Staatliche Förderung Warum es beim Riestern keine fette Beute gibt

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Viel versprochen, wenig gehalten

Was Sparer gegen schlechte Riester-Verträge tun können
Günstiges Produkt wählenUm eine spätere Enttäuschung mit dem Riester-Produkt zu vermeiden, sollten Sie schon vor dem Vertragsabschluss prüfen, welches Produkt passt und was es kostet. Allen Riester-Produkten gemein ist die Kapitalgarantie. Zu Beginn der Auszahlungsphase müssen also zumindest die eingezahlten Beiträge sowie die gewährten staatlichen Zulagen vorhanden sein. Bei den Kosten und den möglichen Renditen gibt es jedoch große Unterschiede, je nachdem, ob Sie zu einer Versicherung, einem Fonds- oder Banksparplan oder zum Wohn-Riester greifen. Viele Experten betrachten Wohn-Riester als die rentabelste Form der staatlich bezuschussten Altersvorsorge. Quelle: Fotolia
Vertrag beitragsfrei stellenWer nicht mehr in seinen Riester-Vertrag einzahlen möchte, weil er sich als unrentabel erweist oder weil einfach das Geld in der Haushaltskasse fehlt, kann seinen Vertrag zunächst beitragsfrei stellen. Dann fließen weder neue Einzahlungen noch staatliche Zulagen in den Vertrag. Die bis zu diesem Tag einzahlten Beiträge und Zulagen bleiben im Vertrag stehen und werden am Ende der Vertragslaufzeit auch mit den aufgelaufenen Zinsen ausgezahlt – Anleger machen also keine zusätzlichen Verluste. Diese Beitragsfreistellung ist auch für Menschen interessant, die sich selbständig machen. Weil Selbständige nicht zur Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung verpflichtet sind, haben sie keinen Anspruch auf die staatlichen Zulagen. Aber was in den Vorjahren bereits gewährt wurde, geht trotz Beitragsfreistellung auch nicht verloren. Kehrt der Selbständige wieder in ein Angestelltenverhältnis zurück, kann er zudem den ruhenden Vertrag neu aufleben lassen. Quelle: Fotolia
Beiträge reduzierenEine andere mögliche Variante ist es, die Beitragszahlungen zu reduzieren. Das sorgt für Entspannung in der Haushaltskasse, aber die Altersvorsorge wird zumindest weiter angespart. Damit aber auch weiter die staatlichen Zulagen fließen, muss der Riester-Sparer weiterhin mindestens 60 Euro im Jahr – also fünf Euro im Monat – in den Vertrag einzahlen. Sonst gehen die Riester-Zulagen verloren – und damit auch ein wesentlicher Vorteil des Riester-Vertrags. Wer also die fünf Euro nicht mehr aufbringen will oder kann, sollte den Vertrag lieber ganz beitragsfrei stellen oder sogar kündigen – oder eventuell aussetzen (siehe nächstes Bild). Quelle: Fotolia
Beiträge vorübergehend aussetzenWer glaubt, nur vorübergehend nicht das Geld für einen Riester-Vertrag aufbringen zu können, und den Vertrag zu einem späteren Zeitpunkt weiter besparen möchte, muss nicht gleich kündigen. Beim „riestern“ kann sich der Sparer auch eine Auszeit gönnen. Praktisch ist diese Variante vor allem, wenn Elternzeit, Krankheit oder vorübergehende Arbeitslosigkeit das Einkommen schmälern. Bessert sich die Einkommenslage wieder, können die monatlichen Raten wieder aufgenommen werden. Es fehlen dann zum Ende der Laufzeit allerdings die ausgesetzten Einzahlungsmonate, die Ablaufleistung ist entsprechend niedriger. Quelle: Fotolia
Kündigung: Ende mit SchreckenWer ganz aus seinem Riester-Vertrag raus möchte, kann dies grundsätzlich jederzeit tun. Schließlich ist bei allzu schlechter Rendite ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen. Allerdings ist eine üppige Kündigungsfrist zu beachten. Sie ist immer nur zum Quartalsende möglich, wenn mindestens drei Monate vorher gekündigt wurde. Bei der Rückzahlung des angesparten Kapitals ist außerdem mit empfindlichen Einbußen zu rechnen (siehe Bild 9). Was zurückgezahlt wird, dürfte deutlich unter der Summe der eingezahlten Beiträge und staatlichen Zulagen liegen. Dafür hat der Sparer wieder mehr monatlichen Spielraum, um Geld auf anderem Wege an die Seite zu legen sowie weniger Papierkram, weil er die Riester-Zuschüsse nicht mehr beantragen muss. Quelle: Fotolia
Vertrag wechselnEtwas anders stellt sich die Situation dar, wenn mit Wirksamwerden der Kündigung gleich ein anderer Riester-Vertrag angespart wird. Das kann sich unter Renditeaspekten durchaus lohnen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat ausgerechnet, dass bei einer monatlichen Zahlung von 100 Euro und mit einer Laufzeit von 30 Jahren eine nur um einen Prozentpunkt höhere Rendite am Tag der Auszahlung 13.000 Euro Plus ausmacht. Zwar entstehen mitunter nochmal beträchtliche Kosten. Es werden für den Wechsel üblicherweise von 50 bis 125 Euro fällig, im Einzelfall auch deutlich mehr. Allerdings möchte die Bundesregierung die Wechselgebühren in Zukunft auf 150 Euro begrenzen. Quelle: Fotolia
Rechtzeitig neuen Vertrag suchenWer wechselwillig ist, sollte sich zunächst auf die Suche nach einem geeigneten Produkt machen und den alten Riester-Anbieter erst anschließend über seine Wechselabsichten informieren. Dadurch lässt sich vermeiden, dass die Sparsumme samt staatlicher Zulagen zunächst ausgezahlt wird. Stattdessen sollte das Guthaben aus dem Riester-Vertrag gleich in den neuen Vertrag fließen. Wichtig: Der Riester-Sparer ist selbst dafür verantwortlich, dass der aktualisierte Zulagenantrag mit den Daten des neuen Anbieters den Behörden zugeht. Sonst gehen die monatlichen Grundzulagen und Kinderboni verloren. Bei den Rentenversicherungsprodukten ist noch zu beachten, dass zum Jahresbeginn der staatlich garantierte Zins auf die Ersparnisse von 2,25 auf 1,75 Prozent gesenkt wurde. Mitunter lässt sich je nach Produkt und Gesellschaft auch nur die Anlagestrategie ändern, etwa indem der Anleger in einen anderen Riester-Fondssparplan des gleichen Anbieters wechselt. Dann werden keine oder nur geringe Wechselkosten fällig. Quelle: Fotolia

Hinzu kommen neue Probleme, vor allem dank der rekordniedrigen Zinsen. Rentenversicherer ziehen sich aus dem Markt zurück, weil sie die Beitragsgarantie sowie den Garantiezins der Rentenversicherung kaum noch erwirtschaften können. Aggressiv verkauft werden zurzeit Wohn-Riester und Bausparverträge. Ein Blick auf den eigenen Vertrag lohnt sich in jedem Fall – wer unzufrieden ist, kann ihn austauschen und verändern.

Unterstützt wird er dabei auch vom Gesetzgeber. Ab dem Sommer soll ein Produktinformationsblatt Anlagestrategien und Kosten der Riester-Angebote besser darstellen. Zudem könnten die Kosten eines Anbieterwechsels begrenzt werden. Das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz steckt allerdings noch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat fest.

Viele Sparer und jetzt auch die Parlamentarier haben gemerkt, dass in der Werbung dick aufgetragen wurde, die Produkte aber nicht halten, was sie versprachen. Wer etwa vorzeitig aus seinem Vertrag aussteigt, zahlt drauf – und wer nicht mindestens 80 Jahre alt wird, kann mit Riester sehr wohl Geld verlieren. Auch die Kinderzulage wird oft überschätzt. Nach der Geburt eines Kindes fällt der Steuervorteil beispielsweise um die gezahlte Kinderzulage. Einen echten finanziellen Nutzen haben Sparer meist erst ab dem dritten Kind – oder als Geringverdiener.

Was Riesternde wissen müssen

Eingeführt wurde die Riester-Rente, um die Rentenkürzung aus dem Jahr 2001 aufzufangen. Weil wenige aus eigenem Antrieb die Rentenlücke schließen, unterstützt der Staat sie durch Zulagen und Steuervorteile.

Er verlangt von Anlegern einen Eigenbeitrag, dessen Höhe abhängig vom Einkommen ist. Um die volle Grundzulage in Höhe von jährlich 154 Euro zu bekommen, müssen Riester-Sparer vier Prozent ihres rentenversicherungspflichtigen Vorjahres-Einkommens in einen Riester-Vertrag einzahlen – maximal 2100 Euro pro Jahr. Wer weniger einzahlt, dem wird die Zulage anteilig gekürzt. Anspruch haben alle, die in der gesetzlichen Rentenkasse pflichtversichert sind, sowie Hartz-IV-Empfänger und Beamte.

Auch Ehepartner ohne eigenen Anspruch auf Förderung bekommen die 154 Euro Grundzulage, wenn sie jährlich 60 Euro in einen eigenen Vertrag einzahlen. Die Kinderzulage von 185 Euro pro Kind, für ab 2008 geborene Kinder 300 Euro, können sie jedoch nur für einen der beiden Verträge kassieren.

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Frühestens ab dem 60. Lebensjahr kommen Sparer bei älteren Riester-Verträgen an ihr Geld heran, neuere Verträge müssen sie bis 62 besparen. Zu Rentenbeginn dürfen sie sich maximal 30 Prozent der gesparten Summe auszahlen lassen, der andere Teil muss in monatlichen Raten als Rente fließen, die voll versteuert wird.

Erfahrene Anleger, die ihre Altersvorsorge in die eigene Hand nehmen wollen, können freier sparen und bessere Ergebnisse schaffen als die Produkte von der Stange – selbst wenn sie dann, anders als bei der Riester-Rente, auf Erträge Abgeltungsteuer zahlen müssen. Trotz Zulagen und Steuervorteilen bringt Riester-Sparen über die komplette Ein- und Auszahlungsdauer nur bei sehr langer Lebensdauer eine auskömmliche Rendite. Die Rente Marke Eigenbau dürfte vielen aber zu schwierig sein. Riestern, so viel steht heute fest, ist besser, als gar nichts fürs Alter zurückzulegen.

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