Anfang August bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Fall, dass Versorgungswerke bestehende Anwartschaften zusammenstreichen dürfen. Eine 60-jährige Zahnärztin musste es hinnehmen, dass ihre Ansprüche Anfang 2003 um 16 Prozent gekürzt worden waren. Versicherungsmathematiker hatten damals festgestellt, dass das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin die Lebenserwartung seiner Mitglieder zu niedrig, den Wert des Immobilienvermögens hingegen zu hoch angesetzt hatte. Rückwirkende Einschnitte waren nötig, um den Fortbestand des Versorgungswerks nicht zu gefährden. Das Gericht nickte das ab. Anwartschaften dürften in solchen Fällen gekürzt werden, nur Eingriffe in bereits fließende Renten seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allenfalls unter sehr strengen Auflagen zulässig.
Versorgungswerke müssen Lebenswandel im Blick behalten
Umso wichtiger ist es für die Mitglieder, dass die Rechenmodelle ihrer Versorgungswerke tragfähig sind. Da die Versorgungswerke neben der Altersrente auch eine Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente zahlen, müssen sie selbst den Lebenswandel der Mitglieder im Auge behalten. Heiratet der Chefarzt wie im Groschenroman die deutlich jüngere Krankenschwester, bleibt das nicht ohne Folgen – schließlich kassiert die Krankenschwester nach seinem Tod noch jahrelang eine Witwenrente, oft 60 Prozent der ursprünglichen Altersrente. "Tatsächlich sind die Mitglieder der Versorgungswerke häufiger und mit jüngeren Ehepartnern verheiratet als die sonstige Bevölkerung", sagt Kilger vom ABV.
Die Renditen der größten Pensionskassen
BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes
Pensions-Anwärter: 343045
Rentner: 98893
Kapitalanlage: 22478 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,1
2010: 4,2
2011: 3,5
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Allianz Pensionskasse
Pensions-Anwärter: 854306
Rentner: 4549
Kapitalanlage: 5937 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,1
2010: 4,0
2011: 4,4
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Hamburger Pensionskasse von 1905²
Pensions-Anwärter: 581940
Rentner: 37779
Kapitalanlage: 3559 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,3
2010: 4,5
2011: k.A.
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
²Stand: Ende 2010
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes
Pensions-Anwärter: 581940
Rentner: 37779
Kapitalanlage: 3559 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,3
2010: 4,5
2011: k.A.
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Sparkassen Pensionskasse²
Pensions-Anwärter: 323404
Rentner: 783
Kapitalanlage: 2043 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,0
2010: 4,1
2011: k.A.
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
²Stand: Ende 2010
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Victoria Pensionskasse²
Pensions-Anwärter: 287822
Rentner: 638
Kapitalanlage: 1150 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,1
2010: 4,1
2011: k.A.
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
²Stand: Ende 2010
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Gothaer Pensionskasse
Pensions-Anwärter: 243988
Rentner: 681
Kapitalanlage: 838 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 3,1
2010: 3,4
2011: 4,0
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Versorgungsanst. des Bundes und der Länder (VBL)²³
Pensions-Anwärter: 222554
Rentner: 3672
Kapitalanlage: 583 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 7,9
2010: 9,1
2011: k.A.
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
²Stand: Ende 2010
³Daten gelten nur für den von der BaFin beaufsichtigten Teil (kapitalgedeckte freiwillige Zusatzversorgung)
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
HDI-Gerling Pensionskasse
Pensions-Anwärter: 214103
Rentner: 804
Kapitalanlage: 896 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,2
2010: 4,3
2011: 3,9
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
Pensionskassen insgeasmt²
Pensions-Anwärter: 6.536.651
Rentner: 1.179.276
Kapitalanlage: 109.466 Millionen Euro
Nettorendite¹
2009: 4,3
2010: 4,6
2011: k.A.
¹Erträge abzüglich der Aufwendungen aus Kapitalanlage in Prozent des Mittelwertes der Kapitalanlagen
²Stand: Ende 2010
Quelle: Stand: Ende 2011; Quelle: Geschäftsberichte der Pensionskassen und Pensionsfonds, BaFin, eigene Berechnung
2002 hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das dortige Rechtsanwaltsversorgungswerk verurteilt, einer Witwe trotz 32 Jahren Altersunterschied zwischen ihr und dem Ehemann die Witwenrente auszuzahlen. Dass das Versorgungswerk von einer Scheinehe ausging, war den Richtern egal. Meist setzen die Satzungen der Werke nur voraus, dass die Ehe vor einem bestimmten Alter geschlossen worden ist und einige Jahre bestanden hat, damit die Rente an Witwe oder Witwer fließt. Außerdem darf das Mitglied bei der Heirat nicht schon berufsunfähig sein.
Sicher und renditestark gibt es nicht
Auf solche Besonderheiten können sich die Versorgungswerke einstellen. Deutlich härter trifft es sie, wenn ihre Kapitalanlagen zu wenig abwerfen. Und dieses Risiko ist real. Gut 60 Prozent ihrer Kapitalanlagen haben die Versorgungswerke in festverzinsliche Wertpapiere gesteckt. Möglichst sicher sollen die sein. Und möglichst renditestark, um den Rechnungszins von bis zu vier Prozent zu schlagen. Das ist derzeit schwierig: Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit werfen nur noch 1,4 Prozent Rendite pro Jahr ab.
Die Versorgungswerke müssen sich deshalb etwas einfallen lassen. Viele von ihnen suchen externen Rat und klopfen bei Herwig Kinzler an. Er leitet den Bereich Investmentberatung bei Mercer Deutschland. Einige Versorgungswerke hätten "zu lange vom hohen Zinsniveau gezehrt, teilweise in Staatsanleihen der südeuropäischen Krisenländer investiert". Die hätten nun ein Problem, müssten Millionen abschreiben und sich händeringend nach neuen Anlagemöglichkeiten umschauen.