Sturmtief "Burglind" Hoffentlich gut versichert gegen Stürme

Polizisten beseitigen am 3. Januar in Köln einen umgestürzten Baum von einer Straße. Sturmtief

Eine Rekordflut sucht die Ostseeküste heim, jetzt zittert auch Süddeutschland vor dem Unwetter. Was müssen Versicherte tun, um nicht auf den Schäden sitzen zu bleiben?

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Mit orkanartigen Böen von mehr als 120 Kilometern pro Stunde ist Sturmtief „Burglind“ auf den Westen Deutschlands getroffen. Umgestürzte Bäume und heftiger Regen behinderten am Mittwochmorgen in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz massiv den Berufsverkehr. Straßen waren blockiert und der Regionalverkehr der Bahn gestört. Die Feuerwehren waren wegen umgestürzter Bäume, überfluteter Straßen und vollgelaufener Keller im Dauereinsatz. Umgeknickte Bäume und umherfliegende Gegenstände sorgten in Teilen NRWs für ein Verkehrschaos. Auch Hausdächer und Autos wurden beschädigt.

Den Betroffenen kann man nur wünschen, dass sie die richtige Versicherungspolice haben. „Unwetterschäden werden ohne ausreichende Versicherung schnell unbezahlbar", sagt Christian Günther, Assessor bei anwalt.de. "Neben der richtigen Versicherung kommt es dabei auch auf das richtige Vorgehen gegenüber dem Versicherer an.

Während Schäden an der Immobilie ein Fall für die Gebäudeversicherung sind, bedarf es für Schäden an der Einrichtung einer Hausratversicherung. In jedem Fall gilt: Schäden unverzüglich der Versicherung melden, zum Beweis dokumentieren und möglichst nicht vor deren Antwort reparieren lassen."

Das waren die teuersten Stürme Europas
Bei dem Hundewetter wollen noch nicht einmal die Vierbeiner vor die Tür. Das Orkantief Christian leitete gestern die Sturmsaison ein. Entwurzelte Bäume, zerstörte Autos, verspätete Züge und spektakuläre Landeversuche von Linienflugzeugen prägten gestern das Bild und nagten an den Nerven von Pendlern. Auch wenn sich die genauen Kosten noch nicht beziffern lassen gilt schon jetzt als sicher: Der gestrige Sturm war im Vergleich zu anderen Orkanen noch vergleichsweise harmlos. Quelle: dpa
Das Sturmtief Jeanett raste vom 26. bis zum 30. Oktober 2002 über Europa. Extreme Temperaturunterschiede über dem Nordatlantik verwandelten das Tiefdruckgebiet in einer der verheerendsten Stürme, die Europa in der letzten Zeit trafen. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 183 km/h, gemessen am Fichtelberg im Erzgebirge, forderte Jeanett 37 Menschenleben. Die Münchener Rück errechnete einen Gesamtschaden in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Davon versichert waren knapp zwei Milliarden Euro. Quelle: dpa
Vom 7. bis zum 9. Januar 2005 sorgte Orkan Erwin für Schäden in Höhe von 4,5 Milliarden Euro, wovon zwei Milliarden Euro versichert waren. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 145 km/h fegte Erwin über Nordeuropa. Die größten Schäden verursachte er in Schweden, wo in einer Nacht circa 160.000 Hektar Waldfläche zerstört wurden – das entspricht in etwa 300.000 Fußballfeldern. Sturmtief Erwin fielen 18 Menschen zum Opfer. Quelle: dpa
Das Sturmtief Xynthia erreichte vom 26. bis zum 28. Februar 2010 Windgeschwindigkeiten jenseits der 200 km/h. In den Pyrenäen wurden Geschwindigkeiten bis zu 238 km/h gemessen. In Deutschland raste der Sturm mit bis zu 180 km/h über den Brocken. Insgesamt belief sich der Schaden, den Xynthia in Europa hinterließ auf 4,5 Milliarden Euro. Rund 2,3 Milliarden Euro musste von den Rückversicherungen übernommen werden. Mit einer Todesopferzahl von 65 gehört der Orkan zu einer der Tödlichsten der vergangenen Jahre. Quelle: dpa
Schäden in Höhe von drei Milliarden Euro verursachte der Orkan Anatol. Davon versichert waren immerhin 2,4 Milliarden Euro. Vom 3. bis zum 4. Dezember 1999 brach er überwiegend über Nordeuropa ein. Im Durchschnitt fegte er mit 136 km/h übers Land. Einzelne Böen erreichten sogar Geschwindigkeiten von bis zu 183 km/h. Auslöser des Orkans waren starke Druckveränderungen. Besonders hart traf es Dänemark. Dort gilt Anatol als schlimmster Orkan des 20. Jahrhunderts. Quelle: dpa
Die Schäden des Orkan Klaus beliefen sich auf vier Milliarden Euro. Die Rückversicherer wurden mit 2,4 Milliarden Euro belastet. Entstanden ist der Orkan auf dem atlantischen Ozean, wo das Tiefdruckgebiet innerhalb von 24 Stunden einen Druckunterschied von 34 Hektopascal erfuhr. Er wütete vom 24. bis zum 27. Januar 2009 über Südeuropa. Die Höchstgeschwindigkeit wurde in Andorra mit 216 km/h verzeichnet. Sturmtief Klaus forderte 26 Menschenleben. Quelle: dpa
Direkt nach dem verheerendsten Orkan aller Zeiten, dem Sturmtief Lothar, folgte ein weiterer, kaum weniger zerstörerischer Sturm. Vom 27. bis zum 28. Dezember 1999 raste Sturmtief Martin über Frankreich, Spanien und die Schweiz. Er verursachte Schäden in Höhe von 4,1 Milliarden Euro. Rückversicherer übernahmen rund 2,5 Milliarden Euro der Schadenssumme. Insgesamt fielen 30 Menschen Orkan Martin zum Opfer. Quelle: AP

Ob die Versicherungen einspringen, hängt jedoch sehr stark von den eigenen Tarifen und Verträgen ab und gerade die Gebäude- und Hausratversicherungen unterscheiden sich teils deutlich – abhängig vom gewählten Tarif und teilweise auch abhängig davon, wann der Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde.

Die sich häufenden hohen Sturm- und Unwetterschäden haben die Versicherungslandschaft in den vergangenen Jahren ordentlich durcheinandergewirbelt. Viele Gesellschaften haben ihre Bedingungen und Beiträge deutlich angepasst. Denn früher war es weit weniger als heute üblich, zur Standardpolice auch gleich eine Erweiterung des Versicherungsschutzes um Elementarschäden anzubieten. Das hat Folgen: Wohngebäudeversicherungen zum Schutz der Immobilie sichern nämlich standardmäßig nur Schäden durch Sturm, Blitz und Hagel ab.

Elementarschadenschutz wird wichtiger

Zunehmend wichtig ist deshalb der sogenannte Elementarschadenschutz. Er sorgt dafür, dass die Versicherung auch nach Überschwemmungen und Starkregen die Schäden ausgleicht. Allerdings sind üblicherweise Schäden durch Sturmflut- und Grundwasser, das nicht an die Erdoberfläche gedrungen ist, nicht mitversichert. Wer seine Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung um diesen Elementar-Schutz erweitern kann, sollte es möglichst tun. Aber nicht überall ist ein Elementarschadenschutz zu bekommen, da den Versicherern einige Regionen schlicht zu riskant sind. Natürlich kostet dieser Schutz mehr, eine Selbstbeteiligung hilft aber, die Beiträge zu reduzieren. Immer mitversichert sind: Erdbeben, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen, Vulkanausbruch und oft auch Rückstau in der Abwasserleitung.

Ähnlich verhält es sich mit Hausratversicherungen zum Schutz des Gebäudeinventars. Auch hier sind Schäden infolge von Sturm und Hagel sowie durch undichte Wasserleitungen versichert. Ist das Wasser jedoch von außen eingedrungen und hat Möbel, Elektrogeräte oder anderen Hausrat beschädigt, braucht der Geschädigte den Elementarschutz. Außerdem müssen Überspannungsschäden explizit mitversichert sein, damit die Versicherung auch nach Blitzschlag den Schaden ersetzt. Überspannungsschäden sollten bis zur Höhe der gesamten Versicherungssumme abgedeckt sein.

Diese Versicherungen helfen bei Regen und Sturm
Sturm und GewitterWenn sich ein heftiges Gewitter zusammenbraut, hat der Glück, der versichert ist. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat einige Tipps im Umgang mit Naturgewalten veröffentlicht. Grundsätzlich gilt: Für Sturmschäden haften Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen. Wer sie in Anspruch nehmen möchte, sollte jedoch auf die Beaufort-Skala schauen. Die Versicherungen übernehmen die Schäden nur für Regionen, in denen das Unwetter mit einer Windstärke von acht Beaufort wütet - also ab einer Windgeschwindigkeit von 61 Stundenkilometern pro Stunde. Die Versicherungen lassen eine offizielle Sturmwarnung gelten oder wenn die Häuser in der Nachbarschaft ebenfalls beschädigt sind. Auch Medienberichte über Sturmschäden in der Umgebung können als Nachweis helfen. Die genaue Windstärke zum Zeitpunkt des Schadenseintritts kann auch beim Deutschen Wetterdienst (Hotline: 0180-2913913) erfragt werden. Die Wohngebäudeversicherung übernimmt Sturmschäden wie etwa abgedeckte Dächer, zerstörte Schornsteine oder Schäden am Haus durch umgefallene Bäume. Sie zahlt auch für Folgeschäden, wenn durch das vom Sturm beschädigte Dach oder kaputte Fenster Regen in das Gebäude eindringt und Wände oder Fußböden beschädigt werden. Praktisch: Hat der Sturm Ziegel und Dachpappe mitgehen lassen, muss man den Schaden nicht einzeln nachweisen. Wichtig ist, dass der Schaden der Versicherung sofort gemeldet werde, warnen die Verbraucherschützer. Und: Kaputte Gegenstände sollten erst nach der Rücksprache mit der Versicherungsgesellschaft entfernt werden, sonst könnte das die Feststellung des Schadens behindern.Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen; Bund der Versicherten (BdV) Quelle: dpa
Gewitter und Sturm - HausratFür den Hausrat haftet die Versicherung nur, wenn er während der Böen in einem Gebäude untergebracht war. Ausnahme bilden Antennen und Markisen, die einem Mieter gehören und ausschließlich durch diesen genutzt werden. Manche Hausratspolicen enthalten sogar Zusatzklauseln, die den Verderb von gefrorenen Lebensmitteln abdecken. Auch Folgeschäden, die durch vom Sturm umhergewirbelte Gebäudeteile, umstürzende Bäume oder andere Gegenstände auf die versicherten Sachen (Haus oder Hausrat) entstehen, sind mitversichert. Quelle: dpa
Unwetterschäden am Auto - TeilkaskoIm Bereich der Kfz-Versicherung sind Sturm- und Hagelschäden nur dann mitversichert, wenn eine Teilkaskoversicherung besteht. Die Teilkaskoversicherung ist grundsätzlich auch Bestandteil der Vollkaskoversicherung. Hat der Sturm Dachziegel auf ein parkendes Auto geschleudert, muss die Teilkasko des Autohalters zahlen. Wichtig: Versichert ist der Wert des Autos zum Zeitpunkt der Schadensmeldung, nicht sein Neuwert. Oft hat der Versicherte außerdem eine Selbstbeteiligung zu leisten, die von der Entschädigungssumme abgezogen wird. Der Vorteil in der Teilkaskoversicherung ist, dass der Versicherer, abgesehen von der Selbstbeteilungen des Versicherungsnehmners, ohne Rückstufung des Schadenfreiheitsrabatts zahlt. Wer nur eine Kfz-Haftpflichtversicherung hat, genießt keinen Versicherungsschutz. Quelle: AP
Unwetterschäden am Auto - VollkaskoWenn ein Auto auf einen umgestürzten Baum fährt, haftet die Vollkaskoversicherung. Ist Baum nachweislich morsch, umgestürzt und hat das Haus oder Auto beschädigt, muss der Baumbesitzer oder seine Haftpflichtversicherung für den Schaden aufkommen. Ist ein gesunder Baum umgefallen, gilt dies als „höhere Gewalt”, und der Eigentümer haftet nicht für den Schaden. Quelle: dpa
Hochwasser, Überschwemmung und StarkregenWenn durch das Unwetter Keller überflutet und Wände und Inventar beschädigt worden sind, dann ist es besser, wenn man eine „Elementarschaden-Versicherung” abgeschlossen hat. Gebäudeversicherungen haften nicht für Schäden durch eindringendes Wasser. Bei Überflutungen durch Starkregen oder übertretende Ufer haftet nur eine Elementarschaden-Versicherung. Eine Elementarschaden-Police, meist als Ergänzung zur Hausrat- und Wohngebäudeversicherung oder direkt in den Verträgen enthalten, deckt je nach Vertrag weitere Schäden ab, etwa durch Ausuferung oberirdischer Gewässer (nicht aber Sturmflut), Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche infolge von Witterungsniederschlägen oder Ausuferung oberirdischer Gewässer, Rückstau (sofern einen Rückstauklappe installiert und funktionsfähig ist), Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck und Lawinen. Versicherer gestalten den Umfang oft individuell. Es hängt also von den jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen ab, ob auch wirklich alle hier aufgeführten Gefahren versichert sind. So haben beispielsweise manche Tarife bei Überschwemmungsschäden nur die Ausuferung oberirdischer Gewässer versichert, nicht aber auch Überschwemmungsschäden durch Starkregen. Eine Elementarschadenversicherung deckt selten alle Schaden ab. Beispielsweise gilt bei Schäden durch Überschwemmung häufig ein Selbstbehalt, beispielsweise von zehn Prozent des Schadens, mindestens 500 Euro sowie maximal 5.000 Euro. Quelle: dpa
Schäden am Auto: ÜberschwemmungenSchäden durch Überschwemmungen sind bei der Kfz-Teilkasko mitversichert. Hier gibt es keine Schadensfreiheitsrabatte, Fahrzeughalter brauchen also keine Rückstufung zu befürchten. Auch hier gilt: Bei einer Selbstbeteiligung wird der vereinbarte Betrag von der Entschädigungssumme abgezogen. Ob Kindersitze, Warndreieck und Verbandskasten ebenfalls versichert sind, hängt von der Versicherungsfirma ab. Vorsicht ist geboten: Wer trotz polizeilicher Warnung sein Auto in einem Überschwemmungsgebiet abstellt oder auch nur dort hinfährt, der riskiert, dass der Versicherer nur einen Teil des Schadens trägt oder eine Regulierung ganz ablehnt. Dies gilt insbesondere, wenn der Versicherte in einer Weise gehandelt hat, durch die der Schaden hervorgerufen wurde. Zumindest kann die Gesellschaft dann oftmals entsprechend der Schwere des Verschuldens ihre Leistung kürzen. Tipp: Versicherungsnehmer sollten einen Tarif in der Kaskoversicherung wählen, bei dem der Versicherer auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls verzichtet. Quelle: dpa
Gewitter und BlitzeinschlagIst der Blitz direkt in ein Haus eingeschlagen, kommt der Gebäudeversicherer für die Schäden am Haus auf. Was durch die Überspannung kaputt geht, ersetzt die Versicherung nur, wenn der Blitz direkt in das versicherte Grundstück oder Gebäude eingeschlagen ist. Sonstige Schäden durch Überspannung, Überstrom oder Kurzschluss sind nur dann über die Gebäudeversicherung abgedeckt, wenn eine Überspannungsklausel vereinbart wurde. Das gilt auch für die Hausratversicherung. Tipp: Verbraucher sollten eine Versicherung wählen, die Überspannungsschäden möglichst bis zur Versicherungssumme decken und auch unabhängig davon leistet, wo der Blitz einschlägt. Quelle: dpa

Kasko-Versicherung übernimmt beschädigte Autos

Bei Fahrzeugen verhält es sich etwas anders. Gewöhnlich deckt hier die Teilkaskoversicherung den Schaden ab, sofern er unmittelbar durch das Unwetter entstanden ist. Einzige Einschränkung: Der Fahrer darf nicht fahrlässig handeln. Wer mit voller Absicht eine überschwemmte Straße befährt und dabei das Fahrzeug versenkt oder beschädigt, braucht schon eine Vollkaskoversicherung, damit der Schaden reguliert wird. Denn gegen blöde Fehler (im Fachjargon "grobe Fahrlässigkeit") muss man sich besonders versichern.

Mit Material von dpa

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