Für Lottospieler hat sich zuletzt viel verändert. Statt Lottofee Franziska Reichenbacher gibt es jetzt Glücksritter Chris Fleischhauer. Abwechselnd mit Nina Azizi moderiert der 31-Jährige die Live-Ziehung im Internet. Denn auch das ist neu, die Lottosendung im Fernsehen mit Reichenbacher ist nur noch eine Zusammenfassung. Trotz der vielen Änderungen hat eines seine Anziehungskraft behalten: die lebenslange Sofortrente.
Diesen Begriff werden wohl die meisten zunächst mit Gewinnspielen assoziieren. Kaum einer hat damit noch nicht geliebäugelt. Zu verlockend ist die Vorstellung, seinen Lebensunterhalt auf Dauer von einer Lottogesellschaft zu bekommen. Die monatliche Sofortrente von Lottogesellschaften wie der Glücksspirale, Aktion Mensch oder ähnliche Angebote wie der Renten-Joker von der Norddeutschen Klassenlotterie (NKL) sollen das möglich machen.
In der Theorie klingt es zu schön, um wahr zu sein. Die Glücksspirale, nach eigenen Angaben die Gesellschaft mit den höchsten lebenslangen Rentengewinnen in Deutschland, lockt mit einer lebenslangen Sofortrente von mindestens 7500 Euro monatlich, bei der Aktion Mensch sind es immerhin bis zu Fünftausend Euro monatlich, allerdings bis zu einem Höchstbetrag von einer Million Euro.
Gerade in Zeiten mit niedrigen Zinsen bei gleichzeitiger Inflation scheinen derartige Aussichten verlockend. Schließlich hat Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, erst in der vergangenen Woche angekündigt, dass die Zeit des billigen Geldes und der damit verbundenen niedrigen Zinsen noch lange nicht vorbei ist. Negative Realzinsen drohen, alle regulären Altersvorsorge-Versuche zunichte zu machen.
Wer träumt da nicht von derartigen Lotteriegewinnen. Ein Glückspilz, der tatsächlich die im Fall der Glücksspirale siebenstellige Gewinnzahl richtig tippt, hat im wahrsten Sinne des Wortes das große Los gezogen. Er kann wählen zwischen einer Einmalzahlung in Höhe von 2,1 Millionen Euro - da es sich um einen Lotteriegewinn handelt, ist der Betrag steuerfrei – oder monatlichen Renten von mindestens 7500 Euro. Hier werden laut der zuständigen staatlichen Lotterieverwaltung Bayern „für den jeweiligen Ertragsanteil Steuern fällig“.
Erst seit 2005 zahlt die Glücksspirale die Höhe der Rente aus einem Kapitalstock von jeweils 2,1 Millionen Euro. Seitdem wurden nach eigenen Angaben insgesamt 70 Sofortrenten ausgezahlt.
Den Kapitalstock überweist die Lottogesellschaft für den Gewinner an den Versicherer Atlanticlux. Je nach Alter und Geschlecht bekommt der Gewinner aus diesem Kapitalstock die monatlichen Beträge ausgezahlt. Laut Informationen der Glücksspirale bekäme eine 18-jährige Gewinnerin monatlich 7537 Euro, bei einer 50-Jährigen wären es bereits 8427 Euro. Männer dürfen sich jeweils über etwas mehr freuen – aufgrund der niedrigeren Lebenserwartung rechnet man mit einem früheren Ende der Zahlung.
Lebenslang immer schwieriger
Rechnerisch reicht der reine Kapitalstock bei einer 18-Jährigen daher gerade einmal etwas mehr als 23 Jahre. Dann ist die Gewinnerin 41 Jahre alt, hat also noch einen großen Teil ihres Lebens vor sich. Allerdings legt die Versicherung das Geld natürlich an, dank Zinsen fließt die Rente deutlich länger. Deswegen ist die lebenslängliche Zahlung der Sofortrente nach Auskunft der Staatlichen Lotterieverwaltung „unabhängig vom Alter ihres/r Gewinners/in garantiert“.
Eines steht dennoch fest: Angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen dürfte es für die Versicherung Atlanticlux immer schwieriger werden, den Kapitalstock in Höhe von 2,1 Millionen Euro so anzulegen, dass er ein Leben lang reicht. Bei einer Verzinsung von 2,5 Prozent wäre bei einer monatlichen Auszahlung von 7500 Euro nach etwa 35 Jahren Schluss.
Dennoch bietet die monatliche Auszahlung Vorteile. Schließlich endete das Glück vieler Lotto-Glückspilze anders als erhofft. Entweder der Gewinn wurde schnell verprasst, oder der Freundeskreis hat sich innerhalb kurzer Zeit auf wundersame Weise verdoppelt. Oft tauchen auch vermeintliche Geldanlageberater auf, die den glücklichen Gewinnern angeblich lukrative, häufig aber hochriskante Anlageprodukte aufschwatzen wollen. Wer also zu exzessiven Investitionen und Shoppingtouren angesichts unerwartet hoher Kontostände neigt, sollte lieber die monatliche Rentenvariante wählen.
Gewinner, die mit Geldanlagethemen vertraut sind, fahren mit der Einmalzahlung möglicherweise sogar besser. Wer sein Geld in einem Mischdepot anlegt, ähnlich wie es die WirtschaftsWoche bereits mehrfach vorgestellt hat, umschifft selbst Krisen. Seit Anfang 2008 brachte ein solches Depot aus Aktien (30 Prozent), Anleihen (30 Prozent), Gold (25 Prozent) und Tagesgeld (15 Prozent) immerhin pro Jahr 6,2 Prozent Rendite ein. Wer die Einmalzahlung der Lottogesellschaft auf diese Weise anlegt, kann seinen Gewinn schon innerhalb von sechs Jahren auf über drei Millionen Euro steigern - vorausgesetzt, er spart nur an und verzichtet auf Auszahlungen.
Träumerei nicht praxistauglich
Klingt zwar alles sehr verlockend – praxistauglich sind derartige Zahlenspielchen und Träumereien allerdings nicht. Einer der Gründe liegt auf der Hand: Glücksspiel bleibt Glücksspiel und kann süchtig machen. Darauf weisen auch die Lottogesellschaften hin. Zum anderen liegt beispielsweise bei der Glücksspirale die Gewinnwahrscheinlichkeit für die Sofortrente nach eigenen Angaben bei eins zu fünf Millionen. Nur jedes fünfmillionste Los öffnet demnach die Tür für eine lebenslange Sofortrente. Rein rechnerisch müssen insgesamt über 25 Millionen Euro investiert werden, bis ein Gewinn dabei rausspringt. Das es auch anders geht, bewies ein Spieler im Jahr 2010. Er spielte denselben Lottoschein zweimal und gewann auf die Weise zwei Sofortrenten mit einem Schein.
Sofortrente vom Versicherer
So viel Glück hat allerdings nicht jeder. Die meisten spielen lange, ohne nennenswerte Beträge zu gewinnen. Bei mehr als fünf Euro pro Los pro Woche kommen schnell hohe Ausgaben zusammen, im Jahr sind das bereits 260 Euro. Allein wer diesen Betrag von seinem 18. Lebensjahr an jedes Jahr bis zum Rentenalter anlegt und breit streut, kommt bei einem durchschnittlichen Zins von vier Prozent bis zum Rentenalter immerhin auf knapp 38.000 Euro. Wer Glück hat und gut streut, ähnlich wie beim oben beschriebenen Mischdepot, kann so über 50.000 Euro ansparen - durch Verzicht auf den Lottoschein.
Dieses Ersparte wiederum ließe sich ebenfalls in eine Sofortrente investieren. Denn auch Versicherungen bieten sogenannte Sofortrenten an. Diese Rentenversicherungen gegen Einmalbeträge bieten eine Garantie auf eine lebenslange Rente. Die Zahlung beginnt sofort nachdem die Einzahlung erfolgte und setzt sich in der Regel aus einem garantierten Teil und aus Überschüssen zusammen. Verbraucherschützer warnen allerdings: "Ähnlich wie bei normalen Lebensversicherungen sind auch bei Sofortrenten in der Regel hohe Provisionen fällig", sagt Niels Nauhauser, Geldanlageexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Allerdings hat die Sofortrente auch Vorteile. Insbesondere umgeht sie das Problem, dass das Geld irgendwann ausgeht. Ein Banksparplan etwa, bei dem ebenfalls einmalig eine Geldsumme eingezahlt wird, läuft irgendwann aus - nämlich genau dann, wenn der Anleger älter wird, als erwartet. Stirbt der Anleger allerdings vor Ende des Sparplans, kann das Geld an die Nachkommen vererbt werden. Das funktioniert bei der Rentenversicherung gegen Einmalzahlung nicht.
Alt werden ist Trumpf
Wie die meisten Vorsorgeprodukte ist auch die Sofortrente eine Wette auf ein langes Leben. Im ungünstigsten Fall stirbt der Anleger bereits kurz nach der Einzahlung. Die Zeitschrift "Ökotest" hat vor einiger Zeit berechnet, ab wann sich Sofortrenten bei einem Einzahlbetrag von 40.000 Euro lohnen. Wird lediglich die Garantieverzinsung zugrunde gelegt, war ein 80-jähriger Versicherte bei den meisten Tarifen immer noch im Verlustbereich. Alt werden ist also Trumpf.