Private Krankenversicherung Wie trickreich Versicherer Tarifwechsel verhindern

Seite 2/3

Ohne Hilfe wird es schwierig

Die 10 größten Versicherer Europas
AllianzDie Allianz verfügt in Deutschland über die bekannteste Marke im Versicherungssektor. 2010 hat die Gruppe weltweit 5,2 Milliarden Euro verdient und Einnahmen von mehr als 100 Milliarden Euro erzielt. Neben dem Versicherungsgeschäft ist das Management großer Vermögen das zweite Standbein des Konzerns geworden. Mit Pimco besitzt die Allianz den am stärksten beachteten Anleihenmanager. Quelle: Handelsblatt Quelle: dapd
AxaDer größte französische Versicherer konkurriert mit der Allianz um die Marktführerschaft in Europa. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Einnahmen auf 91 Milliarden Euro. Der Gewinn sank um ein Viertel auf 2,75 Milliarden Euro, weil Sanierungsarbeiten nach der Finanzkrise das Ergebnis belasteten. Quelle: Reuters
GeneraliDer Marktführer in Italien ist traditionell stark im Geschäft mit Altersvorsorgeprodukten. 2010 flossen rund 73 Milliarden Euro in die Kassen, 1,7 Milliarden Euro verblieben als Gewinn. Quelle: dpa/dpaweb
AvivaDie britische Gruppe konzentriert sich in Europa neben dem Heimatmarkt auf weitere sieben Märkte: Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Irland, die Türkei und Russland. Die Einnahmen beliefen sich 2010 auf mehr als 50 Milliarden Euro. Rund zwei Milliarden Euro verdiente der Konzern. Quelle: Reuters
Zurich FinancialLängst ist der Versicherer über die Schweiz hinaus gewachsen. International ist die in Dollar bilanzierende Gruppe ein direkter Konkurrent von Allianz und Axa. 2010 flossen umgerechnet 49 Milliarden Euro in das Unternehmen, über zwei Milliarden Euro betrug der Gewinn unter dem Strich. Quelle: Reuters
Munich REDer weltgrößte Rückversicherer hat zwei Standbeine: Das Geschäft mit anderen Versicherern sowie das Privatkundengeschäft, das vor allem über die Tochter Ergo läuft. Mehr als 45 Milliarden Euro an Prämien flossen 2010 in die Kasse, dabei verblieb ein Gewinn von rund 2,4 Milliarden Euro. Quelle: dpa
CNP AssurancesDer Versicherer ist in Frankreich führend im Verkauf von Lebensversicherungen. 33 Milliarden Euro an Prämien fließen im Jahr hinein, eine Milliarde Euro Gewinn zieht der Konzern daraus. Quelle: Screenshot

Wer alleine einen Tarifwechsel bei seinem Versicherer durchsetzen will, hat es sehr schwer. Auch Grabinger ließ sich bei seinem Tarifwechsel von beitragsoptimierung24.de beraten. „Mir war klar, dass man sich verzettelt, wenn man sich als Privatverbraucher lange Briefwechsel mit der Versicherung liefert“, sagt Grabinger. „Der Paragraf 204 ist viel zu schlampig formuliert“, sagt Leissl. Die meisten Verbraucher wüssten deshalb nicht um ihre Rechte bei einem Tarifwechsel. Daher ist es für die Versicherer ein leichtes, die Kunden zu verunsichern. Beispielsweise indem pauschal das erneute Überprüfen des Gesundheitszustands angedroht wird.

Die Crux mit der Gesundheitsprüfung

Denn viele Versicherer verlangen von ihren Kunden im Zuge eines Tarifwechsels erneut eine sogenannte Gesundheitsprüfung, die wiederum darüber entscheidet, wie hoch der Risikozuschlag ausfällt, den der Versicherte zahlen muss. Das dürfen sie zwar, allerdings nur für eventuelle Mehrleistungen des neuen Tarifs. Diesen Zusatz klammern die meisten Versicherer allerdings aus und verschweigen den wechselwilligen Kunden diese Info. „Mit den Gesundheitsprüfungen wird viel Schindluder getrieben“, sagt Leissl. „Die Information, für welche Leistungen die Prüfung erforderlich ist, wird in den Schreiben der Versicherer oft unterschlagen“, sagt auch Birgit Lein von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Das erlebte auch Frau Schneider*, Versicherte bei der Alten Oldenburger. Nachdem die Versicherung ankündigte, zu Jahresbeginn die Beiträge um etwa 70 Euro zu erhöhen, stellte Schneider einen Antrag auf Tarifwechsel. Am Telefon erklärte man ihr, mit einem solchen Umstellungsantrag seien keine weiteren Bedingungen verbunden. Im Antwortschreiben der Alten Oldenburger klang das dann anders. „Den Vorschlag unterbreiten wir ohne Berücksichtigung des derzeitigen Gesundheitszustands. Zur Prüfung der Umstufung benötigen wir anliegendes Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben zurück“, schreibt die Versicherung in einem Brief, der WirtschaftsWoche Online vorliegt.

Da der neue Tarif mehr Leistungen umfasst, darf das Unternehmen zwar eine erneute Gesundheitsprüfung fordern. Allerdings: „Dass die Gesundheitsprüfung sich nur auf die Mehrleistungen beziehen darf, verschweigen die Versicherer oft“, sagt Leissl. Außerdem klärt die Versicherung ihre langjährige Kundin in dem Schreiben nicht darüber auf, dass sie das Recht hat, ungewünschte Mehrleistungen auszuschließen, um der Gesundheitsprüfung zu umgehen. „So ist es aber laut Paragraf 204 vorgesehen“, erklärt Lein.    

Die Alte Oldenburger erklärte dazu auf Anfrage von WirtschaftsWoche Online, sie ermögliche jedem Versicherungsnehmer einen Tarifwechsel unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellungen in Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz. Bei höherem Leistungsumfang oder einem geringeren Selbstbehalt im Zieltarif werde eine Gesundheitsprüfung notwendig. Der Kunde könne aber ablehnen und den Leistungsumfang des Ursprungstarifs beibehalten.

Auch viele Experten raten Tarifwechslern daher von einer Gesundheitsprüfung ab. Schließlich sind es vor allem die älteren Versicherten, die unter den steigenden Gebühren ächzen. Da scheint die Gefahr zu groß, dass Wehwehchen den Preis in die Höhe treiben. Harald Leissl rät seinen Kunden dennoch zu der Prüfung. „Sie können dabei gar nichts verlieren“. Steigt der Risikoaufschlag aufgrund einer zusätzlichen Leistung zu stark, kann Letztere vom Versicherten immer noch abgelehnt werden.

Frau Schneider hat sich mittlerweile Hilfe bei der unabhängigen Plattform „1A Verbraucherportal“ geholt. Ähnlich wie beim Portal beitragsoptimierung24.de werden auch hier Verbraucher beim Wechsel unterstützt. Mittlerweile werden hier über 700 Versicherte zum Thema Tarifwechsel betreut, denn allein haben die meisten gegen die Versicherungen kaum eine Chance.  Aufgrund der vielen Schwierigkeiten gibt es immer mehr von solchen Beratungen, auch das Hamburger Verbraucherportal widge.de gehört dazu.

Zunächst sollten Versicherte selber ihren Wechselwunsch gegenüber der Versicherung äußern, schließlich ist die Leistung der Berater nicht ganz billig. Bleibt eine Reaktion der Assekuranz allerdings aus oder ist das Antwortschreiben für den Kunden schwierig zu verstehen, kann sich die Hilfe eines Beraters oder einer Verbraucherzentrale lohnen. Vorsicht gilt allerdings bei Beratern oder Versicherungsmaklern, die für ihre Hilfe beim Wechsel eine Provision kassieren. Hier besteht die Gefahr, dass der Kunde nicht den für ihn besten Tarif empfohlen bekommt, sondern den, für den der Berater die höchste Provision bekommt. Wer das Geld für einen unabhängigen Honorarberater in die Hand nimmt, geht diesem Problem aus dem Weg.

* Name geändert

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%