Private Vorsorge Die Tücken der Riester-Rente

Sie lohnt sich, sie lohnt sich nicht, sie lohnt sich… Ob der Abschluss einer Riester-Rente sinnvoll ist oder nicht, ist selbst unter Experten heftig umstritten. Warum die Riester-Rente für Sparer ein Balanceakt ist und wo Fallen lauern.

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In der gesetzlichen Rentenversicherung läuft es derzeit ausnahmsweise richtig gut: Dank hoher Beschäftigungszahlen sammelt die staatliche Rentenkasse Reserven in Milliardenhöhe an, ab 2013 sinkt deshalb der Beitragssatz von aktuell 19,6 auf 19,0 Prozent vom Bruttoeinkommen. Das ist vor allem aus deshalb möglich, weil das Rentenversprechen nicht gerade üppig ausfällt: 2030 soll ein Ruheständler nur noch 43 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens als Rente erhalten. Noch sind es für neue Rentner 50 Prozent. Doch so oder so: Wer sein Arbeitsleben beendet, wird mit der staatlichen Rente allein kaum auskommen.

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Um sich im Alter nicht allzu sehr einschränken zu müssen, ist also private Altersvorsorge dringend vonnöten – je eher, desto besser. Und weil das keine neue Erkenntnis ist, hat Vater Staat bereits vor elf Jahren - und für Kritiker trotzdem viel zu spät – die sogenannte Riester-Rente eingeführt. Die Angst vor Rentenlücke und Altersarmut hat inzwischen 15 Millionen Verbraucher dazu bewegt, Ersparnisse in einen Riester-Vertrag zu stecken. Hauptargumente für den Abschluss waren dabei vor allem die staatlichen Zulagen und Steuervorteile während der Ansparphase.

Überblick: Das neue Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz


Aber das Interesse an der Riester-Rente sinkt seit Jahren. Eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Postbank schlägt Alarm: 42 Prozent der Berufstätigen in Deutschland wollen ihre private Altersvorsorge nicht mehr erweitern, die monatlich dafür angesparten Beträge sind in den vergangenen acht Jahren um fast zehn Prozent gesunken. Der repräsentativen Umfrage unter 1642 Bürgern zufolge ist gerade auch das Ansehen der Riester-Rente in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. 2009 hielten demnach noch 23 Prozent der Bevölkerung die private Riester-Rente für besonders sicher. Dieser Wert ist mittlerweile auf nur noch 16 Prozent gesunken. Nur noch acht Prozent derjenigen, die ihre Altersvorsorge aufstocken möchten, interessieren sich für die staatlich geförderte Riester-Rente.

Die Gründe für den Ansehensverlust der Riester-Rente sind leicht ausgemacht: Zunehmend kritische Medienberichte (die WirtschaftsWoche hat die Rentabilität von Riester-Verträgen seit 2009 mehrfach angezweifelt), Verbraucherschützer und ein Teil der Wissenschaftler halten Riester-Verträge für intransparent, teuer und für meist unrentabel. Regierung, Produktanbieter, Verbände sowie ein anderer Teil der Experten und Wissenschaftler verteidigen diese Form der privaten Altersvorsorge als besonders sicher sowie durchaus rentabel und stellen Verbesserungen in punkto Transparenz in Aussicht. Beide Seiten führen im Streit um Sinn und Unsinn der Riester-Rente gute Argumente an – und verwirren damit den Verbraucher zusätzlich. Für ihn ist es letztlich die Frage, welcher Seite er mehr Glauben schenkt und ob die Argumente auf seine individuellen Voraussetzungen beim Abschluss eines Riester-Vertrags zutreffen. Mit seiner Entscheidung für oder gegen einen Vertrag ist der Verbraucher allen Diskussionen zum Trotz letztlich ganz allein.

Wo „riestern“ punktet, wo verliert

Welche Auswirkung die Inflation auf die Rentenlücke hat
Eine Hand hält Geldscheine und einen Kassenbon über einer Einkaufskiste mit Lebensmitteln Quelle: dpa
Eine Hand nimmt am 22.01.2010 eine Euro-Münze aus einem Geldbeutel Quelle: dpa
Eine Kundin bezahlt an der Kasse in einem Supermarkt in Karlsruhe ihren Einkauf Quelle: dapd
Ein Rentner demonstriert und hält dabei eine Weste in den Händen, auf der "Rente muss zum Leben reichen" zu lesen ist. Quelle: dpa
Hinter dem Griff seines Gehstocks ist ein Rentner vor einem Computer zu sehen Quelle: dpa/dpaweb
Als Miniaturfiguren sind zwei Senioren am Montag (10.09.2012) in Schwerin auf Euro-Münzen zu sehen Quelle: dpa



Weil die Materie sehr komplex und individuell sehr unterschiedlich gelagert ist, lassen sich auch kaum allgemeingültige Aussagen darüber treffen, ob Riester-Verträge empfehlenswert sind oder nicht. Regel- und Zahlenwerk fallen ganz unterschiedlich je nach Einkommens- und Familiensituation, Alter und Sparrate sowie individueller Steuerbelastung aus. Noch dazu gibt es die Riester-Rente gar nicht, betonen Experten gerne. Schließlich werden Riester-Verträge in den verschiedensten Sparformen und Produktvarianten angeboten. Abgesehen von den gesetzlichen Mindestanforderungen an ein Riester-Produkt gibt es gewaltige Unterschiede – was sich letztlich auch den Kosten und damit in der Rentabilität niederschlägt. Dennoch lassen sich anhand der wesentlichen Anforderungen an eine Altersvorsorge einige grundsätzliche Vor- und Nachteile einer Riester-Rente gegenüberstellen.

Sicherheit
Wer in einen Riester-Vertrag spart, erhält nach Renteneintritt bis zu seinem Lebensende eine garantierte Rente. Diese Garantie ist ein Versprechen, wie es auch die gesetzliche Rentenversicherung bietet: Sollte der Sparer besonders lange Leben, bezieht er auch dann noch seine Rente, wenn seine Einzahlungen und Kapitalerträge rein rechnerisch schon längst aufgebraucht beziehungsweise verrentet sind. Bei riester-fähigen Fondssparplänen etwa führt diese Garantie dazu, dass bei einer kompletten Auszahlung zum Rentenbeginn auch schon mal ein Viertel der Summe einbehalten wird, um diesen als Einmalbetrag in eine Rentenversicherung zu investieren. Damit wird sichergestellt, dass die Rente lebenslang gezahlt werden kann.

Vor allem aber sind Anbieter von Riester-Produkten gesetzlich verpflichtet, zumindest die eingezahlten Sparbeiträge für die Rentenbezugsphase zu garantieren. Die Sicherheit der Vorsorge ist daher gegenüber anderen Formen des privaten Sparens ein klarer Vorteil. Anders als bei nicht riester-fähigen Fonds oder Aktiensparplänen kann der Sparer bis zum Rentenbeginn also nominell kein Geld verlieren.

Kernpunkte der Riester-Förderung


Eine gesetzlich garantierte Rendite gibt es vor allem bei Renten- und Lebensversicherungen und sie gilt auch für Riester-Policen. Derzeit liegt dieser Garantiezins auf die Vorsorgeersparnisse bei 1,75 Prozent pro Jahr. Das ist im Niedrigzinsumfeld zwar immer noch besser als nichts, aber dürfte kaum genügen, um den schleichenden Kaufkraftverlust der Ersparnisse durch Inflation zu verhindern. Insofern bietet „riestern“ zwar Sicherheit, schützt aber nicht davor, dass die spätere Rentenlücke durch Geldentwertung wieder größer wird.

Rendite vs. Kosten


Mit diesen Banken sind Sie schlecht beraten
Eine Passantin geht am Mittwoch (14.04.2004) an einer Filiale der Hamburger Sparkasse vorbei. Quelle: dpa/dpaweb
Eingang zu einer Filiale der HypoVereinsbank Quelle: AP
Filliale der Santander Bank Quelle: dpa
Taschenrechner mit dem Logo der Commerzbank Quelle: dpa
Filiale einer Volksbank Quelle: AP
sparda-bank
TARGOBANK Quelle: obs


Dass die Renditen von Riester-Verträgen häufig in der Kritik stehen, hat gleich mehrere Ursachen.

Zum einen werden häufig Renditen der Riester-Verträge beworben, aber dabei vornehm verschwiegen, welche effektiven Verwaltungs- und Abschlusskosten mit den Verträgen einhergehen. Vor allem bei Riester-Policen - also Rentenversicherungen - schlagen Provisionen in den ersten fünf Jahren der Ansparphase massiv zu Buche und reduzieren den angesparten Betrag. Diese Kosten müssen durch die Zinsen auf die Ersparnisse erst wieder hereingeholt werden – denn nur für Einzahlungen abzüglich der Kosten gelten die Renditeversprechen.

Stein des Anstoßes war zuletzt auch die Kalkulation des sogenannten Langlebigkeitsrisikos. Die Anbieter kalkulieren mit den Sterbetafeln ihrer Branche – und gehen dabei von einer höheren Lebenserwartung aus, als sie laut Statistischem Bundesamt erreicht werden wird. Das geht natürlich zu Lasten der monatlichen Rentenhöhe – und kostet somit Rendite. Anderseits sind die Anbieter von Vorsorgeprodukten aufsichtsrechtlich verpflichtet, konservativ zu kalkulieren, damit die Rentenversprechen auf jeden Fall zu halten sind. Jeder Anbieter muss zudem ausgehend von Alter und Gesundheitszustand seiner Versicherten seine Risiken kalkulieren. Forschungen der Universität Ulm kamen zu dem Ergebnis, dass die Sterbetafeln der Versicherer angemessen seien.

Riester-Versicherungen: Tops und Flops

Für die Rentabilität einer Riester-Rente spielen jedoch die staatlichen Zulagen eine wichtige Rolle - vor allem für Geringverdiener und Kinderreiche. Normal- bis Gutverdiener profitieren eher von den Steuervorteilen. Wer förderfähig ist – und dass sind praktisch alle, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sowie Beamte – wird mit 154 Euro im Jahr vom Fiskus gesponsert. Auch für den Ehepartner mit eigenem Riester-Vertrag sind 154 Euro drin – und für jedes Kind nochmals 300 Euro, sofern es nach 2008 geboren wurde. Um die Förderung zu erhalten, muss allerdings ein Mindestbetrag im Jahr angespart werden, der sich nach der Einkommenshöhe richtet. Wer wenig verdient, kann schon mit 60 Euro loslegen, darunter geht nichts. Der Mindesteigenbeitrag beträgt ansonsten vier Prozent von sozialversicherungspflichtigen Jahreseinkommens. Da die Förderhöhe starr ist, geht ein höherer Eigenbeitrag mit einer niedrigeren Rendite einher.

Wer seinen Riester-Vertrag in Form einer klassischen oder fondsgebundenen Rentenversicherung wählt, muss für eine gute Rendite vor allem auf die Überschussbeteiligung hoffen. Erwirtschaften die Versicherer mehr als die garantierte Rendite von 1,75 Prozent, müssen sie die Versicherten daran beteiligen - bei den Kapitalanlageüberschüssen zu 90 Prozent, bei den Risikoüberschüssen zu 75 Prozent. Viele Versicherer schütten aber auch mehr an ihre Versicherten aus. Dennoch wird ein Teil der Überschüsse von den Versicherern einbehalten, um Haftungskapital und Risikorücklagen zu bilden.

Auf einer Podiumsdiskussion des House of Finance an der Frankfurter Goethe-Universität waren die Positionen der Experten im Hinblick auf die Rentabilität der Riester-Rente kontrovers. Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten sieht die Mehrzahl der Angebote kritisch und wirft den Versicherern vor, die Schere zwischen der von ihnen kalkulierten Lebenserwartung und dem realistisch zu erwartenden Lebensalter immer weiter aufzuspannen. Im zufolge hätte ein Vergleich der Angebote von 2001 bis 2011 gezeigt, dass die Produkte für den Kunden schlechter geworden seien. Versicherte müssten mittlerweile sehr alt werden, um von ihren Einzahlungen zu profitieren.

Steuervorteile

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia


Bei den viel beschworenen Steuervorteilen wird es mit Riester nochmal kompliziert. Die Beiträge zu einer Riester-Rente können in der Steuererklärung als Sonderausgabenabzug geltend gemacht werden, gespart wird also aus dem Bruttoeinkommen. Bei anderen Formen der privaten Vorsorge müssen die Riester-Sparer hingegen ihre Beiträge von ihrem Nettoeinkommen bestreiten. Dafür müssen die Rentenzahlungen im Alter jedoch voll versteuert werden – im Fachjargon ist von nachgelagerter Besteuerung die Rede. Somit ist der Steuervorteil in der Konsequenz lediglich eine Steuerstundung.
Das Finanzamt prüft allerdings, ob für den förderfähigen Sparer eine Riester-Zulage oder der Sonderausgabenabzug in der Steuererklärung günstiger ist. Wenn die steuerliche Absetzbarkeit höher liegt als der Zulagenanspruch, erhält der Steuerzahler eine Steuerrückerstattung. Ist die Zulage günstiger, wird die auf Antrag direkt dem Vorsorgevertrag gutgeschrieben.

Positiv ist immerhin, dass der individuelle Steuersatz in der Regel mit Renteneintritt sinkt, so dass im Vergleich zur früher üblichen vorgelagerten Besteuerung ein Vorteil entsteht. Dessen Höhe hängt allerdings wesentlich von den individuellen Voraussetzungen ab. Außerdem ist bei Einmalauszahlungen der Riester-Rente nach mindestens zwölfjähriger Ansparphase und ab einem Alter von 62 Jahren die Hälfte des Ertrages – also die Hälfte der Differenz aus Auszahlungssumme und eingezahlten Beiträgen – steuerfrei. Wer sich für Einmalauszahlung entscheidet, muss jedoch die komplette Förderung unverzinst zurückzahlen.

Überblick: Die Kritik an der Riester-Rente


Ein echter Steuervorteil ist die Befreiung von der Abgeltungsteuer, die auf die mit den Ersparnissen erzielten Überschüsse anfällt. Bei anderen Geldanlagen kommen da immerhin inklusive Kirchensteuer Abzüge in Höhe von 26,4 Prozent auf die Sparer zu.

Ob sich Riestern steuerlich nennenswert lohnt, hängt somit von der individuellen Steuersituation des Sparers ab.

Vererbbarkeit

Im Todesfall vor dem Renteneintritt kann das angesparte Guthaben auf einen Riester-Vertrag des Ehepartners oder des Kindes übertragen werden. Dann bleiben auch die Zulagen und Steuervorteile erhalten. Erbt ein Kind, muss für dieses allerdings noch Kindergeld bezogen werden. Ist der Ehepartner über 60 Jahre alt, ist ein neuer Riester-Vertrag, in den das geerbte Guthaben eingezahlt werden kann, gar nicht mehr möglich.

Soll eine andere Person das Guthaben erben, müssen zudem die erhaltenen Zulagen und Steuervorteile zurückgezahlt werden. Welche Formen der Übertragung möglich sind, ist zudem in den Produktverträgen unterschiedlich geregelt. Ist zum Beispiel für eine Versicherungsvariante eine Mindestauszahldauer der Rente vertraglich vereinbart, kann unter Umständen auch die für diese Zeit zur Verfügung stehende Gesamtsumme vererbt werden.

Wird die Riester-Rente bereits ausgezahlt, wenn der Versicherte stirbt, sind die verbliebenen Ersparnisse in der Regel verloren. Aber auch das ist von der Produktauswahl abhängig. Bei Riester-Fondssparplänen erhalten Erben zum Beispiel das noch vorhandene Fondsguthaben. Allerdings muss die eventuell erhaltene Förderung in diesem Fall zurückgezahlt werden.

Flexibilität und Produktvielfalt

Die Riester-Irrtümer
Finanzamtschild Quelle: dpa
Stift auf einer Steuererklärung Quelle: dpa
Ein Sparstrumpf Quelle: dpa
Mann zeigt das Innere seiner Hosentaschen Quelle: dpa
Eltern spielen mit ihrem Sohn Quelle: dpa
Vater und Sohn sitzen an einem Fluss Quelle: dpa
Besucher beim Kongress Altervorsorge 2011 Quelle: dpa

Flexibilität
Je nach Auswahl des Riester-Produkts kann diese staatlich geförderte Altersvorsorge auch sehr flexibel sein. Anbieterwechsel, Beitragsfreistellung, Teilauszahlung sowie die Wahl zwischen Einmalzahlung oder Verrentung bei Renteneintritt sind grundsätzlich möglich. Hier ist jedoch ein gewissenhafte Produktauswahl anhand der eigenen Vorstellungen oder eine detaillierte Beratung erforderlich.

Grundsätzlich lassen sich Riester-Verträge auch vor Renteneintritt kündigen. Dann sind allerdings eventuell erhaltene Zulagen vom Staat beziehungsweise gewährte Steuervorteile zurückzuzahlen. Für den Sparer kann das unter Umständen dennoch vorteilhaft sein, weil die inzwischen aufgelaufene Rendite auf die angesparte Summe von der Abgeltungssteuer befreit bleibt.

Riesterrente von A bis Z


Produktvielfalt
Klassische und fondsgebundene Rentenversicherungen, Sparbücher, Investmentfonds und Bauspardarlehen sowie -verträge sind förderungsfähig, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für die Riester-Zertifizierung erfüllen. Für den Sparer ist das breite Angebot Fluch und Segen zugleich.

Vorteilhaft für den Sparer ist, dass er je nach Lebenssituation und Lebensplanung die für ihn am besten passende Sparform wählen kann. Wer etwa vor allem ein flexibles Produkt wünscht, das auch Änderungen der Einkommenssituation oder auch beitragsfreie Zeiten mitmacht, kann zum Beispiel zu einem Fondssparplan greifen. Wer einen Teil seiner Ersparnisse in ein Eigenheim stecken möchte, kann den Wohn-Riester in Form eines Bausparvertrages oder Baudarlehens nutzen und seine Hypothek mit den staatlichen Zulagen langsam zurückzahlen.

Gleichzeitig ist die breite Produktpalette auch ein Nachteil, denn für jede der genannten Formen gibt es zahlreiche Anbieter, die die unterschiedlichsten Produktvarianten anbieten. Die richtige Auswahl zu treffen, ist ein mühsames Stück Arbeit.

Mangelnde Transparenz

Sieben Wahrheiten über die Rente
Die Rente mit 67 ab 2012 Quelle: dpa
Mit 65 in Rente für den Jahrgang 1945 nichts ungewöhnliches. Quelle: dpa
Die Rentenbezugsdauer ist um 7 Jahre gestiegen Quelle: AP
Weniger Geld für Rentner Quelle: dpa
Durchschnitts-Brutto-Abschläge 2010 bei 113,02 Euro. Quelle: dpa
Das durchschnittliche Rentenzugangsalter sinkt auf 60,7 Jahre Quelle: dpa
Ostdeutsche gehen ein knappes Jahr früher in Rente als die Westdetuschen Quelle: dpa


Transparenz
Womit wir zu einem zentralen Kritikpunkt an der Riester-Rente kommen: Kaum jemand versteht sie zur Gänze. Das umfangreiche Regelwerk mit zahlreichen Ausnahmen und Sonderregeln überfordert den Normalsparer – und damit den größten Teil der Adressaten der staatlich geförderten Vorsorge. Hinzu kommen noch die in den Produktverträgen enthaltenen Spielregeln der Anbieter, die ebenfalls häufig Übersichtlichkeit und Verständlichkeit vermissen lassen. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg schätzt etwa, dass neun von zehn Altersvorsorgeverträgen nicht dem individuellen Bedarf des Versicherten entsprechen. „In drei Viertel der Fälle sind die Verträge zu teuer“, sagte er auf der Podiumsdiskussion in Frankfurt. Auch Stephan Schinnenburg, Geschäftsführer im Analysehaus Morgen & Morgen, konstatierte kürzlich nach einer umfangreichen Untersuchung von 60 Riester-Tarifen: „Kaum ein Vorsorgesparer dürfte wissen, was er eigentlich abgeschlossen hat“.


Inzwischen scheinen jedoch Versicherungsbranche und Staat erkannt zu haben, dass in punkto Transparenz Nachbesserungsbedarf besteht. Einige Anbieter werben bereits mit besonders transparenten Produkten und weisen klar auf Kosten und Risiko der Geldanlage hin.

So viel müssen Männer für die Zusatzrente sparen
Wer auf eine Zusatzrente setzt, um seine Altersvorsorge aufzubessern, muss je nach Startzeitpunkt mehr oder weniger monatlich sparen. Dabei gilt: Wer früher mit dem Sparen anfängt, hat als Rentner mehr zum Leben. Die folgenden Beispielrechnungen zeigen, in welchem Alter Sparer was für eine Summe zurücklegen müssen, um auf einen bestimmten Rentenbetrag zu kommen. Zur Erklärung: „Spareinstieg mit 40 Jahren, 300 Euro = 123,43 Euro“ heißt: Wer ab dem 67. Lebensjahr eine monatliche private Zusatzrente von 300 Euro erhalten möchte, muss als 40-Jähriger 123,43 Euro monatlich sparen.Quelle: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, März 2011 Quelle: Fotolia
Spareinstieg mit 20 Jahrenmonatliche Zusatzrente von 100 Euro =  15,34 Euro monatlich sparen 300 Euro = 43,98 Euro monatlich 500 Euro = 72,63 Euro monatlich 700 Euro = 101,27 Euro monatlich 1.000 Euro = 144,23 Euro monatlich Quelle: gms
Spareinstieg mit 30 Jahrenmonatliche Zusatzrente von 100 Euro =  24,47 Euro monatlich sparen 300 Euro = 71,35 Euro monatlich 500 Euro = 118,24 Euro monatlich 700 Euro = 165,12 Euro monatlich 1.000 Euro = 235,45 Euro monatlich Quelle: Fotolia
Spareinstieg mit 40 Jahrenmonatliche Zusatzrente von 100 Euro =  41,93 Euro monatlich sparen 300 Euro = 123,74 Euro monatlich 500 Euro = 205,55 Euro monatlich 700 Euro = 287,32 Euro monatlich 1.000 Euro = 410,09 Euro monatlich Quelle: Fotolia
Spareinstieg mit 50 Jahrenfür eine Zusatzrente von 100 Euro =  82,28 Euro monatlich sparen 300 Euro = 244,79 Euro monatlich 500 Euro = 407,31 Euro monatlich 700 Euro = 569,82 Euro monatlich 1.000 Euro = 813,59 Euro monatlich Quelle: Fotolia

Der Staat hat indes das lang diskutierte Projekt „Beipackzettel“ auf den Weg gebracht. Mit diesem vereinfachten Produktinformationsblatt soll der interessierte Kunde auf einen Blick erkennen, wie es um Chancen, Risiken und Kosten für seine Vorsorgeersparnisse bestellt ist. Eine neue Behörde mit dem schönen Titel „Produktinformationsstelle Altersvorsorge“ soll zudem Riester- und Rürup-Produkte in Chancen- und Risikoklassen einteilen. Auch so sollen die Unterschiede verschiedener Produkte deutlicher werden.

Dennoch darf bezweifelt werden, dass mit diesen Maßnahmen das Riester-Konstrukt leicht verständlich wird. Eine fundierte Beratung durch einen Fachmann – möglichst durch einen unabhängigen Honorarberater, der keine Provision an der Vermittlung verdient – bleibt wohl weiterhin der beste Weg zu einer passenden und rentablen privaten Altersvorsorge.

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