Nur etwa jeder zehnte Deutsche besitzt eine private Krankenvollversicherung. Die überwiegende Mehrheit ist gesetzlich versichert – und muss sich deshalb an bestimmten Leistungen ihrer Kasse durch Zuzahlungen beteiligen. Doch viele Bundesbürger wollen sich vor hohen Kosten schützen und haben deshalb eine sogenannte Krankenzusatzversicherung abgeschlossen. Die Nachfrage steigt: Mehr als 25 Millionen solcher Extra-Policen gab es Ende vergangenen Jahres und damit so viele wie noch nie.
Das Angebot ist schwierig zu überschauen und nicht jede Versicherung ist für jeden nötig oder auch nur sinnvoll. „Versicherte sollten abwägen, was sie in finanzielle Bedrängnis bringen würde, wenn sie bestimmte Leistungen aus der eigenen Tasche bezahlen müssten“, rät die Stiftung Warentest und warnt: „Die Tarife leisten oft viel weniger, als sie versprechen.“
Viele gesetzliche Krankenkassen arbeiten mit privaten Versicherern zusammen und bieten ihren Mitgliedern auch nur die Versicherungen dieser Unternehmen an. Doch wer eine Zusatzversicherung abschließen will, ist an diese Auswahl nicht gebunden, sondern kann auch selbst recherchieren und bei anderen Anbietern unterschreiben. Experten raten, immer mehrere Tarife zu vergleichen anstatt nur ein Angebot der eigenen Krankenkasse einzuholen. In vielen Fällen sind andere Anbieter günstiger als die vorgeschlagenen Kooperationspartner.
Zu den gefragtesten Zusatzversicherungen zählen Policen für stationäre Behandlungen, also die Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus und die Versorgung durch einen Chefarzt oder Oberarzt. So können sich gesetzlich Versicherte wie Privatpatienten behandeln lassen. Davon profitieren vor allem diejenigen, die bei einer schweren Erkrankung schnell von ihrem bevorzugten Spezialisten behandelt werden wollen. „Chefarzthonorare kann der Patient kaum selbst zahlen. Sie können bei aufwändigen Behandlungen etliche tausend Euro betragen“, warnt die Stiftung Warentest.
Und Jens Trittmacher, Jurist beim Bund der Versicherten (BdV), rät: „Wenn Sie ein anderes Krankenhaus wählen als das in der Einweisung des Arztes genannte, dann achten Sie darauf, dass die Differenzkosten erstattet werden.“ Ob dagegen die Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer eigens versichert werden muss, sollte im Einzelfall durchgerechnet werden. Schließlich können Patienten diesen Sonderwunsch bei Bedarf auch ohne Versicherung bekommen und einfach aus eigener Tasche zahlen – meist liegt der Preis dafür nicht allzu hoch.
Zusätzlich versichern lassen sich auch ambulante Kosten: für Sehhilfen wie Brillen und Kontaktlinsen zum Beispiel, für Naturheilverfahren und Behandlungen durch den Osteopathen und Heilpraktiker sowie für Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen, die nicht durch die regulären Krankenkassen übernommen werden. Das Kleingedruckte regelt dann etwa, wie oft solche Leistungen in Anspruch genommen werden und wie teuer sie sein dürfen. „Wer großen Wert auf Naturheil-Behandlungen legt, für den können entsprechende Versicherungen sinnvoll sein“, sagt Philipp Opfermann, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Trotzdem gibt es hier viele Unterschiede: Wo liegt die Erstattungs-Höchstgrenze? Kann ich zu jedem Heilpraktiker gehen oder nur zu Ärzten mit zusätzlicher Heilpraktiker-Ausbildung?“
Große Preisunterschiede
Während manche Versicherungen diese Bereiche einzeln abdecken, bieten viele Kassen auch Paketlösungen an. Das Ratinghaus Franke und Bornberg hat für das Handelsblatt mehr als 30 Krankenzusatzversicherungen unter die Lupe genommen. Im ambulanten Bereich wurde dafür der Musterfall eines Versicherten durchgerechnet, der bei Vertragsabschluss 30 Jahre alt ist und das Leistungsspektrum Sehhilfen, Naturheilverfahren und Vorsorge abdecken will. Am besten schnitten unter den 32 bewerteten Tarifen der „MED Komfort-U“ von der Axa Krankenversicherung und der „AmbulantPLUS“ von der Signal Krankenversicherung ab, gefolgt vom „Ambulant Best (AB02)“ der Allianz Private Krankenversicherungs-AG. Die schlechtesten Noten erhielten der „Praxis Top“ von der Envivas und der „EG Basis“-Tarif von der Alte Oldenburger Krankenversicherung.
Vor allem bei den Naturheilverfahren konnte die Axa mit einem hohen Erstattungsprozentsatz und einer Vielzahl an abgedeckten alternativen Heilmethoden punkten. Die Signal bekam die volle Punktzahl im Teilbereich Sehhilfen. Beim Baustein „Vorsorge“ lagen die Barmenia Krankenversicherung und die DEVK vorn.
Zudem waren die Tarife der Gesamt-Testsieger vergleichsweise günstig. Da einige Tarife wie eine Lebensversicherung mit Altersrückstellungen kalkuliert werden und andere darauf verzichten, legten die Rating-Statistiker eine Beitragssumme vom Eintrittsalter 30 bis zum Alter von 80 Jahren zu Grunde. Wer also heute im Alter von 30 Jahren die Versicherung bei der Signal abschließt, würde im Laufe von 50 Jahren etwa 15.000 Euro an Beiträgen zahlen; bei der Axa sogar rund 1.000 Euro weniger. Damit kosten die am besten bewerteten Tarife nur etwa ein Fünftel der teuersten untersuchten Versicherung: Das Angebot der Concordia Krankenversicherungs-AG schlägt mit mehr als 72.000 Euro zu Buche.
Im stationären Bereich bewerteten Franke und Bornberg das Preis-Leistungsverhältnis von 35 Tarifen, die den Patienten die Behandlung durch den Arzt ihrer Wahl und die Unterbringung im Einbettzimmer erstatten. Testsieger waren hier die DFV Deutsche Familienversicherung mit dem Tarif „KlinikSchutz Premium“ und der „pro care Klinikschutz Premium“ von der Domcura (DFV) mit gleicher Punktzahl. Insgesamt erhielten zwölf Angebote die Bestnote. Schlusslicht waren die Central Krankenversicherung und die WGV-Versicherung, die als einzige nur die Bewertung „ausreichend“ bekamen. Auch hier lagen die Gesamt-Beitragszahlungen über eine Laufzeit von 50 Jahren weit auseinander: Die günstigsten Tarife kosten knapp 18.000 Euro, die teuersten mit etwa 42.000 mehr als doppelt so viel.
Übersicht – Policen für den ambulante Leistungen
Krankenzusatzversicherungen für den ambulanten Bereich | ||||
Gesellschaft | Tarif/Tarif-Kombination | Beitrag 30-Jährige/r aktuell | Beitragszahlungen über 50 Jahre gesamt | Gesamtnote |
Axa Krankenversicherung AG | MED Komfort-U |
23 € |
13.902 € | sehr gut |
SIGNAL Krankenversicherung a.G. | AmbulantPLUS |
16 € |
14.966 € | sehr gut |
Private Krankenversicherungs-AG | Ambulant Best (AB02) |
19 € |
11.400 € | sehr gut |
Württembergische Krankenversicherung AG | NaturMedPlus |
16 € |
9.792 € | sehr gut |
LVM Krankenversicherung AG | A&O, Natur, Check |
31 € |
18.504 € | sehr gut |
Barmenia Krankenversicherung a.G. | AN+, PRAEVI+ |
36 € |
24.584 € | sehr gut |
DEVK Krankenversicherungs-AG | ET-G Plus, S-G2, Z-G, VT-G |
42 € |
24.918 € | sehr gut |
Gothaer Krankenversicherung AG | MediAmbulant; MediPrävent Premium |
38 € |
22.788 € | gut |
Bayerische Beamtenkrankenkasse AG | NaturPRIVAT, VorsorgePRIVAT |
30 € |
23.619 € | gut |
UKV - Union Krankenversicherung AG | NaturPRIVAT, VorsorgePRIVAT |
30 € |
23.619 € | gut |
Continentale Krankenversicherung a.G | CEK-PLUS-U |
26 € |
15.522 € | gut |
DKV Deutsche Krankenversicherung AG | KABN |
28 € |
26.727 € | gut |
uniVersa Krankenversicherung a.G. | uni-med|-Exklusiv |
32 € |
26.825 € | gut |
Nürnberger Krankenversicherung AG | AMed,SuH,VORS |
35 € |
23.792 € | gut |
WGV-Versicherung AG | ambulante Zusatzversicherung |
14 € |
14.405 € | gut |
Debeka Krankenversicherungsverein a.G. | EAplus |
39 € |
23.580 € | gut |
R+V Krankenversicherung AG | Blick+Check premium (BC1U); NaturMedizin (N1U) |
51 € |
30.858 € | gut |
Münchener Verein Krankenversicherung a.G. | Sehhilfen und Hilfsmittel (173), Naturmedizin (178), Vorsorge (172) |
55 € |
32.982 € | gut |
Advigon Versicherung AG | privat ambulant alternativmedizin spezial (AH), vorsorge spezial (AV) |
31 € |
24.655 € | gut |
Inter Krankenversicherung aG | APP |
71 € |
50.676 € | gut |
ARAG Krankenversicherungs-AG | 483, V100 |
53 € |
31.710 € | befriedigend |
Concordia Krankenversicherungs-AG | AZ TOP, AZN, AZSH, AZP |
64 € |
72.200 € | befriedigend |
VGH Krankenversicherung | top fit, ZE50u |
35 € |
20.862 € | befriedigend |
Central Krankenversicherung AG | Plan1, PlanA |
59 € |
35.316 € | befriedigend |
Süddeutsche Krankenversicherung a.G. | WG, Naturprivat |
31 € |
18.762 € | befriedigend |
HUK Coburg Krankenversicherung AG | AZZ PremiumPlus |
32 € |
19.458 € | befriedigend |
Pax Familienfürsorge Krankenversicherung AG | AZZ PremiumPlus |
35 € |
20.952 € | befriedigend |
HanseMerkur Krankenversicherung AG | EST |
23 € |
13.728 € | ausreichend |
Ergo Direkt Versicherungen | AZB, AZE |
15 € |
9.282 € | ausreichend |
Hallesche Krankenversicherung a.G. | AE.3 |
17 € |
9.984 € | ausreichend |
Alte Oldenburger Krankenversicherung AG | EG Basis |
14 € |
8.178 € | ausreichend |
Envivas Krankenversicherung AG | Praxis Top |
32 € |
19.074 € | ausreichend |
Übersicht – Policen für den stationäre Leistungen
Krankenzusatzversicherungen für den ambulanten Bereich | ||||
Gesellschaft | Tarif/Tarif-Kombination | Beitrag 30-Jährige/r aktuell | Beitragszahlungen über 50 Jahre gesamt | Gesamtnote |
Axa Krankenversicherung AG | MED Komfort-U |
23 € |
13.902 € | sehr gut |
SIGNAL Krankenversicherung a.G. | AmbulantPLUS |
16 € |
14.966 € | sehr gut |
Private Krankenversicherungs-AG | Ambulant Best (AB02) |
19 € |
11.400 € | sehr gut |
Württembergische Krankenversicherung AG | NaturMedPlus |
16 € |
9.792 € | sehr gut |
LVM Krankenversicherung AG | A&O, Natur, Check |
31 € |
18.504 € | sehr gut |
Barmenia Krankenversicherung a.G. | AN+, PRAEVI+ |
36 € |
24.584 € | sehr gut |
DEVK Krankenversicherungs-AG | ET-G Plus, S-G2, Z-G, VT-G |
42 € |
24.918 € | sehr gut |
Gothaer Krankenversicherung AG | MediAmbulant; MediPrävent Premium |
38 € |
22.788 € | gut |
Bayerische Beamtenkrankenkasse AG | NaturPRIVAT, VorsorgePRIVAT |
30 € |
23.619 € | gut |
UKV - Union Krankenversicherung AG | NaturPRIVAT, VorsorgePRIVAT |
30 € |
23.619 € | gut |
Continentale Krankenversicherung a.G | CEK-PLUS-U |
26 € |
15.522 € | gut |
DKV Deutsche Krankenversicherung AG | KABN |
28 € |
26.727 € | gut |
uniVersa Krankenversicherung a.G. | uni-med|-Exklusiv |
32 € |
26.825 € | gut |
Nürnberger Krankenversicherung AG | AMed,SuH,VORS |
35 € |
23.792 € | gut |
WGV-Versicherung AG | ambulante Zusatzversicherung |
14 € |
14.405 € | gut |
Debeka Krankenversicherungsverein a.G. | EAplus |
39 € |
23.580 € | gut |
R+V Krankenversicherung AG | Blick+Check premium (BC1U); NaturMedizin (N1U) |
51 € |
30.858 € | gut |
Münchener Verein Krankenversicherung a.G. | Sehhilfen und Hilfsmittel (173), Naturmedizin (178), Vorsorge (172) |
55 € |
32.982 € | gut |
Advigon Versicherung AG | privat ambulant alternativmedizin spezial (AH), vorsorge spezial (AV) |
31 € |
24.655 € | gut |
Inter Krankenversicherung aG | APP |
71 € |
50.676 € | gut |
ARAG Krankenversicherungs-AG | 483, V100 |
53 € |
31.710 € | befriedigend |
Concordia Krankenversicherungs-AG | AZ TOP, AZN, AZSH, AZP |
64 € |
72.200 € | befriedigend |
VGH Krankenversicherung | top fit, ZE50u |
35 € |
20.862 € | befriedigend |
Central Krankenversicherung AG | Plan1, PlanA |
59 € |
35.316 € | befriedigend |
Süddeutsche Krankenversicherung a.G. | WG, Naturprivat |
31 € |
18.762 € | befriedigend |
HUK Coburg Krankenversicherung AG | AZZ PremiumPlus |
32 € |
19.458 € | befriedigend |
Pax Familienfürsorge Krankenversicherung AG | AZZ PremiumPlus |
35 € |
20.952 € | befriedigend |
HanseMerkur Krankenversicherung AG | EST |
23 € |
13.728 € | ausreichend |
Ergo Direkt Versicherungen | AZB, AZE |
15 € |
9.282 € | ausreichend |
Hallesche Krankenversicherung a.G. | AE.3 |
17 € |
9.984 € | ausreichend |
Alte Oldenburger Krankenversicherung AG | EG Basis |
14 € |
8.178 € | ausreichend |
Envivas Krankenversicherung AG | Praxis Top |
32 € |
19.074 € | ausreichend |