Riester, Rürup und Lebensversicherung „Die Versicherer haben in der Altersvorsorge versagt“

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„Die Bilanz ist traurig“

Knapp 50.000 Mitglieder hat der Bund der Versicherten. Vorstand Kleinlein erklärt das politische Projekt Riester-Rente für gescheitert. Quelle: Frank Beer für Handelsblatt

Wer profitiert von diesem System?
Staat und Bürger jedenfalls nicht. In den Kalkulationen schlummern die Gewinne, wenn die Leute früher sterben. Die Versicherer basteln sich über die Sterbetafeln jetzt die Basis für die Gewinne der nächsten 30 bis 50 Jahre. Mit der Lebenserwartung der Menschen wird ziemlich willkürlich umgegangen. Und am Ende stehen die Verbraucher mit niedrigeren Renten da.

Versicherer kritisieren, Ihre Kritik sei zu pauschal. Es gäbe Fälle, in denen sich die Riester-Rente für die Kunden lohne.
Der Sinn einer Altersvorsorge lässt sich natürlich nur individuell ermitteln. Wenn Riester-Sparer etwa sehr viele Kinder haben, kann sich der Abschluss wegen der hohen Förderung für sie lohnen - auch wenn das Produkt an sich ineffizient ist. Für jeden Vertrag der sich individuell rentiert, müssen aber ein paar Steuerzahler bluten. Beide Fragen – die individuelle Effizienz und die ökonomische Effizienz - muss man getrennt voneinander sehen. Das politische Projekt Riester-Rente ist gescheitert.

Wie beurteilen Sie die Rürup-Rente für Selbstständige?
Da ist die Bilanz ebenfalls traurig. Auch wenn diese Produkte etwas schlankere Kostenstrukturen haben, sind sie ebenfalls ineffizient. Hier kommt noch dazu, dass die Kunden niemals kündigen können. Versicherer, die den Kunden einmal gefangen haben können glücklich sein.

Dann bleibt für die private Rentenvorsorge nur noch die Lebensversicherung.
Die Branche hat in den vergangenen Jahren viele Kunden mit der kapitalbildenden Lebensversicherung enttäuscht. Die Vertriebe und Vorstände haben neben der Sicherheit auch hohe Renditen versprochen und das nicht halten können. Viele Kunden, die sich darauf verlassen haben, können jetzt ihre Geschäfte oder Immobilien nicht mehr finanzieren.

Vor allem bei der Überschussbeteiligung gibt es immer wieder Streit.
Viele Versicherer tricksen da. Zum Beispiel bei der RfB…

… die Rückstellung für Beitragsrückerstattung, die Versicherer zum Jahresabschluss bilden.
Genau. Aktuell missbrauchen viele Versicherer diesen Posten. Dort lagern dann erhebliche Summen. Die stehen aber eigentlich den Kunden zu, deren Verträge jetzt ablaufen. Wir fordern: Kunden, die ausscheiden, sollten an den Spartöpfen der freien RfB beteiligt werden. Politik und Regulierer sind da gefragt. Das Missverhalten bei den Überschüssen und niedrige Renditen ist aber nicht das einzige Hauptproblem.

Sondern?
Die hohe Zahl der Kündigungen. Der Branchenverband GDV rühmt sich mit einer aktuellen Stornoquote von 3,6 Prozent. Das bedeutet in der Hochrechnung aber, dass bei langlaufenden Verträgen drei von vier Versicherten vor dem Ablauf der Police kündigen. Bei Fondsgebundenen Policen liegt die Quote der Kündigungen bei mehr als 90 Prozent.

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