Pensionskassen "Noch zwei Jahre bis das Problem durchschlägt"

Der Vorstand der Nestlé Pensionskasse, Peter Hadasch, setzt voll auf Aktien. Den meisten anderen Pensionskassen ist dieser Weg jedoch verbaut. Warum Garantien der Arbeitgeber gefordert sind.

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Der Vorstand der Nestlé Pensionskasse Peter Hadasch Quelle: PR

WirtschaftsWoche: Herr Hadasch, die Börsen haben in den vergangenen Jahren stark geschwankt, der Euro kriselt, und die Zinsen sicherer Anleihen fallen. Was trifft die betriebliche Zusatzversorgung über Pensionskassen am meisten?

Hadasch: Das macht uns alles zu schaffen. Wir haben die gleichen Probleme wie die Lebensversicherer. Früher konnten wir das verwaltete Geld sehr sicher anlegen und damit locker den Zins erreichen, den wir unseren Einzahlern und Rentnern versprochen haben. Für sichere Anlagen hat man oft noch das Doppelte dieses Rechnungszinses bekommen. Jetzt liegt der sichere Zins meist unter dem Rechnungszins. Dazu kommt, dass wir unsere Leistungszusagen über Jahrzehnte geben. Das passt nicht zusammen. Wir haben ein Problem. Das lässt sich nicht von der Hand weisen.

Chancen und Risiken der Betriebsrenten

Haben das schon alle Pensionskassen erkannt?

Eine Besonderheit ist, dass mit den fallenden Anleihezinsen die Kurse langlaufender Anleihen gestiegen sind. Die meisten Pensionskassen halten einen hohen Anteil festverzinslicher Wertpapiere, wie Anleihen. So sind oft stille Reserven entstanden, die viele Kassen über Derivate abgesichert haben. Außerdem müssen Pensionskassen pro Jahr meist nur einen kleinen Teil der Kapitalanlagen neu anlegen. Beides führt dazu, dass die Kassen die niedrigen Zinsen eine Weile abfedern können. Irgendwann müssen die Kassen zu diesen niedrigen Zinsen aber wieder anlegen. Wenn das Umfeld so bleibt, dauert es noch zwei bis drei Jahre bis das Problem richtig durchschlägt.

Die Renditen der größten Pensionskassen

Wie gehen Sie mit dem Problem als Vorstand der Pensionskasse von Nestlé Deutschland um?

Wir müssen nur noch im bescheidenen Ausmaß Gelder neu anlegen, weil wir schon viele Rentner versorgen, sodass die Beiträge der Nestlé-Mitarbeiter gleich in die Renten fließen. Das ist bei vielen Pensionskassen so. Allein deswegen müssen wir weniger Kapital neu anlegen.

Bei den bestehenden Kapitalanlagen setzen Sie stark auf Aktien...

Ja, traditionell liegt der Anteil bei uns bei etwa einem Drittel der Kapitalanlagen. Das erhöht die Schwankungen. Aber es gibt uns auch Hoffnung, auf Dauer Geld zu verdienen.

Nur noch Nullverzinsung garantiert

Zentrale des Lebensmittelkonzerns Nestlé im schweizerischen Vevey Quelle: dpa/dpaweb

Machen Jahre wie 2008, als die Nettorendite bei minus fünf Prozent lag, die Finanzaufsicht BaFin nicht nervös?

Nicht, wenn die Betriebsrenten ausreichend gesichert sind. Für einen so hohen Aktienanteil brauchen Sie eine reiche Mutter. Wir haben eine explizit ausgesprochene Bürgschaft von Nestlé in der Schweiz, dass die für etwaige Verluste aufkommen. Wer auf dem Hochseil unterwegs ist, braucht ein Sicherungsnetz. Viele andere Pensionskassen können gar nicht so viel Aktien kaufen, da die BaFin mit ihren Stresstests da die Finger drauf hat. Ohne Garantien der Arbeitgeber wird es für Pensionskassen künftig noch schwerer, chancenreich zu investieren.

Wie läuft es bei Ihnen in diesem Jahr?

Nach einem neutralen Ergebnis 2011 werden wir dieses Jahr voraussichtlich sieben Prozent Verzinsung schaffen. Im Durchschnitt brauchen wir aktuell etwa 3,5 Prozent Rendite, um den durchschnittlich garantierten Zins für unsere Einzahler und Rentner zu schaffen.

Das ist im aktuellen Umfeld schwierig.

Seit 2006 bekommen Neueinsteiger von uns auch nur noch eine Null-Verzinsung garantiert, bei vielen unserer Rentner liegt der Rechnungszins noch bei vier Prozent. Uns gibt der abgesenkte Rechnungszins mehr Spielraum bei der Kapitalanlage, da wir nicht jedes Jahr den Rechnungszins schlagen müssen, sondern auf Langfristerträge setzen können.

Was kaufen Sie noch, neben Aktien?

Immobilien sind derzeit beliebt, aber schon nicht mehr billig. Auch Investitionen in Infrastruktur, etwa in Flughäfen und Straßen, sind interessant. Noch sind solche Investitionen oft intransparent und sehr teuer. Langfristig ist das für uns aber eine ideale Anlage. Die Staaten werden sich entschulden müssen und können für die Infrastruktur nicht mehr einfach Kapital aufnehmen. In diese Lücke können langfristige Anleger wie Pensionskassen springen.

Nach all den Krisenjahren wollen Vorsorgesparer viel Sicherheit. Pensionskassen werden nur über die Arbeitgeber abgesichert. Reicht das?

Sie brauchen starke Unternehmen, die eine Pensionskasse tragen können – oder einen Zusammenschluss mehrerer Trägerunternehmen. Nicht ohne Grund scheuen viele Unternehmen davor zurück, überhaupt eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten, für die sie selbst Verpflichtungen eingehen. Darüber hinaus diskutieren wir innerhalb der Pensionskassen, eine zusätzliche Absicherung aufzubauen. Die soll greifen, wenn der Arbeitgeber nicht mehr da ist. Ob man das über den existierenden Pensions-Sicherungs-Verein organisiert oder in Eigenregie, ist offen. Wir müssen noch viele Details klären. Das wird uns frühestens in zwei Jahren gelingen.

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