Pflege-Ratgeber Wann die Pflegeversicherung zahlt - und wofür

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Entlastungsleistungen, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege

Frage 7: Gibt es weitere Dinge, die die Pflege erleichtern können?

Über das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen hinaus stehen Pflegebedürftigen und ihren Pflegepersonen verschiedene Leistungen zu. Zum einem haben sie Anspruch auf individuelle Pflegeberatung, die von der Kasse oder sogenannten Pflegestützpunkten organisiert wird. In der Regel sind Pflegepersonen dazu sogar verpflichtet. Außerdem können freiwillig privat Pflegende Kurse und Schulungen absolvieren, um besser auf die Pflege-Aufgabe vorbereitet zu sein. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Leistungen, die den Pflegealltag einfacher machen sollen. Dazu gehören neben den so genannten Entlastungsleistungen die Verhinderungspflege, Tages- und Nachtpflege oder die Kurzzeitpflege. Im Detail:

Betreuungs- und Entlastungsleistungen

Als Entlastungsleistungen versteht man in der Pflege genau das, was das Wort schon sagt: Leistungen zur Entlastung der Pflegenden. Monatlich bis zu 125 Euro können nämlich etwa für haushaltsnahe Dienstleistungen oder Alltagsbegleitung ausgegeben werden.

Beispiel: Herr Maier und seine Frau pflegen seine kranke Mutter. Sie hat Pflegegrad drei. Er kümmert sich um die Mahlzeiten, seine Frau um die Hygiene und Bekleidung. Bislang putzten sie abwechselnd noch die Wohnung. Dafür nutzen sie nun die Entlastungsleistungen. Einmal die Woche kommt jemand vom Pflegedienst und putzt die Zimmer und das Bad. Kostenpunkt: 30 Euro. Auf den Monat gerechnet sind die 125 Euro für Entlastungsleistungen damit genutzt.

Wer seinen monatlichen Anspruch auf Pflegesachleistungen nicht ausreizt, kann übrigens auch bis zu 40 Prozent davon für Betreuungs- und Entlastungsleistungen nutzen. Das heißt, davon könnten über die 125 Euro hinaus etwa Betreuungsleistungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.

Wichtig: Die Dienste, die die Leistung erbringen, müssen von den Pflegekassen anerkannt sein! Eine private Putzfrau zahlt die Pflegekasse nämlich nicht. Kommt aber eine Haushälterin zum Putzen, die beim Pflegedienst arbeitet, dann wird diese als Entlastungsleistung von der Kasse übernommen.

Als Betreuungs- oder Entlastungsleistung gelten neben den Dienstleistungen eines ambulanten Pflegedienstes niederschwellige Betreuungsangebote für demenz- oder psychisch Kranke in gerontopsychiatrischen Zentren. Darüber hinaus können die Gelder für Entlastungsleistungen auch für Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege genutzt werden, wenn die extra dafür zur Verfügung stehenden Beträge nicht ausreichen.

Wichtig: Wer schon in den vergangenen zwei Jahren einen Pflegegrad bzw. -stufe hatte, kann auf diese ungenutzten Leistungen noch zurückgreifen! Zwei Jahre lang ist das möglich. Wer also schon 2015 als pflegebedürftig eingestuft war und die Summen nicht abgerufen hat, kann bis zum 31. Dezember 2018 die Entlastungsleistungen des gesamten Jahres 2015 noch nutzen – etwa für die Reinigungskraft oder die nette Dame, die morgens das Frühstück macht oder nachmittags eine Runde spazieren geht mit dem Pflegebedürftigen.

Weitere Leistungen für Pflegebedürftige

Verhinderungspflege
Pflegende Angehörige können von der Pflegekasse Zuschüsse bekommen, wenn sie krank sind oder in den Urlaub fahren und deshalb die Pflege für diese Zeit an andere übergeben. Für die sogenannte Verhinderungspflege zahlen die Pflegekassen pro Jahr 1612 Euro für bis zu 28 Tage. Wer die Kurzzeitpflege nicht nutzt, kann dieses Geld zusätzlich für die Verhinderungspflege verplanen. Dann erhöht sich der Betrag auf bis zu 2412 Euro für bis zu 42 Tage pro Jahr. Verhinderungspflege kann etwa von anderen Privatpersonen übernommen werden – dann wird das Geld an die pflegenden Angehörigen ausgezahlt – oder einem ambulanten Pflegedienst übertragen werden, dessen Kosten die Pflegekasse dann direkt übernimmt.

Kurzzeitpflege
Braucht ein Pflegebedürftiger etwa nach einem Krankenhausaufenthalt vorübergehend zusätzliche Unterstützung, so können Leistungen für die sogenannte Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich stehen jedem Pflegebedürftigen dafür bis zu 28 Tage Zuschüsse in Höhe von bis zu 1612 Euro zur Verfügung.

Beispiel: Frau Wagner leidet unter Demenz und hat deshalb Pflegegrad drei. Als sie sich ein Bein bricht, braucht sie vorübergehend nach der Entlassung aus dem Krankenhaus Hilfe beim Anziehen und Waschen. Das ging zumeist noch allein, Betreuung war bislang vor allem für Mahlzeiten und Alltagsgestaltung notwendig. Nun, aufgrund des Gipses, ist aber auch dabei vorübergehend Hilfe notwendig. Hier greift die Kurzzeitpflege: Bis zu vier Wochen lang kann die Unterbringung in einer entsprechenden Einrichtung (zumeist ein Pflegeheim) mithilfe der Zuschüsse von bis zu einer Höhe von 1612 Euro bezahlt werden (je nach Pflegegrad).

Wie bei der Verhinderungspflege gilt bei der Kurzzeitpflege anders herum: Werden Leistungen aus der Verhinderungspflege nicht in Anspruch genommen, können diese für die Kurzzeitpflege verwendet werden. So können Pflegebedürftige Zuschüsse zur Kurzzeitpflege von bis zu 3224 Euro für bis zu 65 Tage in Anspruch nehmen.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung und Pflegeunterstützungsgeld
Wer als Pflegeperson zuhause kurzfristig stärker gebraucht wird, weil eine akute Pflegesituation eingetreten ist, kann sich für bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen, wenn es sich um ein pflegebedürftiges Familienmitglied handelt. Den finanziellen Ausgleich übernimmt die Pflegekasse, wenn umgehend ein Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld gestellt wird.

Beispiel: Herr Singers pflegt seinen Vater neben seiner Vollzeitstelle. Dank Pflegedienst-Unterstützung ist das auch kein Problem. Nun erleidet der Vater einen Schlaganfall und braucht kurzfristig eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Um bei seinem Vater sein zu können und sich um die nötigen Behandlungen und Formalitäten zu kümmern, lässt sich Herr Singer für eine Woche unbezahlt bei seinem Arbeitgeber freistellen. Er beantragt deshalb Pflegeunterstützungsgeld bei der Pflegekasse seines Vaters.

Pflegezeit
Eine akute Pflegesituation kann auch einmal länger als zehn Tage andauern – zumindest in abgeschwächter Form. Auch hierfür bietet das Gesetz pflegenden Angehörigen eine Option: die Pflegezeit. Diese ermöglicht es nahen Angehörigen sich für die häusliche Pflege bis zu sechs Monate teilweise oder sogar vollständig von der Arbeit freistellen zu lassen. Auch in den letzten Lebenswochen (bis zu drei Monate) können sich enge Angehörige freistellen lassen, um sich um Pflegebedürftige zu kümmern, die dem Tode nahe sind.
Wichtig: Pflegezeit ist unbezahlt! Die Pflegekasse übernimmt in diesem Fall für die Pflegeperson teilweise die sozialrechtliche Absicherung.

Familienpflegezeit
Auch über einen längeren Zeitpunkt können Pflegende die Arbeitszeit reduzieren, um Beruf und Pflege besser vereinbaren zu können. Wer in einem Unternehmen mit mindestens 26 Beschäftigten arbeitet, hat einen rechtlichen Anspruch darauf, die wöchentliche Arbeitszeit für zwei Jahre auf bis zu 15 Stunden zu reduzieren.

Wichtig: Auch hier gilt: Familienpflegezeit ist unbezahlt!

Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung für Pflegende
Wer pflegt, hat (derzeit ab Pflegegrad 2) unter Umständen Anspruch auf Rentenversicherungsbeiträge, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Grundvoraussetzung dafür ist, dass die regelmäßige Pflege pro Woche mindestens zehn Stunden in Anspruch nimmt und an zwei Tagen in der Woche geleistet wird. Darüber hinaus darf die Wochenarbeitszeit des Pflegenden nicht mehr als 30 Stunden betragen.

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