Rente Ein entspannter Ruhestand muss gut geplant werden

Eine Umfrage zeigt, dass die finanzielle Rentenplanung bei vielen Deutschen stümperhaft ist. Was es für eine gute Planung braucht und wie sich die Rente erhöhen lässt.

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Wer seinen Ruhestand auch finanziell genießen will, muss rechtzeitig mit der Planung beginnen. Quelle: AP

Lange Reisen, ehrenamtliche Arbeit oder einfach viel Zeit im eigenen Garten oder mit den Enkeln – die Wunschliste für den Ruhestand ist meistens sehr lang. Ist der letzte Arbeitstag erreicht, zeigt sich allerdings oft, dass viele Träume kaum realisierbar sind. Nicht selten sind die persönlichen Finanzen daran schuld.

Denn während die Ausflüge ins Grüne oft schon detailliert vorgeplant werden, wird der finanzielle Ruhestandsplan nur grob abgesteckt. Das ergibt die diesjährige Ruhestandsstudie des Finanzdienstleisters Aegon, die WirtschaftsWoche Online vorliegt. Demnach geben rund ein Drittel der Befragten an, bei ihrer Altersvorsorge keinen konkreten Plan zu haben. Knapp die Hälfte meint immerhin, einen Plan zu haben, hat diesen allerdings nicht in irgendeiner Form schriftlich festgehalten. Lediglich 15 Prozent haben einen ausgearbeiteten Finanzplan fürs Alter.

Meinen Sie, dass es zukünftigen Rentnergenerationen besser oder schlechter gehen wird als den derzeitigen Rentnern?

Zwar hat demnach die Mehrheit zumindest eine grobe Idee. Richtig glücklich ist damit aber kaum einer. Nur 16 Prozent sind mit ihrer Ruhestandsplanung zufrieden, fast jeder Fünfte empfindet seine Vorsorge dagegen als mangelhaft.

Ohne Optimierung reicht die Rente nicht

„Im Hinblick auf konkrete Planung und Ausgestaltung des Ruhestands sehen wir deutliches Verbesserungspotenzial“, erklärt Andreas Mang von Aegon Deutschland. Denn im internationalen Vergleich schneiden die Bundesbürger gerade mal mittelmäßig ab. Aegon hat die Umfrage in insgesamt 15 Ländern durchgeführt, Deutschland belegt lediglich einen mittleren Rang und ist eher durchschnittlich auf den Ruhestand vorbereitet.

Auch Michael Huber, Geschäftsleitungsmitglied der unabhängigen Vermögensverwaltung VZ Vermögenszentrum, weiß aus seiner Beratungsarbeit, dass die Planung des Ruhestands oft vernachlässigt wird. „Finanzen interessieren die meisten Leute nicht“, sagt Huber. Über alles werde geredet, nur nicht übers Geld.

Das Bizarre: Dass private Vorsorge immer wichtiger wird, wissen die meisten. Vier von fünf Befragten meinen, dass es künftigen Rentnern schlechter gehen wird als den derzeitigen Ruheständlern. Im Ländervergleich ist das der höchste Wert.

Allein deshalb möchten immer mehr Rentner länger arbeiten. Laut der Aegon-Studie wird ein flexibler Übergang in den Ruhestand in Deutschland immer mehr zur Normalität. Fast jeder Zweite möchte auch im Rentenalter weiter arbeiten, ob in Teilzeit oder mit anderen flexiblen Modellen. Viele wüssten um ihre knappe Rente und setzten daher auf eine längere Lebensarbeitszeit, erklärt Mang.

Wer wartet, bekommt mehr

Finanziell kann sich Flexibilität und Geduld lohnen. Dafür plädiert Raimond Maurer. Der Forscher von der Frankfurter Goethe-Universität hat untersucht, wie es sich auswirkt, wenn angehende Ruheständler die Rentenzahlungen erst später beantragen. „Wir wollen mit unserer Untersuchung darauf hinweisen, dass es sehr attraktiv sein kann, den Rentenantrag etwas in die Zukunft zu verlegen“, sagt der Finanzwissenschaftler. Das müsse natürlich zwischenfinanziert werden.

Wer früher als vorgesehen in Rente geht, muss einen Abschlag von 3,6 Prozent pro Jahr in Kauf nehmen – auch noch dann, wenn das normale Renteneintrittsalter erreicht ist. Wer allerdings seine Rente statt mit 67 erst mit 68 Jahren bei der Rentenkasse beantragt, kann sich über einen Zuschlag freuen – um sechs Prozent pro Jahr steigt die Rente dann an.

Wie stellen Sie sich Ihren Übergang in den Ruhestand vor?

Sicherlich ist das nicht für Jedermann geeignet, denn das Übergangsjahr muss aus dem Ersparten bestritten werden. Dennoch: „In der Niedrigzinsphase ist der Verzicht auf die Rentenzahlungen in den ersten Jahren besonders attraktiv“, sagt Maurer. Denn das Geld, mit dem die Übergangszeit finanziert wird, würde auf einem Sparkonto kaum Zinsen einbringen. Dagegen ist der Zuschlag mit sechs Prozent pro Jahr üppig.

Für wen lohnt sich das?

„Tendenziell profitieren Frauen von einem späteren Zahlungsbeginn Frauen stärker als Männer“, sagt Maurer. Das liege an der höheren Lebenserwartung. Denn die verschobene Rente reduziert die Gefahr, das Vermögen schon zu Lebzeiten zu verbrauchen.

Michael Huber ist skeptisch, wenn es darum geht, bei der Altersvorsorge auf ein langes Leben zu setzen. „Ich kenne keinen, der das macht“. Angesichts der Niedrigzinsphase möge das zwar sinnvoll sein, allerdings stecke eben auch ein Risiko dahinter. „Gegenüber der regulären Variante fehlt mir ja ein komplettes Jahr an Rentenzahlungen. Bis das durch die Zuschläge ausgeglichen ist, dauert es einige Jahre“, sagt Huber.

von Andreas Toller, Niklas Hoyer

Alternative: Weniger Rente für längere Zeit

Geläufiger sei dagegen die vorzeitige Rente. Zwar seien Anleger oft skeptisch angesichts der Abschläge von 3,6 Prozent pro Jahr. Allerdings müsse man eben auch bedenken, dass so schon früher Rentenzahlungen fließen würden.

Grundvoraussetzung für die vorgezogene als auch die verzögerte Rente ist natürlich, dass ein gewisser Kapitalbestand da ist, mit dem die Übergangszeit zwischen Arbeitsende und Beginn der Rentenzahlung überbrückt werden kann. Dieser kann beispielsweise aus fälligen Lebensversicherungen oder anderen Investments stammen.

Kalkulieren muss sein

Egal, ob die Rentenzahlung verschoben werden soll oder nicht, eine durchdachte Planung des Ruhestands ist wichtig. Auch hier gilt mal wieder: je früher desto besser. „Spätestens mit 50 Jahren ist der Zeitpunkt für eine detaillierte Rentenplanung da“, sagt Huber. Einige Fragen sollte dann jeder für sich beantworten, um das optimale Paket aus gesetzlicher, privater und idealerweise auch betrieblicher Rente zu schnüren:

Checkliste für die Planung

1. Wann?

Die grundsätzliche Frage stellt sich zuerst. Wann soll die Rente beginnen? Die Spanne ist weit. Zentral ist vor allem die Entscheidung, ob es schon vor der normalen Altersgrenze weg vom Schreibtisch in den heimischen Garten gehen soll. Insbesondere die neue Rente mit 63 verkompliziert diese Frage. Länger arbeiten ist auch möglich. Wird gleichzeitig in die Rentenversicherung eingezahlt, erhöhen sich die Ansprüche.

Welchen der folgenden Begriffe verbinden Sie am ehesten mit dem Ruhestand?

2. Was brauche ich?

Erfahrungsgemäß ist das für viele ein schwieriger Punkt. Denn nur wenige erstellen einen detaillierten Ausgabenplan und wissen, wie hoch ihre monatlichen Kosten sind. Es muss nicht jeder Cafébesuch in den Plan einfließen, aber ein gutes Gefühl dafür, wie viel Geld der Pensionär pro Monat benötigt, muss sein. Laut einer Faustregel sind etwa 80 Prozent des letzten Nettogehalts ein guter Richtwert.

3. Was bekomme ich?

Spätestens in der zweiten Lebenshälfte sollten Arbeitnehmer mal einen Blick auf das gesetzliche Rentenkonto werfen. Sicherzustellen ist, dass alle Zeiten, in denen Rentenbezüge erarbeitet wurden, auch wirklich gemeldet wurden. Neben der normalen Erwerbstätigkeit zählen auch Ausbildungszeiten während Schule und Studium. Diese steigern zwar die Rentenansprüche nicht mehr, helfen aber dabei, die Mindestarbeitszeit zu erfüllen, die für eine Rente nötig ist. Fünf Jahre lang muss in Deutschland mindestens eingezahlt werden, um eine gesetzliche Rente zu bekommen.

Wichtig sind auch die Erziehungszeiten. Diese sollten Eltern unbedingt bei der Rentenversicherung melden. Denn ein Teilaspekt des neuen Rentenpakets der Großen Koalition ist die sogenannte Mütterrente. Frauen, die ihr Kind vor 1992 bekommen haben, bekommen künftig pro Kind monatlich 57 Euro zusätzliche Rente (im Osten sind es 53 Euro). Für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, gibt es 84 Euro (im Osten 75 Euro).

Wer weiß, wie viel gesetzliche Rente er bekommt, kann leicht kalkulieren. „Wichtig ist, das konkrete Sparziel zu berechnen“, sagt Huber. Die Rentenansprüche müssen mit dem verglichen werden, was zum Leben gebraucht wird. Danach gilt es zu klären, wie viel monatlich überhaupt gespart werden kann.

4. Eventualitäten einplanen

Bei der Ruhestandsplanung sollten auch Sonderwünsche und –effekte berücksichtigt werden. Wer etwa den ausdrücklichen Wunsch hat, seinen Kindern etwas zu hinterlassen, muss so planen, dass am Ende ein Teil des Vermögens übrig ist. Gleichfalls gilt es, einen Puffer für eventuelle Krankheiten einzubauen.

Allein dieser kurze Vier-Punkte-Plan hilft, den Ruhestand finanziell mit etwas mehr Sicherheit anzugehen, als es die meisten derzeit machen.

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