verleihen dabei in einem für Fondsbesitzer risikolosen Geschäft die im ETF enthaltenen Wertpapiere gegen eine Leihgebühr. Die Folge: Der Ishares MSCI Turkey-Indexfonds schnitt netto nach Gebühren binnen elf Monaten dank hoher Leiherträge um 1,7 Prozentpunkte besser ab als der Index inklusive Dividenden selbst. Die deutschen Indexchange-Produkte hingegen zielen wegen der anderen steuerlichen Rahmenbedingungen auf Dividendenoptimierung. Für Investoren wichtig bei der Auswahl des richtigen Produktes sind auch die Qualität und die Zusammensetzung des Index. Je breiter der Index gestreut ist, desto besser. Mancher vermeintlich diversifizierte Index entpuppt sich so als gefährliche Einzelwette, denn im Gegensatz zu aktiven Fonds dürften Indexfonds einen Wert auch mit mehr als zehn Prozent des Fondsvermögens gewichten. Im über einen Branchen-ETF zugänglichen Branchenindex Euro Stoxx Healthcare für Pharmawerte entfallen beispielsweise 55 Prozent auf den französischen Sanofi-Aventis-Konzern, im Branchen-ETF für europäische Automobilkonzerne 33 Prozent auf DaimlerChrysler. Ganzes anders im japanischen Topix-Index: Er enthält rund 1700 Werte. Einen Unterschied gibt es auch bei den Dividendenzahlungen. Während die meisten der ETFs die Dividenden ausschütten, gibt es auch Produkte die Dividenden wieder investieren. „Preisindizes sind leichter nachzubilden“, sagt Meyer zu Drewer. „Allerdings wird bei den thesaurierenden Produkten dem Anleger die Entscheidung abgenommen.“ Weiterer Vorteil: „Bei thesaurierenden ETFs fallen keine Kosten für die Wiederanlage an“, sagt Peter Binz, Geschäftsführer der unabhängigen Finanzberatung Trigonus ETF Management. Langfristig zündet jedoch nur die konsequente Wiederanlage von Ausschüttungen den für die Gesamtrendite wichtigen Zinseszinseffekt – thesaurierende Fonds haben daher die Nase stets vorne. Daran ändert sich auch durch die Einführung der Abgeltungsteuer nichts. Noch in den Kinderschuhen steckt das Projekt Sparpläne auf Indexfonds. Dabei gibt es für die Anbieter – außer den Transaktionskosten – auch nichts zu verdienen. Durch die Steilvorlage des Gesetzgebers öffnet sich derzeit aber ein anderer neuer Markt: Indexfonds dienen als günstige Zielfonds für aktiv verwaltete Dachfonds, sodass auf Ebene des Anlegers keine steuerschädlichen Umschichtungen anfallen. Mit dem ETF-Dachfonds von Veritas, einer Tochter der französischen Société Générale, ist bereits ein Produkt am Markt – und am Ruder ist mit Markus Kaiser einer des besten Dachfondsmanager der letzten Jahre. „Mit ETFs können wir die Struktur des Dachfondsportfolios in unterschiedlichen Marktsituationen blitzschnell verändern. Dabei steuern wir die Aktien- und Rentenfondsquote flexibel je nach Marktentwicklung zwischen 0 und 100 Prozent“, sagt Kaiser, der für die Auswahl und Gewichtung seiner Zielregionen und -branchen ein computergestütztes Modell sowie Trendanalysen einsetzt. Weitere Dachfondslösungen auf ETFs dürften folgen. Die Sorge, dass es angesichts der großen Anzahl von gleichen oder ähnlichen ETFs mittelfristig zu einer Marktbereinigung kommen wird, scheint unbegründet „Es wird keine Konsolidierung geben. Im Gegenteil: Der ETF-Markt weitet sich aus“, glaubt Lyxor-Experte Meyer zu Drewer. Er glaubt deshalb nicht, dass Produkte vom Markt verschwinden. Gleichwohl rät er dazu, bei der Produktsuche auf das ETF-Volumen zu achten. „Je größer das Produkt, umso unwahrscheinlicher ist es, dass es vom Markt verschwindet“, so der Lyxor-Experte.

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