Finanziell kann sich Flexibilität und Geduld lohnen. Dafür plädiert Raimond Maurer. Der Forscher von der Frankfurter Goethe-Universität hat untersucht, wie es sich auswirkt, wenn angehende Ruheständler die Rentenzahlungen erst später beantragen. „Wir wollen mit unserer Untersuchung darauf hinweisen, dass es sehr attraktiv sein kann, den Rentenantrag etwas in die Zukunft zu verlegen“, sagt der Finanzwissenschaftler. Das müsse natürlich zwischenfinanziert werden.
Wer früher als vorgesehen in Rente geht, muss einen Abschlag von 3,6 Prozent pro Jahr in Kauf nehmen – auch noch dann, wenn das normale Renteneintrittsalter erreicht ist. Wer allerdings seine Rente statt mit 67 erst mit 68 Jahren bei der Rentenkasse beantragt, kann sich über einen Zuschlag freuen – um sechs Prozent pro Jahr steigt die Rente dann an.
Wie stellen Sie sich Ihren Übergang in den Ruhestand vor?
Fast zwei Fünftel (37%) der Erwerbstätigen und Personen im Vorruhestand in Deutschland (n = 887) rechnen mit einem sofortigen Übergang in den Ruhestand.
Quelle: Aegon Ruhestandsstudie 2014
Die meisten deutschen Erwerbstätigen und Personen im Vorruhestand gehen jedoch nicht davon aus, dass sie direkt in den Ruhestand eintreten werden. Fast jeder Zweite, hält es für wahrscheinlich, in der einen oder anderen Art entweder in Teilzeit oder flexibel im Ruhestand weiterzuarbeiten. 24% gehen davon aus, ihre Arbeitsweise in Teilzeit oder flexibel zu reduzieren, bevor sie dann ganz aufhören zu arbeiten.
22% gehen davon aus, ihre Arbeitsweise in Teilzeit oder flexibel zu reduzieren, aber auch im Ruhestand weiterhin tätig zu sein.
8% sind derzeit noch unentschlossen.
Nur 7% der Erwerbstätigen gehen davon aus, über das übliche Rentenalter hinaus unverändert weiterzuarbeiten.
2% der Befragten machten andere Angaben.
Sicherlich ist das nicht für Jedermann geeignet, denn das Übergangsjahr muss aus dem Ersparten bestritten werden. Dennoch: „In der Niedrigzinsphase ist der Verzicht auf die Rentenzahlungen in den ersten Jahren besonders attraktiv“, sagt Maurer. Denn das Geld, mit dem die Übergangszeit finanziert wird, würde auf einem Sparkonto kaum Zinsen einbringen. Dagegen ist der Zuschlag mit sechs Prozent pro Jahr üppig.
Für wen lohnt sich das?
„Tendenziell profitieren Frauen von einem späteren Zahlungsbeginn Frauen stärker als Männer“, sagt Maurer. Das liege an der höheren Lebenserwartung. Denn die verschobene Rente reduziert die Gefahr, das Vermögen schon zu Lebzeiten zu verbrauchen.
Michael Huber ist skeptisch, wenn es darum geht, bei der Altersvorsorge auf ein langes Leben zu setzen. „Ich kenne keinen, der das macht“. Angesichts der Niedrigzinsphase möge das zwar sinnvoll sein, allerdings stecke eben auch ein Risiko dahinter. „Gegenüber der regulären Variante fehlt mir ja ein komplettes Jahr an Rentenzahlungen. Bis das durch die Zuschläge ausgeglichen ist, dauert es einige Jahre“, sagt Huber.
Alternative: Weniger Rente für längere Zeit
Geläufiger sei dagegen die vorzeitige Rente. Zwar seien Anleger oft skeptisch angesichts der Abschläge von 3,6 Prozent pro Jahr. Allerdings müsse man eben auch bedenken, dass so schon früher Rentenzahlungen fließen würden.
Grundvoraussetzung für die vorgezogene als auch die verzögerte Rente ist natürlich, dass ein gewisser Kapitalbestand da ist, mit dem die Übergangszeit zwischen Arbeitsende und Beginn der Rentenzahlung überbrückt werden kann. Dieser kann beispielsweise aus fälligen Lebensversicherungen oder anderen Investments stammen.
Kalkulieren muss sein
Egal, ob die Rentenzahlung verschoben werden soll oder nicht, eine durchdachte Planung des Ruhestands ist wichtig. Auch hier gilt mal wieder: je früher desto besser. „Spätestens mit 50 Jahren ist der Zeitpunkt für eine detaillierte Rentenplanung da“, sagt Huber. Einige Fragen sollte dann jeder für sich beantworten, um das optimale Paket aus gesetzlicher, privater und idealerweise auch betrieblicher Rente zu schnüren: