Mythos oder Wahrheit Sicherheit ist relativ

Um ihr Geld müssen sich die fleißigen deutschen Sparer keine Sorgen machen. Auf Sparbuch und Tagesgeldkonto liegt es sicher. Wären da nicht Nullzinsen, Inflation und realer Negativzins. Doch es gibt Wege aus der Misere.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Sparkassen schließen auf lange Sicht Negativzinsen nicht mehr aus. Quelle: dpa

Düsseldorf Wenn es ums Sparen geht, macht den Deutschen so schnell niemand etwas vor. Jahr für Jahr legen sie gut zehn Prozent ihrer Einkünfte zur Seite. Der Großteil davon landet auf Sparkonten. Doch dort liegt das stattliche Vermögen der Bundesbürger mittlerweile mehr oder weniger unverzinst herum. Aber immerhin ist es sicher, denn auf Sicherheit legen die Anleger allerhöchsten Wert. Ein Grund, warum die Deutschen Aktien meiden, sind nämlich die Kursschwankungen, die sie als Risiko empfinden. Das kann auf dem Sparkonto nicht passieren.

Doch ist das Geld auf dem Sparkonto wirklich sicher? „Das ist der Fall“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. „Einzelne Bankpleiten sind durch die Einlagensicherung abgedeckt.“ Allerdings gilt das nur bis zu einer bestimmten Summe. „Durch die gesetzliche Einlagensicherung in Deutschland ist der Nominalwert von Sparanlagen zumindest bis zu einer Summe von 100.000 Euro gut abgesichert“, ergänzt Commerzbank-Chefanlagestratege Chris-Oliver Schickentanz.

Dieses Geld ist also grundsätzlich erstmal sicher. Aber kann sich das ändern? Ja, aber das ist relativ unwahrscheinlich. „Erst wenn das gesamte Finanzsystem zu hoch verschuldet ist, wird es gefährlich“, sagt Chefvolkswirt Kater. Die Stabilität des Finanzsystems habe sich in den vergangenen Jahrzehnten zwar verschlechtert, sei aber immer noch ausreichend zur Sicherung der Spareinlagen. „Allerdings muss weiter aufgeräumt werden in den Bilanzen des Systems, und auch die Geldpolitik muss sich dringend wieder normalisieren, sonst sieht es irgendwann einmal düster aus“, sagt er.

Und genau diese Geldpolitik ist ein großes Problem für Sparer. Die Notenbanken haben die Zinsen in der Krise mehr oder weniger abgeschafft. Das sollte der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen, trifft aber gerade Sparer über Gebühr hart. Erste Banken haben sogar bereits Negativzinsen eingeführt. Auch wenn das bisher die Ausnahme ist und meist nur Konten mit extrem hohem Guthaben bestraft werden, hier schrumpft die angesparte Summe auf jeden Fall Jahr für Jahr ein bisschen.


Der Realzins ist längst negativ

Im Grunde ist das Geld also nur sicher, wenn es auf einem Konto bei einer Bank liegt, die keine Negativzinsen verlangt. „Das gilt ja nicht mehr für alle deutsche Banken“, gibt Ralf Zimmermann vom Bankhaus Lampe zu bedenken. Außerdem sei das Geld auf dem Sparbuch auch nur sicher, „wenn man die realen Verluste aufgrund der Geldentwertung verdrängt beziehungsweise in Kauf nimmt.“

Und das ist das größere Problem. Negativzinsen mögen für normale Privatkunden bisher die Ausnahme sein, aber der reale Zins ist längst ins Minus gerutscht. Der Grund: Die Inflation zieht kräftig an. Weil die EZB die Zinsen bei null hält, droht das Vermögen der Sparer spürbar zu schrumpfen. Zum Jahreswechsel ist die Inflation mit 1,7 Prozent gestiegen, immerhin der höchsten Stand seit Juli 2013. Gleichzeitig verharren die Zinsen nahe an der Nulllinie.

Für die Sparer heißt das, dass sie real Geld verlieren. Und die Wertvernichtung ist dramatisch, schließlich horten die Bundesbürger mehr als fünf Billionen Euro. Bei einer Inflationsrate von einem Prozent verliert ihr Vermögen 50 Milliarden Euro an Wert – und das pro Jahr. Bei 1,5 Prozent sind es sogar 75 Milliarden Euro. Die Renditen von Spareinlagen und Anleihen reichen einfach nicht aus, um die Inflationsrate auszugleichen – die Sparer verlieren also real Geld. Doch diese reale Vermögensentwicklung hätten Anleger oft nicht im Blick, sagt Commerzbank-Experte Chris-Oliver Schickentanz. „Da Sparbuch und Tagesgeld mittlerweile eine Verzinsung spürbar unterhalb der Teuerung abwerfen, geht Kaufkraft und damit Vermögenssubstanz verloren.“

Der Ausweg? Für Sparer wird es schwierig. Denn Aktien sind für viele Deutsche immer noch keine Alternative. Die Zahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfonds ist im Jahr 2016 stabil geblieben, wie das Deutsche Aktieninstitut berechnet hat. Im Jahresdurchschnitt lag sie bei knapp neun Millionen und damit auf demselben Stand wie im Jahr zuvor. Das sind 14 Prozent der Bevölkerung, also jeder siebte Bürger. Wenn die Sparer Aktien also nach wie meiden, bleibt nur, das Geld möglichst auf Konten zu legen, die wenigstens noch ein bisschen Zinsen abwerfen.


Die besten Konditionen für Tages- und Festgeld

Die Frankfurter FMH-Finanzberatung analysiert die Angebote der Banken. Mit den Vergleichsrechnern können Anleger auf die Suche nach Top-Zinsen gehen. Wobei „top“ mittlerweile relativ ist. Für Tagesgeld liegt der durchschnittliche Zins nur noch bei 0,18 Prozent. Aber die Spanne liegt zwischen null und 1,2 Prozent. Ein Wechsel kann sich also durchaus lohnen.

Ähnlich sieht es beim Festgeld aus. Wer sein Geld für drei Monate fest anlegt, bekommt im Schnitt mickrige 0,1 Prozent, die Top-Offerte liegt aber bei 0,85 Prozent. Wer sechs Monate Laufzeit wählt, bekommt im Schnitt zwar nur 0,16 Prozent, aber das beste Angebot liegt bei 1,15 Prozent.

Es gilt allerdings auf die Konditionen zu achten. Gelten sie nur für Neukunden und sind zeitlich begrenzt? Wie sieht es danach aus? Auch ein Blick auf die Einlagensicherung lohnt sich und sollte bei ausländischen Instituten Pflicht sein.

Auch beim guten alten Sparbuch lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Bis zu 0,5 Prozent gibt es. Allerdings ist dieses Produkt ziemlich unflexibel. Wer ein Sparbuch hat, kann monatlich nur 2.000 Euro ohne Kündigungsfrist abheben. Wer mehr Geld benötigt, muss entweder drei Monate vorher kündigen oder einen Strafzins beziehungsweise Vorschusszins von 25 Prozent des Guthabenzinses akzeptieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%