Profi-Investoren Überlebensstrategien der Investment-Elite

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Albrecht Fürst zu Castell-Castell Quelle: Robert Brembeck für WirtschaftsWoche

Rund um die 800-Seelen-Gemeinde Castell, 30 Kilometer östlich von Würzburg, arbeitet Geld seit 25 Generationen in Form von Wald, Wein und Wiesen. Seine Durchlaucht, Albrecht Fürst zu Castell-Castell, 85 Jahre, wachsam, hell und rege, hat die traditionsreichen Geschäfte des Fürstenhauses längst in die Hände seines Sohnes, des Erbgrafen, gelegt: „Nur einer übernimmt in jeder Generation das Erbe, mit der Verpflichtung, das Ererbte zu erhalten, zu mehren und an die nächste Generation weiterzugeben“ – so will es das Hausgesetz.

Der Fürst empfängt gern Gäste in seinem Schlösschen, er möchte den Jungen ein Ratgeber sein, vielleicht sogar ein bisschen Vorbild, er hat ein Vademecum seines Lebens geschrieben, spricht gern von Werten, Tugenden und Pflichten, von Verzichtbereitschaft, Verantwortung und Selbstdisziplin. „Geld ist nicht mein Lieblingsthema“, sagt er, „sprechen wir also vom Vermögen, als Eigentum und menschliche Fähigkeit.“

Familienbesitz erhalten

Zum größten Vermögen seiner Familie, sagt der Fürst, zählt das Geschenk, den Wert von Kontinuität und Nachhaltigkeit nicht eigens schätzen lernen zu müssen. Substanz erhalten, Erträge sichern, Besitz bewahren – ohne die Geschwister und Ehefrauen, die auf ihr gesetzliches Erbteil verzichten, „könnte unser Wirtschaftsunternehmen nicht überleben“. Umgekehrt, sagt der Fürst, wachse dem Erben durch den Verzicht der Verwandten die tief empfundene Verpflichtung zu, den Wert des Familienbesitzes zu erhalten: „Niemand möchte das schwache Glied in der Traditionskette sein.“ Mit Führung und Fürsorge, mit Festigkeit und viel Vertrauen in die Kraft seiner Mitarbeiter habe er die Meierei (450 Hektar Ackerbau), die Forstverwaltung (4500 Hektar Wald), das Domänenamt (70 Hektar Wein) und natürlich auch das Geldinstitut durch die Nachkriegszeit geführt, sagt der Fürst: „Weil ich nie in Zahlen gedacht habe, sondern in Aufgaben.“

Vielleicht deshalb zählt die Fürstlich Castell’sche Bank, das älteste Geldinstitut in Bayern („Andere sprechen von Tradition. Wir nennen es Haltung.“), zu den wenigen Profiteuren der Wirtschaftskrise. Im 237. Geschäftsjahr stehen alle Zeichen auf Expansion: Das Geschäft mit Privatkunden floriert am Stammhaus in Würzburg, seit die Frankfurter Geldkathedralen einzustürzen drohen; das Interesse an Dauer und Echtheit ist sprunghaft gestiegen, seit die Vermögenden um den Bestand ihres Buchgeldes fürchten.

Provisionen tabu

Lange ist die Fürstenbank belächelt worden wegen ihrer Umsicht und Andersartigkeit, auch wegen ihres Anspruchs als Kreditkasse, an der Wohlfahrt des fränkischen Landes mitzuwirken. Vor zwei Jahren erst hat sie ihre letzte fahrbare Zweigstelle eingestellt; noch heute kümmert sie sich um jeden Kunden, der aus dem Steigerwald herab kommt, um seine Rechnung in den gusseisernen Briefkasten der Bank am Marktplatz einzuwerfen.

Natürlich arbeiten die Bankfürsten für ihre vermögenden Kunden (ab 250.000 Euro) auf Honorarbasis – Provisionen sind tabu; natürlich beraten sie immer unter dem Gesichtspunkt des langfristigen Werterhalts – keine krisenanfälligen Monokulturen, breit gestreute, starke Werte. „Ein guter Mischwald wirft nicht von heute auf morgen hohe Erträge ab. Aber er ist widerstandsfähig. Und wenn man ihn ordentlich bewirtschaftet, haben auch noch die Kinder was davon“, sagt der Fürst. Rund 1,2 Milliarden Euro sind der Privatbank anvertraut – Tendenz stark steigend. „Unsere Kunden wissen, dass wir nur in Sachen investieren, die wir verstehen. Daher mögen sie in der Wirtschaftskrise das Vertrauen in die Finanzmärkte verloren haben. Nicht aber das Vertrauen in uns.“

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