Krankenversicherung So zahlen Selbstständige weniger Beitrag

Karten verschiedener Krankenkassen Quelle: dpa

2018 ändern sich die Regeln in der gesetzlichen Krankenkasse: Selbstständige müssen mit stärkeren Schwankungen rechnen - können bis Jahresende den Beitrag aber drücken.

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Selbstständige müssen nicht gesetzlich krankenversichert sein. Viele sind es trotzdem: Sie fürchten starke Beitragsanstiege in der privaten Krankenversicherung, die mitunter nur in jungen Jahren Beitragsersparnisse bringt. Entscheiden sich Selbstständige für eine gesetzliche Krankenkasse, sind sie dort in aller Regel freiwillige Mitglieder. Und damit müssen sie sich zum Jahreswechsel auf eine große Änderung einstellen.

Ein im April 2017 in Kraft getretenes Gesetz, das Heil- und Hilfsmittelverordnungsgesetz, ändert nämlich die Regeln für die Beitragsberechnung. Die Änderung wirkt sich 2018 zum ersten Mal aus. Der Übergang bietet Selbstständigen eine Chance: Steuern sie ihre Einnahmen und Ausgaben so, dass sie dieses Jahr mehr und nächstes Jahr weniger verdienen, können sie Krankenversicherungsbeiträge sparen. Darauf weist Marcel Radke, Steuerberater bei WK+KN Wagner Winkler & Collegen aus Regensburg hin.

Generell gilt, dass Selbstständige und Freiberufler auf verschiedenste Einkommensarten Krankenversicherungsbeiträge zahlen müssen. Neben dem Einkommen aus ihrer Berufstätigkeit, sind auch Miet- und Kapitalerträge beitragspflichtig. Auf all diese Einkünfte fallen 14,0 Prozent (beim Verzicht auf einen Krankentagegeld-Anspruch) oder 14,6 Prozent Beitragssatz (mit Krankentagegeld) an, zuzüglich eines kassenabhängigen Zusatzbeitrags. Anders als bei Angestellten, wo der Arbeitgeber die Hälfte des Beitragssatzes (ohne Zusatzbeitrag) zahlt, schießt niemand etwas zu. Allerdings werden maximal Einkünfte bis zur Beitragsbemessungsgrenze herangezogen. 2017 liegt diese bei 4350 Euro im Monat, 2018 dann bei 4425 Euro.

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Bei niedrigeren Einkünften wird weniger mit Beiträgen belastet. Mindestens fallen diese aber auf ein angenommenes Einkommen von 2231,25 Euro an. So hoch ist die Mindestbemessungsgrundlage für hauptberufliche Selbstständige 2017 (2018: 2283,75 Euro). In Einzelfällen, bei besonderen sozialen Härten, können geringere Werte angesetzt werden. Nur bei Existenzgründern, die einen Gründungszuschuss erhalten, wird generell weniger angenommen. Hier liegt der Mindestwert 2017 bei 1487,50 Euro.

Weil das Einkommen von Selbstständigen - anders als bei den meisten Angestellten - teils stark schwankt, ist die Beitragsberechnung schwierig. Schon bisher und auch in Zukunft werden die Beiträge erst einmal anhand des letzten vorliegenden Steuerbescheids festgesetzt. Es kann also gut sein, dass die Beiträge im Jahr 2017 sich noch am Steuerbescheid für 2015 orientieren. Liegt noch gar kein aussagekräftiger Steuerbescheid vor  - weil jemand sich gerade erst selbstständig gemacht hat - muss geschätzt werden.

Stellte sich letztlich heraus, dass die tatsächlichen Einkünfte von den anhand des vorliegenden Steuerbescheids ermittelten Werte abwichen, wurde bislang weder zu viel gezahlter Beitrag erstattet, noch wurde - abgesehen von Ausnahmefällen (Beitragsfestsetzung unter Vorbehalt, Berufseinsteiger) - zu gering gezahlter Beitrag nachgefordert. Im Einzelfall ließen Kassen sich zwar darauf ein, dass Selbstständige ihnen geringere, als die angenommenen Einkünfte nachwiesen und dann weniger Beitrag zahlen mussten. Einen sicheren Anspruch darauf gab es aber nicht.

Künftig rückwirkende Anpassung der Beiträge

Nun ändert sich das grundlegend. Beiträge werden künftig rückwirkend angepasst. "Das bedeutet, dass die Krankenversicherungsbeiträge nur noch vorläufig festgesetzt werden", sagt Steuerberater Radke. "Die definitive Beitragshöhe ergibt sich später rückwirkend anhand der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen aus dem Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr." Die Beiträge im Jahr 2018 würden also erst einmal vorläufig festgesetzt und stünden erst definitiv fest, wenn der Steuerbescheid für 2018 vorliegt.

Das klingt fairer, bringt aber Nachteile mit sich. So haben Selbstständige deutlich weniger Planungssicherheit. Läuft eine im Aufbau befindliche Erwerbstätigkeit gut, so dass die Einnahmen steigen, aber noch unter der Beitragsbemessungsgrenze liegen, sind künftig dann Nachzahlungen fällig. Viele Selbstständige dürften das nicht auf dem Schirm haben. "Es sollten hier unbedingt Rücklagen gebildet werden", rät Radke. Bei rückläufigen Einnahmen dürfen Selbstständige vom kommenden Jahr an dafür wenigstens auf Beitragserstattungen hoffen.

Gleichzeitig bietet der Wechsel der Berechnungsregeln eine Chance. Denn wenn Selbstständige ihre Einnahmen in diesem Jahr zu Lasten der Einnahmen im kommenden Jahr steigern, bringt ihnen das einen Vorteil. Weil die Kassen bislang ja keine Beiträge nachfordern, wenn die 2017 gezahlten Beiträge eigentlich zu niedrig waren, entsteht dieses Jahr kein Nachteil. Im kommenden Jahr würden die Beiträge aber letztlich sinken, weil die Kassen dann zu viel gezahlte Beiträge nachträglich erstatten, sobald der Steuerbescheid vorliegt.

"All diejenigen, die ihren Gewinn in Form einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, können ihre Einnahmen und Ausgaben noch entsprechend verschieben", beschreibt Radke die Strategie. Ausgangsrechnungen sollten möglichst noch dieses Jahr gestellt und vom Rechnungsempfänger bezahlt werden. Eingangsrechnungen sollten Selbstständige möglichst erst im kommenden Jahr begleichen. Auch mit einem Investitionsabzugsbetrag ergeben sich Gestaltungsmöglichkeiten. Dahinter verbirgt sich ein steuerlicher Abzugsposten, der für geplante Anschaffungen im Voraus angesetzt werden darf. Hier wäre es sinnvoll, einen solchen dann eher im kommenden Jahr und nicht noch 2017 zu nutzen.

Moralische Bedenken dürften die wenigsten Selbstständigen dabei haben. Jahrelang war das System nicht gerecht. Da erscheint es nachvollziehbar, nun einmalige Optimierungschancen auch tatsächlich zu ergreifen. Denn klar ist auch: Nach dem Jahresübergang ist die Chance verstrichen. In Zukunft würden Einkommensverschiebungen zwischen Jahren nur noch selten Vorteile bringen. Allenfalls die Verschiebung von Einnahmen in Jahre, in denen ohnehin der Höchstbeitrag anfällt, kann dann noch sinnvoll sein, um über mehrere Jahre betrachtet weniger an die Kasse zahlen zu müssen.

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