Private Krankenversicherung Wie trickreich Versicherer Tarifwechsel verhindern

Viele PKV-Versicherte ächzen unter den steigenden Beiträgen. Ein Tarifwechsel kann zwar helfen, wird von den Kassen aber oft torpediert. Mit welchen Tricks Versicherer arbeiten und welche Rechte PKV-Kunden haben.

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Gerade ältere PKV-Versicherte müssen oft einen großen Teil ihrer Rente für die Versicherungsgebühren berappen. Ein Tarifwechsel kann zwar helfen, ist aber schwierig. Quelle: dpa

Der Schutz gegen Krankheit wird in Deutschland immer teurer, gerade in der Privaten Krankenversicherung (PKV). Erst im Mai haben einige Anbieter ihre Beiträge erhöht, darunter die Continentale und die Bayerische Beamten Krankenkasse (BBKK). Gerade ältere Versicherte sind davon regelmäßig besonders hart betroffen. Bei Selbständigen, die wenig fürs Alter zurücklegen konnten, liegen die PKV-Gebühren schnell in einer ähnlichen Höhe wie die zu erwartende Rente. In Kürze dürfte die Situation noch schlimmer werden, denn im Anschluss an die Bundestagswahl rechnen viele Experten spätestens im Januar nächsten Jahres damit, dass die Versicherungen ihre Beiträge weiter erhöhen werden.  

Auch Christian Grabinger hatte genug. Seit 23 Jahren ist der 47-Jährige Kunde einer Privaten Krankenversicherung, der Central. „Damals schien mir das interessant und günstig, aber heute würde ich das nicht noch mal machen“, sagt Grabinger. Denn mittlerweile muss der Familienvater hohe Beiträge schultern, die laufenden Beitragserhöhungen lagen teilweise bei 20 Prozent in einem Jahr. Am Ende landete er bei über 600 Euro monatlich. Daraufhin entschied er sich für einen Tarifwechsel.

Denn was viele nicht wissen: Versicherte müssen die höheren Kosten nicht schweigend hinnehmen. Denn laut Paragraf 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) steht PKV-Versicherten der Wechsel in einen anderen, oft günstigeren Tarif der jeweiligen Krankenversicherung, gesetzlich zu. Eigentlich ist das eine feine Sache, denn im Gegensatz zum Wechsel zu einer anderen Versicherung kann der Kunde bei einem internen Wechsel seine angesammelten Altersrückstellungen behalten.

Das Problem: Versicherungen sind geübt darin, die Wechselmodalitäten in ihrem Sinne auszulegen, viele halten ihren Kunden Informationen vor oder reagieren gar nicht erst auf den Wechselwunsch eines Kunden. Andere wiederum bieten ihren Kunden nur wenige, dafür oft schlechtere Tarife an. Unvollständige Informationen sind weit verbreitet. Beobachter berichten sogar von Fällen, in denen Wechselwilligen Vertreter geschickt wurden, die mit höheren Beiträgen durch den Wechsel drohten. „Für die Versicherung ist der Wechsel natürlich nicht besonders attraktiv“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Im Zweifel seien die gleichen Leistungen für geringere Gebühren fällig. Außerdem können die Assekuranzen bei günstigeren Tarifen in der Regel weniger Rückstellungen bilden.

Oftmals versuchen es die Versicherungen zunächst mit Ignoranz. Boss berichtet von Kunden, die monatelang auf eine Rückmeldung der Assekuranz warten mussten, nachdem sie ihren Wechselwunsch schriftlich geäußert hatten. „Oft werden den Kunden auch falsche, also nicht passende Ersatztarife angeboten“, sagt Boss. Insgesamt verzeichne der BdV sehr viele Anfragen zu Auseinandersetzungen mit Versicherungen zwecks Tarifwechsels. Gleiches berichtet Birgit Lein von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Die Zahl der Anfragen nimmt stetig zu“, sagt sie.  

Entscheidungshilfe: Gesetzlich oder privat versichern?

Der Verband der Privaten Krankenversicherung sieht die Sache weniger problematisch. „Wir gehen davon aus, dass sich die Unternehmen der Privaten Krankenversicherung im geschilderten Rahmen rechtmäßig verhalten“, erklärt der Verband gegenüber WirtschaftsWoche Online und verweist darauf, dass die Versicherungen dazu verpflichtet seien, ihre Kunden bei jeder Prämienerhöhung auf die Möglichkeit des Tarifwechsels hinzuweisen. Beim Ombudsmann der Privaten Krankenversicherungen, der Schlichtungsstelle der PKV, habe die Zahl der Beschwerden was das Thema Tarifwechselrecht angehe im vergangenen Jahr bei unter 200 gelegen, bei insgesamt neun Millionen Vollversicherten.

Auch Harald Leissl kennt das Problem mit den Wechselverweigerern. Der 56-Jährige ist Vorstand der delegare AG, über das Webportal beitragsoptimierung24.de hilft der unabhängige Honorarberater Verbrauchern beim Tarifwechsel. „Wir hatten in diesem Jahr bereits jetzt doppelt so viele Anfragen wie 2012“, sagt Leissl. Das Thema Tarifwechsel werde bei den Versicherten immer präsenter, die zahlreichen Beitragserhöhungen zwängen viele dazu. Leissl berichtet von Selbständigen, die privat krankenversichert sind, in Kürze in Rente gehen und einen Rentenanspruch haben, der teilweise nicht mal die Hälfte der monatlichen Kosten für die PKV abdeckt. „Der Wechselbedarf der PKV-Versicherten wird in Zukunft noch deutlich zunehmen“, sagt Leissl.  

Ohne Hilfe wird es schwierig

Die 10 größten Versicherer Europas
AllianzDie Allianz verfügt in Deutschland über die bekannteste Marke im Versicherungssektor. 2010 hat die Gruppe weltweit 5,2 Milliarden Euro verdient und Einnahmen von mehr als 100 Milliarden Euro erzielt. Neben dem Versicherungsgeschäft ist das Management großer Vermögen das zweite Standbein des Konzerns geworden. Mit Pimco besitzt die Allianz den am stärksten beachteten Anleihenmanager. Quelle: Handelsblatt Quelle: dapd
AxaDer größte französische Versicherer konkurriert mit der Allianz um die Marktführerschaft in Europa. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Einnahmen auf 91 Milliarden Euro. Der Gewinn sank um ein Viertel auf 2,75 Milliarden Euro, weil Sanierungsarbeiten nach der Finanzkrise das Ergebnis belasteten. Quelle: Reuters
GeneraliDer Marktführer in Italien ist traditionell stark im Geschäft mit Altersvorsorgeprodukten. 2010 flossen rund 73 Milliarden Euro in die Kassen, 1,7 Milliarden Euro verblieben als Gewinn. Quelle: dpa/dpaweb
AvivaDie britische Gruppe konzentriert sich in Europa neben dem Heimatmarkt auf weitere sieben Märkte: Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Irland, die Türkei und Russland. Die Einnahmen beliefen sich 2010 auf mehr als 50 Milliarden Euro. Rund zwei Milliarden Euro verdiente der Konzern. Quelle: Reuters
Zurich FinancialLängst ist der Versicherer über die Schweiz hinaus gewachsen. International ist die in Dollar bilanzierende Gruppe ein direkter Konkurrent von Allianz und Axa. 2010 flossen umgerechnet 49 Milliarden Euro in das Unternehmen, über zwei Milliarden Euro betrug der Gewinn unter dem Strich. Quelle: Reuters
Munich REDer weltgrößte Rückversicherer hat zwei Standbeine: Das Geschäft mit anderen Versicherern sowie das Privatkundengeschäft, das vor allem über die Tochter Ergo läuft. Mehr als 45 Milliarden Euro an Prämien flossen 2010 in die Kasse, dabei verblieb ein Gewinn von rund 2,4 Milliarden Euro. Quelle: dpa
CNP AssurancesDer Versicherer ist in Frankreich führend im Verkauf von Lebensversicherungen. 33 Milliarden Euro an Prämien fließen im Jahr hinein, eine Milliarde Euro Gewinn zieht der Konzern daraus. Quelle: Screenshot

Wer alleine einen Tarifwechsel bei seinem Versicherer durchsetzen will, hat es sehr schwer. Auch Grabinger ließ sich bei seinem Tarifwechsel von beitragsoptimierung24.de beraten. „Mir war klar, dass man sich verzettelt, wenn man sich als Privatverbraucher lange Briefwechsel mit der Versicherung liefert“, sagt Grabinger. „Der Paragraf 204 ist viel zu schlampig formuliert“, sagt Leissl. Die meisten Verbraucher wüssten deshalb nicht um ihre Rechte bei einem Tarifwechsel. Daher ist es für die Versicherer ein leichtes, die Kunden zu verunsichern. Beispielsweise indem pauschal das erneute Überprüfen des Gesundheitszustands angedroht wird.

Die Crux mit der Gesundheitsprüfung

Denn viele Versicherer verlangen von ihren Kunden im Zuge eines Tarifwechsels erneut eine sogenannte Gesundheitsprüfung, die wiederum darüber entscheidet, wie hoch der Risikozuschlag ausfällt, den der Versicherte zahlen muss. Das dürfen sie zwar, allerdings nur für eventuelle Mehrleistungen des neuen Tarifs. Diesen Zusatz klammern die meisten Versicherer allerdings aus und verschweigen den wechselwilligen Kunden diese Info. „Mit den Gesundheitsprüfungen wird viel Schindluder getrieben“, sagt Leissl. „Die Information, für welche Leistungen die Prüfung erforderlich ist, wird in den Schreiben der Versicherer oft unterschlagen“, sagt auch Birgit Lein von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Das erlebte auch Frau Schneider*, Versicherte bei der Alten Oldenburger. Nachdem die Versicherung ankündigte, zu Jahresbeginn die Beiträge um etwa 70 Euro zu erhöhen, stellte Schneider einen Antrag auf Tarifwechsel. Am Telefon erklärte man ihr, mit einem solchen Umstellungsantrag seien keine weiteren Bedingungen verbunden. Im Antwortschreiben der Alten Oldenburger klang das dann anders. „Den Vorschlag unterbreiten wir ohne Berücksichtigung des derzeitigen Gesundheitszustands. Zur Prüfung der Umstufung benötigen wir anliegendes Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben zurück“, schreibt die Versicherung in einem Brief, der WirtschaftsWoche Online vorliegt.

Da der neue Tarif mehr Leistungen umfasst, darf das Unternehmen zwar eine erneute Gesundheitsprüfung fordern. Allerdings: „Dass die Gesundheitsprüfung sich nur auf die Mehrleistungen beziehen darf, verschweigen die Versicherer oft“, sagt Leissl. Außerdem klärt die Versicherung ihre langjährige Kundin in dem Schreiben nicht darüber auf, dass sie das Recht hat, ungewünschte Mehrleistungen auszuschließen, um der Gesundheitsprüfung zu umgehen. „So ist es aber laut Paragraf 204 vorgesehen“, erklärt Lein.    

Die Alte Oldenburger erklärte dazu auf Anfrage von WirtschaftsWoche Online, sie ermögliche jedem Versicherungsnehmer einen Tarifwechsel unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellungen in Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz. Bei höherem Leistungsumfang oder einem geringeren Selbstbehalt im Zieltarif werde eine Gesundheitsprüfung notwendig. Der Kunde könne aber ablehnen und den Leistungsumfang des Ursprungstarifs beibehalten.

Auch viele Experten raten Tarifwechslern daher von einer Gesundheitsprüfung ab. Schließlich sind es vor allem die älteren Versicherten, die unter den steigenden Gebühren ächzen. Da scheint die Gefahr zu groß, dass Wehwehchen den Preis in die Höhe treiben. Harald Leissl rät seinen Kunden dennoch zu der Prüfung. „Sie können dabei gar nichts verlieren“. Steigt der Risikoaufschlag aufgrund einer zusätzlichen Leistung zu stark, kann Letztere vom Versicherten immer noch abgelehnt werden.

Frau Schneider hat sich mittlerweile Hilfe bei der unabhängigen Plattform „1A Verbraucherportal“ geholt. Ähnlich wie beim Portal beitragsoptimierung24.de werden auch hier Verbraucher beim Wechsel unterstützt. Mittlerweile werden hier über 700 Versicherte zum Thema Tarifwechsel betreut, denn allein haben die meisten gegen die Versicherungen kaum eine Chance.  Aufgrund der vielen Schwierigkeiten gibt es immer mehr von solchen Beratungen, auch das Hamburger Verbraucherportal widge.de gehört dazu.

Zunächst sollten Versicherte selber ihren Wechselwunsch gegenüber der Versicherung äußern, schließlich ist die Leistung der Berater nicht ganz billig. Bleibt eine Reaktion der Assekuranz allerdings aus oder ist das Antwortschreiben für den Kunden schwierig zu verstehen, kann sich die Hilfe eines Beraters oder einer Verbraucherzentrale lohnen. Vorsicht gilt allerdings bei Beratern oder Versicherungsmaklern, die für ihre Hilfe beim Wechsel eine Provision kassieren. Hier besteht die Gefahr, dass der Kunde nicht den für ihn besten Tarif empfohlen bekommt, sondern den, für den der Berater die höchste Provision bekommt. Wer das Geld für einen unabhängigen Honorarberater in die Hand nimmt, geht diesem Problem aus dem Weg.

* Name geändert

Gegenüberstellung bringt Klarheit

Das Beispiel der Gesundheitsprüfung für Mehrleistungen zeigt, wie wichtig bei einem Tarifwechsel die genaue Gegenüberstellung der Leistungen des alten und des neuen Tarifs ist. Nur so lässt sich feststellen, wie gut oder schlecht das Angebot der Versicherung ist. Viele Versicherte sind damit allerdings überfordert.

Auf diese Weise fällt auch schnell auf, wenn eine Versicherung ihrem Kunden weniger Leistungen als zuvor anbieten will. „Auch das kommt häufig vor“, sagt Verbraucherschützerin Lein. Oft würden die Assekuranzen die Gebühren nur senken, in dem sie die Selbstbeteiligung erhöhten. In dem Fall dürfe selbstverständlich keine erneute Gesundheitsprüfung gefordert werden, da es sich nicht um zusätzliche Leistungen handelt.

Sollten tatsächlich Leistungen weggefallen sein, muss sich der Kunde fragen, ob es sich dabei um existenzielle Behandlungen handelt, wie beispielsweise die ambulante Psychotherapie. Für verzichtbar halten Experten dagegen etwa die Bezahlung eines Einbettzimmers im Krankenhaus, hier ließen sich also möglicherweise Kosten sparen. Wer wirklich nicht auf vollkommene Ruhe im Krankenhaus verzichten will, kann immer noch den Aufschlag vom Zwei- auf das Einbettzimmer privat übernehmen. Selbst bei längeren Aufenthalten sehen Experten eine Ersparnis gegenüber PKV-Tarifen, die diese Leistung umfassen.  

Das geben Krankenkassen zurück
Es ist ein Achtungserfolg für Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP): Als erste der großen Krankenversicherungen gibt die Techniker-Krankenkasse seinem Drängen nach und zahlt bis zu 720 Millionen Euro an ihre Versicherten zurück. Die anderen Kassen mauern - noch... Quelle: dapd
Der neue Vorstandschef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, sagte den sechs Millionen Mitgliedern jeweils zwischen 60 und 120 Euro an Rückzahlungen zu. Bislang waren allenfalls kleinere Kassen mit insgesamt einer Million Mitgliedern dem Aufruf von Bahr gefolgt. Die anderen verschränkten die Arme über dem Bauch. Auch gestern blieben viele Kassen bei ihrer negativen Haltung gegenüber Rückzahlungen... Quelle: dpa
DAK: Kein Zusatzbeitrag mehrDie Deutsche Angestelltenkrankenkasse kommt aus einem tiefen Tal. Als eine der ersten Kassen musste die DAK vor über zwei Jahren einen Zusatzbeitrag fordern. "Bei uns redet niemand über Prämien an unsere Versicherten. Wir haben unsere Prämie längst gezahlt, indem wir zum ersten April 2012 diesen Zusatzbeitrag von acht Euro wieder abgeschafft haben", kommentiert denn auch ein Sprecher die Ankündigung der Techniker Krankenkasse. Quelle: dpa
DAK: Kein Zusatzbeitrag mehrTatsächlich war das ein großer Erfolg für die Kasse, die wegen des Zusatzbeitrags mehrere Hunderttausend Mitglieder verloren hat. Viele Experten hatten Zweifel, ob die DAK das laufende Jahr ohne neue rote Zahlen überstehen würde. Diese Befürchtung hat sich nicht bestätigt. Nach einem Plus von 344 Millionen Euro 2011 schloss sie auch das erste Halbjahr 2012 mit einem Plus von mehr als 100 Millionen Euro ab. Ihre Rücklagen liegen damit jedoch weiter weit unter der Grenze, ab der das Sozialgesetzbuch eine Prämienausschüttung erlaubt. Quelle: dpa
Barmer GEK: kein Geld für PrämienDie Barmer GEK gehört wie die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) zu den großen Kassen, die sich umfangreiche Filialnetze und eine intensive Betreuung ihrer Versicherten leisten. Dies ist neben Verzerrungen im Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen ein Grund, warum die Barmer trotz des Geldregens, der seit fast zwei Jahren über das Gesundheitssystem niedergeht, keine soliden Rückladen bilden kann Quelle: dpa
Barmer GEK: kein Geld für PrämienDie Kasse ist grundsätzlich wenig geneigt, ihren Versicherten Boni zu zahlen. Dabei gehe es am Ende nur um wenige Euro, die der einzelne Versicherte kaum spüren würde, sagte Barmer-Sprecher Athanasios Drougias. "Das ist weniger als die Zwiebeln auf einem Döner." Der Barmer sei ein attraktives Leistungsportfolio wichtiger. Quelle: dpa
KKH-Allianz: Finanzausgleich funktioniert nichtNach einem Einnahmeüberschuss von 140 Millionen Euro 2011 war es schon mutig von der KKH Allianz, ihren zwei Jahre lang geforderten Zusatzbeitrag von acht Euro zum 1. März aufzuheben. Zwar liegen die Reserven der ehemaligen Kaufmännischen Krankenkasse Halle deutlich über der gesetzlichen Mindestreserve von einer viertel Monatsausgabe. Aber für Prämien langt das Geld nicht. Quelle: dpa

Im Visier der BaFin

Mittlerweile ist auch die Finanzaufsicht auf die Schwierigkeiten beim Tarifwechsel in der PKV aufmerksam geworden. Während es im Herbst noch hieß, die BaFin habe das Tarifwechselrecht im Blick, ist die Bonner Behörde mittlerweile aktiv geworden. „Ja, die BaFin prüft derzeit Fälle, in denen einzelne Versicherungsunternehmen ein Wechselrecht verweigert hatten“, erklärte eine Sprecherin der Aufsicht gegenüber WirtschaftsWoche Online. Konkret hätten die Unternehmen darauf verwiesen, dass der vom Kunden gewünschte Zieltarif für das Neugeschäft geschlossen sei.

Laut Leissl gibt es eine Gruppe von Versicherern, die ihren Kunden den Wechselwunsch regelmäßig mit Verweis darauf verweigerten, dass der gewünschte Tarif geschlossen sei, also nicht mehr zum Verkauf angeboten werde. Solche Regelungen kennt Paragraf 204 allerdings nicht. „Dem Gesetzeswortlaut sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die auf eine Beschränkung des Wechselrechts auf Tarife, die ein Versicherungsunternehmen im Neugeschäft anbietet, hindeuten“, erklärt eine Sprecherin der BaFin. Auch von solch windigen Erklärungen der Assekuranzen sollten sich Wechselwillige also nicht verwirren lassen.

Wer wechseln möchte, sollte zunächst prüfen, ob sich der Aufwand lohnt. Das hängt hauptsächlich von der Versicherung ab. Bei der Debeka beispielsweise, die besonders viele Beamte versichert, lohnt ein Wechsel kaum, da es ein Tarifkollektiv gibt. Bei den meisten anderen Versicherungen rentiert sich der Wechsel allerdings gerade für Ältere, die schon lange Kunde bei einer PKV sind, selbst wenn für das Hin und Her das Honorar für einen Berater fällig wird. Birgit Lein von der Hamburger Verbraucherzentrale berichtet von Fällen, bei denen die monatliche Ersparnis nach einem gelungenen Wechsel bei satten 400 Euro im Monat lag. Bei Grabinger lag die Ersparnis durch den Tarifwechsel am Ende insgesamt bei rund 1700 Euro im Jahr.

Eins dürfen PKV-Kunden, die gewechselt haben, dennoch nicht vergessen: Auch der neue Tarif wird wieder teurer werden. Denn durch Preissteigerungen bei Medikamenten und Ärzten, unserer immer älter werdenden Gesellschaft und einer möglicherweise zunehmenden Inflation werden die Versicherer immer häufiger zu Beitragserhöhungen greifen.

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