Investmentlegende Marc Faber "Ich traue überhaupt keiner Papierwährung"

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Viele Regierungen wollen jetzt massiv sparen.

Ankündigen kann man viel.

Was ist, wenn sie es wirklich tun?

Das würde die Weltwirtschaft temporär drücken, ganz klar. Langfristig wäre eine Sanierung der Staatshaushalte natürlich richtig, nicht über Steuererhöhungen, sondern nur über eine wesentliche Reduzierung der Staatsausgaben.

Wird die kommen?

Nein, in Amerika ist das höchst unwahrscheinlich, wohl auch in Deutschland. Staatsangestellte und Beamte haben eine starke Lobby.

Bankvolkswirte schließen eine neue Rezession aus. Mit Blick auf deren Trefferquote heißt das, dass es eine geben wird.

Dass wir nochmals eine Krise haben werden, da bin ich sicher. Wir werden gar noch einen gewaltigen Schlamassel erleben. Der Zeitpunkt ist aber noch nicht so klar. In der Zwischenzeit kann viel passieren. Wir werden große Schwankungen haben. Es ist schon in Ordnung, negativ zu sein. Das bin ich auch. Aber wenn ich eine Rally habe von 80 Prozent, wie im S&P seit März 2009 und meine Kunden halten in dieser Zeit 100 Prozent Bargeld, dann hab ich schon nach einem Jahr keine Kunden mehr. Es ist schön, akademisch zu argumentieren, aber man muss auch praktisch handeln.

Die wirtschaftlichen Frühindikatoren signalisieren deutlich schwächeres Wachstum weltweit, Geldmengen und Bankkredite schrumpfen, die Konjunkturpakete laufen aus, die Finanzierungskosten der Unternehmen steigen.

Im den nächsten sechs Monaten wird sich das Wachstum wieder abschwächen. Der Prozess hat schon begonnen.

Signalisieren das auch die Schwellenländerbörsen, die seit April schwächer laufen als die Börsen der Industrieländer?

Die nehmen vor allem vorweg, dass sich das Wachstum in China verlangsamt. China wird in der zweiten Jahreshälfte wesentlich geringer wachsen als im ersten Halbjahr, also statt um zehn bis zwölf Prozent nur noch um sechs oder sieben Prozent.

Droht in China ein Crash?

Warnsignale gibt es.

Was könnte ihn auslösen? Der Immobilienmarkt?

Die Lage dort ist höchst nebulös. Man weiß nicht, wie viel Geld die lokalen Regierungen geborgt haben und wie stark sie von Immobiliengeschäften abhängig sind. Am chinesischen Immobilienmarkt hat sich weniger eine Preisblase aufgebaut als eine Angebotsblase, es gibt ein Überangebot. Viele Kredite könnten sich als faul erweisen. Die chinesische Börse entwickelt sich schon seit Monaten schwächer als andere Börsen und ist jetzt nach unten ausgebrochen. Auch der Kupferpreis ist stark gefallen, ebenso der australische Dollar, der stark an der Rohstoffnachfrage hängt. Das sind alles Symptome, die darauf hindeuten, dass es nicht rund läuft in China. Industrierohstoffe würde ich derzeit nicht kaufen.

Drohen in China Unruhen?

Ausschließen kann ich das nicht.

Trotzdem wirken Sie sehr entspannt.

Ich war gerade ein Wochenende zusammen mit bekannten US-Ökonomen wie Nouriel Roubini dem früheren Merrill-Lynch-Volkswirt David Rosenberg und dem Anlagestrategen Gary Shilling. Die sind mit Blick auf Weltwirtschaft, Europa, den Euro und die Anlagemärkte alle extrem negativ gestimmt.

Sie doch auch.

Aber Anlagemärkte können sich anders verhalten als die Wirtschaft. Sicher: Die Geldmenge fällt jetzt und die Finanzpolitik ist relativ restriktiv, weil die großen Hilfspakete eigentlich schon ausgegeben wurden. Doch sobald ein stärkerer Einbruch droht, werden neue Stützungspakete aufgelegt und es wird Geld gedruckt werden.

Geht nichts mehr ohne Gelddrucken?

Bernanke wird argumentieren, dass man die Geldmenge noch wesentlich erhöhen kann, weil man keinen inflationären Druck habe. Und dann ist es denkbar, dass sich die Wirtschaft abschwächt und die Börsen dennoch steigen. Pessimisten wie Rosenberg halten es für möglich, dass der S&P 500 auf 500 Punkte fällt – das wäre ein Minus von 50 Prozent. Doch das erwarte ich nicht. Ich denke, das Börsentief in Amerika und Europa vom März 2009 wird nicht noch einmal erreicht, weil die Notenbanken die Welt mit Geld überschwemmen werden.

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