Kein Kavaliersdelikt Volkssport Versicherungsbetrug lohnt sich nicht

Der große 3D-Fernseher oder das neue Smartphone auf Versicherungskosten - für viele klingt das verlockend, ist aber kriminell. Warum sich Versicherungsbetrug nicht lohnt, wie Versicherer Jagd auf schwarze Schafe machen.

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Quelle: Presse / GDV

In diesem Jahr fiel die Jubelfeier für Fußballtrainer Jürgen Klopp und seine Kicker von Borussia Dortmund aus, sein Team verlor beim DFB-Pokalfinale gegen Bayern München. Vor drei Jahren war Klopps Team gegen die Bayern noch erfolgreich – und das hatte Folgen für die deutschen Versicherer.

Als Dortmund die Bayern im Februar 2011 besiegte, geriet im anschließenden Siegestaumel Jürgen Klopps Brille zwischen die jubelnden Spieler – und ging zu Bruch. Die berühmte Sehhilfe landete im Vereinsmuseum, entsprechende Fotos im Internet - und diese Aufnahmen bescherten den Versicherern viele falsche Schadensmeldungen.

Der Grund: Versicherungsbetrüger hatten sich das Bild der Brille aus dem Netz geladen, um damit ihrer Assekuranz eine kaputte Brille zu melden und Schadenersatz zu bekommen.

In diesen Fällen greift die Haftpflicht nicht
Grundsätzlich gilt: Wer etwas mit Absicht zerstört, muss auch für den Schaden selber aufkommen. Bei Vorsatz zahlt die Versicherung nicht. Quelle: REUTERS
Ebenfalls wichtig zu wissen: Die Haftpflicht erstattet jeweils nur den Istwert eines Gegenstandes, nicht den Neuwert. Quelle: dpa
Wer länger ins außereuropäische Ausland muss, sollte sich seine Versicherung noch einmal ganz genau ansehen. Bei vielen Versicherungen gilt der Schutz außerhalb der EU nämlich nur für ein Jahr. Wer beruflich in die USA muss und dort nach zwei Jahren einen Schaden verursacht, muss also im schlimmsten Fall selber zahlen - trotz abgeschlossener Haftpflicht. Quelle: dpa
Und noch eine schlechte Nachricht für Haftpflichtversicherte: Die Police deckt zwar viele Bereiche des Lebens ab, aber eben nicht alle: das Internet bleibt außen vor. Wer - unabsichtlich - einen Virus weiterverteilt und damit materiellen Schaden anrichtet, kann als Verursacher haften. Ob er den Virus programmiert hat, spielt in dem Fall keine Rolle. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Auch für Schäden, die von Kindern unter sieben Jahren verursacht werden, zahlen die Versicherer in der Regel nicht. Kinder ab dem siebten Lebensjahr sind über die Haftpflichtversicherung der Eltern mitversichert. Quelle: dpa
Haftpflichtversicherungen übernehmen teilweise Schäden, die von Haustieren verursacht werden. Wird allerdings ein Mensch von einem Tier gebissen oder anderweitig verletzt, muss der Halter, sofern er keine Tierhalter-Haftpflichtversicherung besitzt, für Arztkosten und Schmerzensgeld selber aufkommen. Quelle: dpa
Auch für Schäden, die durch ein Auto entstehen, haftet die Privathaftpflichtversicherung nicht. Dabei ist es egal, ob man nun einen Unfall verursacht, sich ein paar Kratzer eingefangen oder Öl verloren hat. In diesen Fällen wird der Schaden über die KFZ-Haftpflichtversicherung abgewickelt. Quelle: dpa

Klar, dass den Versicherern die Betrugsversuche mit der berühmten Brille auffielen. So leicht sind Versicherungsbetrügereien jedoch nicht immer aufzudecken.

Schaden von vier Milliarden Euro

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2011 davon aus, dass vermutlich jeder zehnte gemeldete Schaden betrügerisch ist. Jährlich entsteht so ein Schaden in Höhe von schätzungsweise vier Milliarden Euro.

Arten des Versicherungsbetrugs

Versicherungsbetrug beschäftigt und belastet aber nicht nur die Versicherung, sondern auch die ehrlichen Versicherungskunden. Denn jede Versicherung basiert auf dem Solidaritätsprinzip.

Das heißt: Alle Versicherten zahlen in den Topf der Versicherung, damit die Geschädigten im Versicherungsfall den Schaden ersetzt bekommen. Das Risiko verteilt sich also auf das gesamte Versichertenkollektiv.

Durch Versicherungsbetrug entstehen der Versichertengemeinschaft aber hohe Kosten - die sich letztlich in unnötig hohen Beiträgen widerspiegeln.

Wenig Unrechtsbewusstsein

Versicherungsbetrug ist aber nicht nur moralisch und ökonomisch verwerflich, sondern auch juristisch. Das scheint vielen Versicherten nicht ganz klar zu sein. „Versicherungsbetrug ist für die meisten Deutschen in seiner Schwere gleichzusetzen mit Schwarzfahren oder falschen Angaben in der Steuererklärung“, sagt Jürgen Engel, als Vorstand der Ergo-Versicherung zuständig für Unfall und Schaden.

Die zehn größten Versicherungsirrtümer
Irrtum 10: Auch ein beschädigtes Fahrrad wird von der Hausratversicherung übernommenEs lohnt sich, bei einem teuren Fahrrad eine zusätzliche Versicherung abzuschließen, denn nur von wenigen Versicherungen werden die Drahtesel überhaupt mit in die Police aufgenommen. Grundsätzlich kostet es einen Prämienaufschlag. Es gibt aber nichts, wenn das Fahrrad beschädigt ist, und auch nichts, wenn Sattel oder Luftpumpe gestohlen wurden. Eine Haftpflichtversicherung hingegen deckt zumindest die Kosten, die anderen entstehen. Ein Fahrrad ist nur dann aus "Hausrat" versichert, wenn es durch einen Brand zerstört wird oder bei einen Wohnungseinbruch entwendet wird. Es ist aber ein Irrglaube, dass es auch in einem umzäunten Garten mitversichert wäre. Quelle: dpa
Irrtum 9: Eine Haftpflichtversicherung übernimmt alle SchädenFalsch. Eine Haftpflicht übernimmt nur dann einen Schaden, wenn man selbst für diesen Schaden hätte eintreten müssen. Das gilt nicht für Umzugshelfer: Theoretisch müsste er dafür haften, wenn er einen Gegenstand kaputt macht, allerdings hat der Gesetzgeber insbesondere Umzugshelfer geschützt, so dass der Geschädigte keinen Anspruch auf Schadensersatz hat. Dieser Anspruch entsteht erst, wenn eine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, dann haftet der Umzugshelfer, allerdingt springt dann seine private Haftpflichtversicherung ein. Quelle: dpa
Irrtum 8: Kfz-Versicherungen können nur zum Jahresanfang gewechselt werdenDen Einheitstermin zum 1.1. gibt es. Mittlerweile bieten aber immer mehr Versicherer an, einen beliebigen Monatsanfang zu wählen. Dieser Einheitstermin war vor allem für die Autoversicherer eine Vereinfachung, schreibt die Gothaer Versicherung. "Denn ebenfalls zum 1. Januar legen sie gemeinschaftlich neue Typ- und Regionalklassen für Autos und Zulassungsbezirke fest." Vorteile des flexiblen Termins gibt es vor allem dann, wenn die Jahresprämie auf einmal ausgezahlt werden soll. Außerdem kann es zu einer finanziellen Entspannung kommen, wenn sich die "Hauptfälligkeiten" bei Belastungen besser verteilen lassen. Ein Nachteil ist es beispielsweise, dass die alte Übersichtlichkeit verloren geht - Fristen muss der Autohalter selbst im Auge behalten. Quelle: AP
Irrtum 7: Berufsunfähigkeitsversicherungen sind unbezahlbarDas ist definitiv falsch. Sie wird aber - mit ansteigendem Alter - immer teurer. Das gilt auch, wenn Vorerkrankungen bekannt sind. Dann gibt es einen Risikozuschlag von bis zu 100 Prozent und kann Prämien verdoppeln. Teurer kann eine Berufsunfähigkeitsversicherung auch werden, wenn der Arbeitnehmer einen besonders gefährlichen Beruf ausübt. Deshalb gilt: Je eher damit begonnen wird in eine Berufsunfähigkeitsversicherung einzuzahlen, umso geringer sind die monatlichen Prämien. Quelle: dpa
Irrtum 6: Für Wasserschäden haftet immer die HausratversicherungEine Hausratversicherung springt nur dann ein, wenn die Schäden durch Leitungswasser entstehen. Werden die Schäden etwa durch Starkregen oder Schnee verursacht, muss die Hausrat nicht zahlen. Es handelt sich dabei durch sogenannte Elementarschäden. Quelle: dpa
Irrtum 5: Kinder sind nur bis zum Schulende mitversichertNicht ganz. Das Schulende bedeutet nicht automatisch das Ende der Mitversicherung bei den Eltern. Es ist für eine Haftpflichtversicherung egal, ob das Kind - während Lehre oder Studium - bei den Eltern wohnt oder eine eigene Wohnung besitzt. Es ist allerdings wichtig, dass es sich um eine Erstausbildung handelt und zwischen den Ausbildungsabschnitten keine großen Unterbrechungen liegen. Ein Jahr wäre in Ordnung, erst wenn nach der Beendigung ein Beruf ausgeübt wird, entfällt die Mitversicherung. Ähnliches gilt für die Rechtsschutz-Versicherung bis zum 25. Lebensjahr. Quelle: dpa
Irrtum 4: Nach einem Unfall wird eine feste und vorher vereinbarte Summe ausgezahltNur, wenn der Unfall zu körperlichen Einschränkungen geführt hat, greift die Unfallversicherung. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass darüber vor Gericht häufig gestritten wird - denn es muss nicht alles, was wie ein Unfall aussieht, auch einer sein, zumindest nicht im Sinne der Versicherungsbedingungen. Quelle: dpa

Nach Aussagen verschiedener Versicherer haben die Betrügereien in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen. Auch deshalb, weil jeder fünfte Deutsche im Versicherungsbetrug nur ein Kavaliersdelikt sieht. Mehr als 40 Prozent der Deutschen glauben, in der Hausrat- und Haftpflichtversicherung sei es besonders leicht, die Versicherung übers Ohr zu hauen.

Laut GDV-Befragung geben vier Prozent der Haushalte mit einem Schaden in den vergangenen fünf Jahren zu, einen Versicherungsbetrug begangen zu haben. Weitere sieben Prozent wissen von einem Versicherungsbetrug, elf Prozent wollten sich zu dieser Frage nicht äußern.

Nach Angaben von Jürgen Engel ist Versicherungsbetrug ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das in allen gesellschaftlichen Schichten gleichermaßen vorkommt.

Überwiegend Gelegenheitsbetrüger

Meist handelt es sich um Gelegenheitstäter. Nach den Erkenntnissen der Versicherer liegt einem Betrugsversuch in fast zwei Drittel der Fälle ein tatsächlicher Schaden zugrunde. Dabei wird der vorhandene Schaden benutzt, um alte Schäden ebenfalls geltend zu machen - oder um den vorhandenen Schaden aufzubauschen. Seltener sind die Vortäuschung eines Versicherungsschadens oder die absichtliche Herbeiführung eines Schadens.

Letztere haben nach Aussagen der Versicherer immer wieder Saison. „Der schnelle Fortschritt in Technik und Unterhaltungselektronik weckt bei einigen Kunden den Wunsch, stets das neueste Smartphone, Tablet oder den Flachbildfernseher zu besitzen“, sagte Ergo-Vorstand Engel bereits im Januar. „So wird voraussichtlich auch die Fußball WM 2014 in Brasilien, die erstmalig in 3D ausgestrahlt werden soll, ein Großereignis, das zu einem deutlichen Anstieg der gemeldeten Schäden an Fernsehgeräten führen wird.“

Vorsicht vor" Autobumsern"

Einem Bericht der „Westdeutsche Allgemeinen Zeitung“ zufolge berichten Sachverständige von einem sprunghaften Anstieg der Fallzahlen in den vergangenen Wochen.

Ähnliche Häufungen registriert der Versicherungsverband GDV bei Smartphones, Digitalkameras oder Tablet-Computern, wenn Nachfolgemodelle auf den Markt kommen. Dann häufen sich die gemeldeten Schadenfälle. Laut GDV ergab eine Überprüfung innerhalb der Versicherungsbranche, dass von 2000 gemeldeten Smartphone-Schäden mehr als die Hälfte zweifelhaft ist. Die Beschreibung der Versicherten, wie es zur Beschädigung des Gerätes gekommen ist, passte nicht zum tatsächlichen Schaden am Smartphone.

Diese Versicherungen können Sie sich schenken
Platz zehn: Die GlasbruchversicherungEine Glasbruchversicherung lohnt sich eigentlich nur, wenn Sie einen Wintergarten besitzen oder ihr gesamtes Haus verglast ist – womöglich noch mit verspiegeltem Spezialglas. Andernfalls ist es deutlich günstiger, wenn Sie eine kaputte Scheibe selber bezahlen, als jeden Monat ein paar Euro dafür zu zahlen, dass Sie vielleicht einmal eine Scheibe ruinieren. Quelle: Bund der Versicherten e.V. Quelle: dpa
Platz neun: Die BrillenversicherungWer eine Brillenversicherung abschließt, bekommt den Wert seiner Brille im Schadensfall nicht vollständig ersetzt. Die Versicherung zahlt ein neues Gestell, wenn die Brille zerbrochen oder beschädigt oder mindestens zwei Jahre alt ist. Einfache Gläser gibt es nur bei Beschädigung oder einer deutlichen Sehstärkenveränderung (mindestens 0,5 Dioptrien). Wer spezielle Gläser oder eine schicke Fassung statt des Kassenmodells will, zahlt kräftig dazu. Also ganz so, wie beim Brillenkauf an sich auch. Quelle: dpa
Platz acht: Die KrankenhaustagegeldversicherungOb die Krankenhaustagegeldversicherung die finanzielle Grundlage fürs tägliche Obst oder für das Fernsehgerät im Krankenhaus sein muss, ist mehr als fraglich. Mit diesem Argument bieten jedenfalls Versicherer solche Policen an. Quelle: dpa
Platz sieben: Die ReisegepäckversicherungWer sein Reisegepäck gegen Diebstahl und Schaden versichern will, muss es trotzdem hüten, wie seinen Augapfel. Sonst zahlt die Versicherung nämlich nicht. Koffer dürfen nicht unbeaufsichtigt sein, Wertgegenstände sind in der Regel nur unzureichend mitversichert. Grundsätzlich werfen die Versicherer ihren Kunden gerne vor, grob fahrlässig mit dem Gepäck umgegangen zu sein. Der Geschädigte muss das Gegenteil beweisen können. Quelle: dapd
Platz sechs: Die Handyversicherung Wer ein Handy versichern möchte, sollte wissen, dass er bei Verlust oder Diebstahl nur den aktuellen Wert, nicht aber den Kaufpreis zurückerstattet bekommt – und den auch nicht vollständig. Ein neues Handy zu kaufen, dürfte nervenschonender sein. Quelle: AP
Platz fünf: Die Hochzeits-Rücktrittskostenversicherung Wenn eine Hochzeit platzt, ist das für alle Beteiligten schon unschön genug. Eine Versicherung, die die Stornokosten für Partylocation, Hochzeitstorte und Kleid anteilig übernimmt, macht es auch nicht besser. Schon gar nicht, wenn sie nur dann greift, wenn Braut oder Bräutigam schwer erkranken oder die Wohnung des Brautpaares am Hochzeitsmorgen in Flammen steht. Quelle: dpa
Platz vier: Die Versicherung gegen „häusliche Notfälle“ Sie haben sich ausgesperrt? Ihre Heizung ist ausgefallen? In solchen und anderen Fällen werden Sie vermutlich einen Notdienst rufen. Zwar kostet das mehr als der Handwerker üblicherweise, aber in finanzielle Not geraten Sie damit sicherlich nicht. Deshalb wird sich eine Versicherung gegen „häusliche Notfälle“ kaum für Sie auszahlen. Denn die träte auch nur begrenzt ein. Mieter müssen ohnehin nicht für Schäden an Mietsachen aufkommen, die sie nicht selbst verursacht haben. Quelle: dpa

Organisierte Banden

Seltener, dafür aber umso dramatischer, sind organisierte Betrügerbanden. Vor allem sogenannte „Autobumser-Banden“ treiben ein gefährliches Spiel. Sie provozieren an geeigneten Verkehrspunkten Autounfälle – und riskieren dabei durchaus auch Personenschäden.

Die Versicherungsbranche geht davon aus, dass jeder achte bis zehnte Verkehrsunfall in Deutschland nach Manipulation riecht. Der GDV schätzt, dass allein durch Betrug der Kfz-Versicherung ein Schaden von jährlich zwei Milliarden Euro entsteht. Der Großteil davon soll auf vorsätzlich herbeigeführte Unfälle entfallen.

Deshalb haben die Assekuranzen in ihren Abteilungen zur Betrugsbekämpfung aufgerüstet - und sie kennen alle Tricks der Versicherungsbetrüger. Wer auffliegt, bleibt nicht nur auf dem Schaden sitzen, sondern muss auch die Ermittlungskosten wie den beauftragten Gutachter und die Arbeit der Versicherungsdetektive bezahlen. Zudem kann ihm die Versicherung kündigen und Strafanzeige stellen.

Null Toleranz

Erst kürzlich gab die Allianz Deutschland bekannt, eine Null-Toleranz-Strategie gegenüber Versicherungsbetrügern zu verfolgen. Betrüger dürfen selbst bei Bagatellschäden kein Pardon erwarten. Für Europas größten Versicherungskonzern ist die Betrugsabwehr ein lohnendes Geschäft.

„Unsere konsequente Betrugsabwehr verhindert über alle Versicherungsparten hinweg jährlich unrechtmäßige Auszahlungen im unteren dreistelligen Millionenbereich, Tendenz steigend“, sagt Alexander Vollert, Vorstandschef der Allianz-Versicherungs-AG. Seit einigen Jahren intensiviert die Allianz ihren Kampf gegen Versicherungsbetrug. So hat das Unternehmen die Zahl seiner Betrugsabwehrspezialisten um ein Drittel erhöht und setzt jetzt auch auf spezielle Außendienstmitarbeiter zur Betrugsermittlung vor Ort.

Weil sich das Geschäft lohnt, treiben die Versicherungskonzerne erheblichen Aufwand, um Betrügern auf die Schliche zu kommen. Für die betrugsanfällige Sparte der Autoversicherung etwa haben die großen Assekuranzen Testlabore gegründet, in denen typische Autoschäden untersucht werden. So können die Versicherer mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, wie ein Autoschaden aussehen muss, damit er zu einer Unfallbeschreibung passt. Schnell fällt auf, wenn ein Kunde versucht, auch Vorschäden am Auto einem Versicherungsfall unterzujubeln.

Manche Analysemethoden können selbst ehrlichen Versicherungskunden ein mulmiges Gefühl bescheren. So finden schon bei der Aufnahme eines Schadens die ersten automatisierten Prüfungen auf Betrugsverdacht per Software und Datenbankabfrage statt.

Indizien: Nachfragen des Kunden zum Versicherungsschutz kurz vor dem Schadenfall, mehrere gemeldete Schäden in den vorangegangenen Monaten oder Zeugen, die mit dem Geschädigten verwandt oder befreundet sind.

Ergibt sich ein Anfangsverdacht, wird der Schadensfall zum Prüffall. Eingereichte Unterlagen, Schaden und Schadenhergang werden eingehender begutachtet und analysiert. Der Sachbearbeiter kontrolliert Beziehungen der an dem Fall beteiligten Personen, auch mittels Internetrecherche und Facebook. Ermittler können eingeschaltet oder Sachverständige hinzugezogen werden.

Was bei der Kündigung von Versicherungen zu beachten ist
Krankenkassenkarten von gesetzlichen Krankenkassen Quelle: dpa
Kündigungsfristen einhaltenUnabhängig davon, ob es um eine ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen geht oder eine sogenannte Sonderkündigung, weil beispielsweise die monatlichen Beiträge erhöht wurden, wichtig ist, die Kündigungsfristen einzuhalten. Wird der Termin verpasst, ist die Kündigung unwirksam und der Vertrag verlängert sich. Die meisten Policen wie die Kfz-Versicherung haben eine dreimonatige Kündigungsfrist, bei Lebensversicherungen ist es dagegen ein Monat - nachschauen ist also unerlässlich. . Quelle: Fotolia
Formalien beachtenAußerdem müssen sowohl ordentliche als auch Sonderkündigungen schriftlich erfolgen. Ein Anruf bei der Assekuranz oder eine E-Mail reichen nicht aus. Es ist außerdem ratsam, die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein zu verschicken. So können Sie im Zweifelsfall nachweisen, dass Sie fristgerecht gekündigt haben. Quelle: Fotolia
Kündigungsgrund BeitragserhöhungEin Grund für eine sogenannte Sonderkündigung ist beispielsweise die Erhöhung der Versicherungsbeiträge. Wer einen Brief von seinem Versicherer bekommt, dass es künftig teurer wird, hat das Recht, die Police - auch vorzeitig - zu kündigen. Die Kündigung muss allerdings spätestens einen Monat nach Bekanntgabe der Erhöhung stattfinden. Zwei Jahre lang zahlen und dann bemängeln, dass es zu teuer ist, geht nicht. In einem solchen Fall müssen Sie ordentlich - sprich: ein bis drei Monate vor Vertragsende - kündigen. Quelle: Fotolia
Ein Feuerwehrmann steht am 13.01.2013 neben einem verunglückten Personenwagen auf der Bundesautobahn A 38 bei Friedland (Niedersachsen). Quelle: dpa
Kündigungsgrund: VertragsbruchSollte sich die Versicherung widerrechtlich vor einer Schadensregulierung drücken, hat der Kunde das Recht, den Vertrag sofort zu kündigen. Gleiches gilt natürlich auch für die jeweilige Assekuranz, falls der Versicherungsnehmer sich nicht an den Vertrag hält. Quelle: Fotolia
Gebrauchtwagen verschiedener Marken stehen am Dienstag, 5. Februar 2002, bei einem Audi-Haendler in Koblenz zum Verkauf. Quelle: AP

Datenabgleich und Analyse

Zunehmend kommt dabei auch großen Datenbanken eine wichtige Rolle zu. Mit einer Analysesoftware erkennen sie typische Muster in vielen Betrugsfällen, zum Beispiel typische Formulierungen in der Beschreibung eines erfundenen Schadenhergangs.

Zudem gibt eine Datenbank der Versicherungswirtschaft Auskunft über bestimmte Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Kunden, etwa verdächtige Schadenmeldungen bei anderen Versicherungen der gleichen Sparte. Hat der Kunde zum Beispiel bei anderen Kfz-Versicherern bereits verdächtige Schäden gemeldet, gibt die Software einen Hinweis.

Ehrlich währt am längsten

Verbreitet sind auch Belegfälschungen. Einfach ist die Entlarvung, wenn die Angaben auf der Quittung nicht plausibel sind.

So ist es schon vorgekommen, dass Betrüger Rechnungen mit falschem Datum ausstellen. Der GDV berichtet auch von Fällen, in denen Euro und D-Mark verwechselt wurden oder fünfstellige Postleitzahlen angegeben wurden, obwohl es zum angegebenen Rechnungsdatum lediglich vierstellige Postleitzahlen gab.

Im Zweifelsfall fordern die Betrugsspezialisten Originalabschriften der Rechnungen beim angegebenen Händler an. Aber auch aufwendige Analysen mittel Farb- und Infrarot-Videobildsystemen nehmen die Versicherungen vor. Damit lassen sich Änderungen an Belegen durch unterschiedliche Tinte und Schriftbilder sichtbar machen.

Hohes Misstrauen

Die Wahrscheinlichkeit, mit Versicherungsbetrug aufzufliegen, ist also relativ hoch. Vor allem bei Schäden an technischen Geräten wie Laptops und Smartphone sind die Versicherungen misstrauisch.

In einer Sonderuntersuchung stellte der GDV fest, dass von 1000 Versicherungsfällen, in denen Versicherte Ersatz für einen beschädigten Laptop verlangten, mehr als ein Drittel nachweislich betrügerisch waren. In fast jedem zehnten Fall gab der Versicherte seine Forderung auf, nachdem die Versicherung eine weitere Begutachtung angekündigt hatte. Unter dem Strich erfolgte in 45 Prozent der Fälle keine Schadenregulierung.

Drei Viertel der Versicherungsbetrüger hätte übrigens keinen Betrugsversuch unternommen, wenn sie die Konsequenzen vorher gekannt hätten. Insbesondere mit einer Strafanzeige und einer Kündigung der Police rechnet laut GDV-Umfrage die große Mehrheit der Gelegenheitskriminellen nicht.

Versicherungsbetrug wird für die Täter also zunehmend riskant, vor allem durch moderne Ermittlungstechniken, intelligente Datenanalyse und erweiterte Abteilungen zur Betrugsabwehr. Wer beim Versicherungsbetrug erwischt wird, muss zudem mit hohen Kosten und juristischen Schritten bis hin zur strafrechtlichen Verurteilung rechnen.

Fazit: Versicherungsbetrug lohnt sich nicht und schadet zudem dem Solidaritätsprinzip, auf dem jede Versicherung basiert. Ehrlich währt immer noch am längsten.

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