Rating Finanzkrise birgt Risiken auch für offene Immobilienfonds

Noch sind offene Immobilienfonds die Profiteure der Finanzkrise, aber die Risiken steigen. Anleger können sich an einem aktuellen Rating orientieren.

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Deka-Neuerwerbung in London

Das Geld regnet wie Manna vom Himmel: Auf zehn Milliarden Euro, so hofft die Branche, könnten die Zuflüsse in offene Immobilienfonds in diesem Jahr anschwellen. Seit der Dax im vergangenen Sommer den Rückwärtsgang einlegte, haben Anleger die Fonds als Hort der Stabilität wiederentdeckt. Getrieben wird die Flucht ins Betongold auch durch steigende Inflationsraten: Die Fonds kaufen Büroimmobilien, Einkaufszentren und Hotels, deren Mietverträge oft an einen Preisindex gekoppelt und damit immun gegen Inflation sind.

Auch das Steuerargument zieht: Der steuerpflichtige Anteil am Gewinn ist bei Immobilienfonds geringer als bei vergleichbar sicheren Geldmarkt- oder Rentenfonds. Erträge, die im Ausland erzielt wurden, kassieren die Anleger meist komplett steuerfrei. Mit der von 2009 an fälligen Abgeltungsteuer wirken sich die ausländischen Erträge nicht einmal mehr auf den Steuersatz aus, mit dem die gesamten Einkünfte des Anlegers besteuert werden.

Im Schnitt der vergangenen drei Jahre schafften die rund 30 für deutsche Anleger erhältlichen Fonds Vorsteuer-Renditen zwischen bescheidenen 0,2 Prozent (iii-EuroImmoProfil) und 7,8 Prozent pro Jahr (Grundbesitz Europa, RREEF).

Massive Mauern und solide Vergangenheitsrenditen sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fonds Risiken bergen. In Deutschland ist der Gewerbeimmobilienmarkt eher schwach. Noch rund zehn Prozent der Büroflächen sind deutschlandweit unvermietet. Bei europaweit anlegenden Fonds könnten die mitunter hohen Bestände an Londoner Immobilien für Abschläge sorgen. Hier platzt gerade eine durch jahrelange Preissteigerungen genährte Immobilienblase. Aufwertungen in London, aber auch in Paris – den begehrtesten Auslandsplätzen der Fonds – haben manche Fondsrendite einst aufgepäppelt.

Welche Fonds überzeugen, beurteilt die Berliner Immobilien-Analysegesellschaft Scope Analysis in ihrem aktuellen Rating. Wichtigster Prüfpunkt, der zu 70 Prozent in die Benotung einfließt, ist die Immobilienqualität, 30 Prozent machen das Management und 20 Prozent die Finanzstruktur aus. Die Noten liefern Anlegern wichtige Zusatzinformationen, denn die Wertentwicklung der Vergangenheit allein führt schnell in die Irre. „Schon die Fonds, die bei der Rendite Spitze sind, gehen ganz unterschiedliche Risiken ein“, sagt Scope-Immobilienanalystin Sonja Knorr. Parallel dazu nehmen die Renditeunterschiede zwischen den Fonds zu, stellen die Berliner fest. Für die Beurteilung der Immobilienqualität holte Scope Experten der Bauhaus-Universität Weimar mit ins Boot. Von den beurteilten 30 Fonds bekamen 14 schlechtere Noten als im Vorjahr, sieben verbesserten sich, der Rest blieb konstant.

Volle Kassen in der Krise: Mancher Immobilienfonds ist bereits ein Rentenfonds mit Immobilienanteil. Elf Fonds haben gar ein Drittel der ihnen anvertrauten Gelder liquide geparkt. Bei den Fonds UniImmo Deutschland und UniImmo Europa sind es über 40 Prozent. „Wir vermissen bei vielen Fonds einen überzeugenden Umgang mit den starken Mittelzuflüssen. Zudem müssen sie noch beweisen, dass neue Investitionsstrategien und exotische Ziele der Rendite auf die Sprünge helfen“, sagt Knorr.

Auch die Probleme, die Großanleger den Fonds mitunter bereiten können, wurden noch nicht überall gelöst: Vor zwei Jahren waren Dachfonds und Pensionskassen massiv aus Fonds der Gesellschaft KanAm ausgestiegen und zehrten die freien Mittel auf. Vorbildlich hat bislang nur die Deutsche-Bank-Tochter RREEF reagiert: Großanleger, die mindestens eine Million Euro investieren, werden in eine eigene Anteilsklasse gelotst. Wer dort schnell aussteigen will, wird mit bis zu zehn Prozent Rücknahmeabschlag abgeschreckt.

Bei vielen anderen Häusern sollen Sperrfristen für Millionengelder individuell vereinbart werden – eine äußerst vage Regelung. Das Thema ist auch für Privatanleger wichtig: Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Fonds, wenn zu viele Investoren Anteile zurückgeben und die freien Gelder nicht ausreichen, im Ernstfall bis zu zwei Jahre geschlossen werden können.

Selbst dann, wenn die Gesellschaften von sich aus „außergewöhnliche Umstände“ feststellen, können sie Anlegern den Ausstieg verweigern. Das war beispielsweise im Dezember 2005 der Fall, als die Deutsche Bank einen Fonds schloss, weil ihrer Ansicht nach hohe Abwertungen beim Immobilienbestand drohten. Schließungen, die lange als rein theoretische Maßnahme galten, praktizieren die Fondsgesellschaften immer rigoroser – zuletzt finanzkrisenbedingt bei Geldmarktfonds.

Ganz vorn im Scope-Ranking und mit der Bestnote AAA geschmückt, liegt der zur Deka-Gruppe gehörende WestInvest ImmoValue. Er hat das beste Immobilienportfolio, die zweitbeste Finanzstruktur und auch noch das beste Management. Privatanlegern nützt das nur leider nichts: In den Fonds dürfen nur die Sparkassen selbst Gelder anlegen, nicht ihre Kunden. Sparkassen-Anleger kommen immerhin beim zweitplatzierten WestInvest Inter Select zum Zug (siehe Tabelle). Der drittplatzierte TMW Immobilien Weltfonds überzeugte Scope mit einem sehr guten Immobilienbestand. Anleger sollten allerdings berücksichtigen, dass er mit einer Fremdfinanzierungsquote von 43 Prozent des Fondsvolumens und einem hohen Anteil an Projektentwicklungen deutlich höhere Risiken eingeht als der West-Invest. Auch den weltweit investierenden Fonds von Union Investment Real Estate, den UniImmo Global, mögen die Experten. „Negativ ist allerdings die hohe Liquidität.

Zudem holen die Verantwortlichen aus dem verzinst angelegten Geld nur eine magere Performance heraus“, so Knorr. Gut abgeschnitten haben in dem Marktvergleich auch die Bestseller dieses Jahres: Schon 454 Millionen Euro hat der DekaImmoEuropa seit Januar eingesammelt und damit die meisten Anlegergelder eingeheimst. Unter den Deka-Immobilienfonds ist der Fonds laut Scope immerhin die beste Wahl. Auch der Branchenriese Hausinvest Europa, zehn Milliarden Euro schwer und von der Commerzbank-Tochter Commerz Real gemanagt, erzielt eine gute  Note. Verschlechtert hat sich ausgerechnet der Performance-Spitzenreiter des vergangenen Jahres. Beim Grundbesitz Europa, den vor allem die Deutsche Bank verkauft, bemängelt Scope den mit 35 Prozent des Fondsvolumens hohen Anteil an Immobilien in London.

Das Scope-Rating können Anleger beim Fondskauf hinzuziehen. Doch selbst gute Noten werden einen Fonds nicht vor Unbill schützen. „Für eine Entwarnung bezüglich des künftigen Abwertungsbedarfs bei Immobilien ist es noch zu früh“, sagt Analystin Knorr. „Da die Immobilien jährlich meist nur einmal bewertet werden, ist von den Bewertungskorrekturen an den Immobilienmärkten in den Fonds noch nichts zu sehen“, warnt auch der unabhängige Fondsanalyst Stefan Loipfinger. Korrekturen werde es noch in diesem Jahr geben. Wer Fondsanteile kaufen will, sollte diese noch abwarten.

Gut gebaut
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