Spätestens mit Mitte 30 kommen sie, diese Fragen. Wer sie sich nicht selbst stellt, den löchern Freunde und Verwandte: "Wie machst du das eigentlich mit der Altersvorsorge? Wie steht es um deine Rente?" Spätestens jetzt fängt der Ernst des Lebens tatsächlich an.
So auch bei einer Assistenzärztin aus Berlin, die dieses Jahr ihren 35. Geburtstag feiert. Doch während alle um sie herum über drohende Altersarmut, Zuschussrente und private Altersvorsorge sprechen, habe sie der Blick auf ihre letzte "Renteninformation" eher beruhigt, sagt sie. In einem blauen Aktenordner mit der Aufschrift "Versicherungen" hat die angehende Internistin den Brief abgeheftet, schwarz auf weiß stehen dort die Zahlen. Erfreuliche Zahlen.
Zweifel bleiben
Seit ihrem Berufseinstieg an einer Uniklinik 2005 hat sie im Durchschnitt 790 Euro pro Monat an die Berliner Ärzteversorgung überwiesen. Würde sie bis zum Rentenbeginn im Jahr 2044 Beiträge in gleicher Höhe zahlen, bekäme sie später 3600 Euro monatlich ausgezahlt – bis ans Lebensende. In der gesetzlichen Rentenversicherung würde sie bei gleichem Einkommen etwa halb so viel bekommen. "Ist unser Versorgungswerk wirklich so viel besser?", fragt die junge Ärztin. Ein Zweifel bleibt.
Knapp eine Million Deutsche bauen bei ihrer Rente komplett auf ein berufsständisches Versorgungswerk. Vor allem Ärzte, Anwälte, Steuerberater und Architekten zahlen ihre Rentenbeiträge nicht an die gesetzliche Kasse, sondern an eines von rund 90 berufsständischen Versorgungswerken.
Chancen und Risiken der Betriebsrenten
Arbeitnehmer bekommen direkt vom Arbeitgeber eine Betriebsrente zugesagt. Die Höhe hängt vom Einkommen und der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab. Rutscht der Arbeitgeber in die Insolvenz, springt der Pensions-Sicherungs-Verein ein. Arbeitgeber müssen für ihre Verpflichtungen Rückstellungen in der Bilanz bilden, was die Direktzusage zunehmend unbeliebt macht.
Bei einer Direktversicherung schließt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Lebensversicherung ab. Die Beiträge übernimmt je nach Ausgestaltung der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer oder aber beide zahlen einen Teil. Läuft der Vertrag lang genug, kann der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers nicht mehr widerrufen (Unverfallbarkeit). Für neu abgeschlossene Verträge, die durch den Arbeitgeber finanziert werden, ist das meist nach fünf Jahren der Fall. Bei einer Schieflage des Lebensversicherers würde die Auffanggesellschaft Protektor einspringen. In aller Regel greift der Pensions-Sicherungs-Verein nicht.
Die Pensionskassen sind eigene Versorgungseinrichtungen und ähneln Lebens-versicherern. Sie werden von der BaFin kontrolliert und müssen relativ risikoarm anlegen. In der Praxis kaufen sie vor allem Bankpapiere und Anleihen. Arbeitnehmer haben einen rechtlichen Anspruch gegen die jeweilige Kasse, bei Finanzproblemen der Kasse auch gegen den Arbeitgeber. Rutscht dieser in die Insolvenz, steht der Arbeitnehmer im schlimmsten Fall allein da. Der Pensions-Sicherungs-Verein sichert die Pensionskassen nicht ab.
Arbeitgeber können Ansprüche auf Pensionsfonds auslagern. Diese erst 2002 eingeführten Fonds dürfen riskanter als etwa Pensionskassen anlegen; sie können im Extremfall sogar ausschließlich in Aktien investieren. Die Finanzaufsicht BaFin überwacht die Fonds. Damit die Betriebsrenten trotz der liberalen Vorschriften ausreichend geschützt sind, springt bei Insolvenz des Arbeitgebers der Pensions-Sicherungs-Verein ein.
Läuft die Betriebsrente über eine Unterstützungskasse, hat der Arbeitnehmer keine rechtlichen Ansprüche gegen diese Kasse. Im Fall einer finanziellen Schieflage muss er sich mit Ansprüchen an den Träger, also seinen Arbeitgeber, wenden. Die Unterstützungskassen unterliegen keinen speziellen Anlagevorschriften und keiner staatlichen Aufsicht. Sie können ihr angesammeltes Kapital sogar für Darlehen an den Arbeitgeber nutzen. Rutscht der Arbeitgeber in die Insolvenz, springt der Pensions-Sicherungs-Verein ein.
Ein Teil ihrer Rente hängt vom Zustrom neuer Mitglieder ab. Während dieses Umlageverfahren (Beitragszahler finanzieren das Altersgeld der heutigen Rentner) bei der gesetzlichen Rente voll greift, macht es bei den Versorgungswerken nur einen kleinen Teil der Rente aus, meist unter 20 Prozent. Der weitaus größere Teil ist kapitalgedeckt: Beitragszahler sparen also selbst für ihre spätere Rente an.
Chefs garantieren immer seltener die Höhe der Betriebsrente
So läuft es auch bei einem Großteil der etwa 17 Millionen gesetzlich rentenversicherten Arbeitnehmer, die ihre Rente mit einer betrieblichen Altersvorsorge aufstocken. Anders als die Versorgung der Ärzte, Anwälte & Co. sind diese Betriebsrenten für sie nur ein Zubrot. Meist schießen die Arbeitgeber einen Teil der monatlichen Beiträge zu. Doch immer seltener garantieren die Chefs den Angestellten die Höhe ihrer Betriebsrente. Entscheidend dafür, was im Alter aufs Konto kommt, ist die mit dem Kapital zuvor erzielte Rendite.
Die Euro-Krise, das raue Umfeld an den Kapitalmärkten, starke Kursausschläge an den Börsen und niedrige Zinsen auf sichere Anlagen schlagen deshalb auch auf Versorgungswerke und betriebliche Altersvorsorge durch. Angestellte haben immerhin noch Aussicht auf ihre gesetzliche Rente.