Renditeprognose verfehlt Die ganz reale Riester-Lüge

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Riester-Rente versteuern

Schmidt hat von dieser Steuerregel leider erst nach der Auszahlung erfahren, als er sich erkundigte, wie er die Einmalzahlung versteuern muss. Weder die Sparkasse noch sein zuständiges Finanzamt konnten ihm zuvor Auskunft dazu geben. Erst durch einen Anruf beim Landesfinanzministerium bekam er heraus, dass er die volle Einkommensteuer auf die Kapitalabfindung aus dem Riester-Vertrag zahlen muss (obwohl er die Beiträge aus seiner bereits versteuerten Pension gezahlt hat und einen Sonderausgabenabzug bei seiner Steuererklärung nicht geltend gemacht hat, Anm. des Red.). Sein Steuersatz steigt zudem durch die Auszahlung des Riester-Guthabens, weil die Steuer-Progression greift.

"Ich wusste ja vorher, dass ich die Riester-Rente mit dem Ertragsanteil versteuern muss. Aber dass der Staat erst eine Ausnahmeregelung für Kleinstrenten schafft, diese dann aber mit Steuernachteilen bestraft, ist doch ein Hohn“, sagt Schmidt. Das sieht Versicherungsexperte Kleinlein ähnlich: „Die Verschiebung der Steuerzahlung in die Rentenphase ist meist nur für die Besserverdienenden interessant, für Geringverdiener jedoch nicht.“ In einem Fall wie dem geschilderten könne sich das besonders ungünstig auswirken.

Kernpunkte der Riester-Förderung

Tatsächlich hätte es noch schlimmer kommen können. Da Schmidt wegen Berufsunfähigkeit schon vor dem Ende der Vertragslaufzeit im Ruhestand war, liegt sein Steuersatz nur bei niedrigen 14 Prozent. Inzwischen hat er von „Kleinstrentnern“ erfahren, die bis zur Einmalauszahlung noch voll gearbeitet haben – und dementsprechend einen viel höheren persönlichen Steuersatz um die 30 Prozent hatten, als es zur Einmalauszahlung kam. In so einem Fall geht noch viel mehr von den eingezahlten Ersparnissen durch die Steuer verloren.

Steuer zur Abschreckung

Vom Staat ist das so gewollt. Riester-Renten sind nämlich grundsätzlich voll zu versteuern – der Gesetzgeber spricht von nachgelagerter Besteuerung, weil die vorausgehenden Einzahlungen dafür steuerfrei sind. Das ist anders, als bei anderen privaten Renten, etwa aus Lebens- oder Rentenversicherungen. Von der monatlichen Rentenzahlung ist dort nur der sogenannte Ertragsanteil zu versteuern, also nur der Betrag, der durch Zinsen und Zulagen zustande kommt.

Bei einer Riester-Rente ist hingegen immer die gesamte Summe zu versteuern - und damit auch die Kleinstrenten. Damit will die Regierung verhindern, dass Anleger Riester-Verträge wie gewöhnliche Sparverträge mit staatlicher Extrarendite missbrauchen.

Ziel ist vielmehr eine lebenslang garantierte Rente, die das Alterseinkommen aufstockt. Wer das nicht nutzt, wird bestraft. „Der Fall zeigt, dass die immer wieder so hoch gelobte Förderung der Riester-Rente nicht generell so attraktiv ist, wie das von Anbieterseite oft dargestellt wird“, konstatiert Verbraucherschützer Nauhauser.

Die Steuern auf die Rente seien die Kehrseite der Medaille. „Bei der geförderten Vorsorge von staatlichen Geschenken zu sprechen, ist – gelinde ausgedrückt – unverantwortlich, denn im Grunde besteht die Förderung abgesehen von einigen Ausnahmefällen meist nur in der Verlagerung der Steuerlast ins Rentenalter.“

Anruf bei Walter Riester

Schmidt will die ungerechte Steuer so nicht hinnehmen und hat Briefe an die zuständigen Ministerien, die Minister persönlich und weitere Politiker geschrieben, er hat sogar den ehemaligen Bundesarbeitsminister Walter Riester persönlich angerufen. Zumindest hat sich der Namenspatron der staatlich geförderten Zusatzrente tatsächlich bei ihm gemeldet - und die Besteuerung verteidigt, weil sie hilft, einen Missbrauch der staatlichen Rentenzuschüsse zu vermeiden. Schmidt riet er allerdings dazu, auf die Kulanz seiner Sparkasse zu hoffen: Sie solle die Auszahlung rückgängig machen und ihm stattdessen die Rente auszahlen.

Wenn die Sparkasse Schmidt - wie vom ehemaligen Arbeitsminister Riester empfohlen - entgegenkommt, müsste der Pensionär zwar weniger Steuern zahlen, aber grob gerechnet dauert es dann immer noch 25 Jahre, bis er sein Riester-Guthaben wieder raus hat. Sonderlich attraktiv ist diese Aussicht für den 65-Jährigen auch nicht.

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