Was passt so gar nicht, wenn man einen ruhigen und sorglosen Lebensabend verbringen möchte? Finanzielle Sorgen. Damit ist ein Großteil der Älteren in Deutschland aber konfrontiert. 73 Prozent aller Rentner und Pensionäre haben im Ruhestand bereits einen finanziellen Engpass erlebt. Nur 27 Prozent sagen, dass ihr Geldbedarf noch nie über den Einkünften lag.
Das ist das Ergebnis einer Studie des Versicherungskonzerns Axa, der die finanzielle Flexibilität von Senioren und Rentnern untersucht hat. Wie wichtig finanzielle Flexibilität - also Liquidität - im Alter ist, wird einem Großteil mit zunehmenden Lebensjahren bewusst. Bei den 65- bis 69-Jährigen sagen noch 36 Prozent, dass der Finanzbedarf im Alter steigt und nicht fällt. Bei den 70- bis 74-Jährigen sind es schon 49 Prozent, 63 Prozent bei den 75- bis 79-Jährigen und immerhin 80 Prozent bei Menschen jenseits der 80 Jahre.
Rentenprognosen für 2040
Die vorliegenden Berechnungen stammen aus der Studie "Rentenperspektiven 2040" von Prognos. Die Prognosen beziehen sich jeweils auf zwei Kreise im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Berechnet wurden jeweils die durchschnittliche Bruttorente für sechs typisierte Erwerbsbiografien. Erwerbslücken aufgrund von Kindererziehungszeiten weisen in diesem Beispiel zwei Erwerbsbiografien auf. Gerechnet wurden die Prognosewerte ohne Inflationsanpassung, das heißt nach dem Preisniveau in Euro aus dem Jahr 2015 um die Zahlen mit heutigen Werten vergleichbar zu machen. Nominal dürften die zukünftigen Renten und Einkommenshöhen 2040 entsprechend höher liegen. Der Kaufkraftvergleich steht im Zentrum der Betrachtung.
Stand: 12.11.2015
Bruttorente (€) | Bruttorentenniveau |
1678 | 38,90 % |
Kreise/Bund | Bruttorente (€) | Rentenkaufkraft (€) | Bruttorentenniveau |
Hamburg | 2726 | 2383 | 33,5 % |
Schwerin | 2291 | 2343 | 33,6 % |
Bund | 2597 | 34,0 % |
Kreise/Bund | Bruttorente (€) | Rentenkaufkraft (€) | Bruttorentenniveau |
Halle | 2045 | 2158 | 35,8 % |
Saalekreis | 2191 | 2463 | 34,4 % |
Bund | 2324 | 36,9 % |
Kreise/Bund | Bruttorente (€) | Rentenkaufkraft (€) | Bruttorentenniveau |
Berlin | 1451 | 1369 | 35,3 % |
München | 1452 | 1113 | 34,4 % |
Bund | 1456 | 35,4 % |
Kreise/Bund | Bruttorente (€) | Rentenkaufkraft (€) | Bruttorentenniveau |
Hildesheim LK | 1083 | 1174 | 52,0 % |
Konstanz LK | 1086 | 1026 | 50,9 % |
Bund | 1095 | 50,8 % |
Kreise/Bund | Bruttorente (€) | Rentenkaufkraft (€) | Bruttorentenniveau |
Hohenlohekreis | 2579 | 2658 | 34,1 % |
Merzig-Wadern | 2391 | 2439 | 35,5 % |
Bund | 2366 | 33,6 % |
Kreise/Bund | Bruttorente (€) | Rentenkaufkraft (€) | Bruttorentenniveau |
Bonn | 1611 | 1506 | 42,1 % |
Köln | 1620 | 1473 | 41,8 % |
Bund | 1612 | 39,7 % |
Als Hauptgründe für schwankenden Geldbedarf im Ruhestand geben Rentner eine möglicherweise auftretende Pflegebedürftigkeit sowie Kosten für Krankheiten an. Das erklärt auch, warum viele vor allem im späteren Jahren einen erhöhten Finanzbedarf sehen.
Geizen gegen Geldmangel
Die heutigen Berufstätigen schätzen das anders ein. Hier glaubt rund die Hälfte, dass schwankender Geldbedarf eher in den ersten Jahren des Ruhestands auftritt. Die Studie zeigt, dass sich viele Arbeitnehmer auf den Ruhestand freuen, insbesondere um reisen zu können und generell um mehr Zeit für womöglich kostenintensivere Freizeitaktivitäten zur Verfügung zu haben. Der Studie zufolge ist das aber eine Fehleinschätzung.
Wer an die Mindestrente glaubt - und wer nicht
54 Prozent der Jungen glauben an eine Mindestrente, 46 Prozent sind skeptisch.
Bei der nächstälteren Gruppe sind 56 Prozent zuversichtlich, dass die Mindestrente kommt.
Bei den 35- bis 44-Jährigen glauben 60 Prozent an eine monatliche Mindestrente von 850 Euro.
In der Altersgruppe 45 bis 54 Jahre sind 63 Prozent von der Mindestrente überzeugt.
64 Prozent derjenigen, die über 55 Jahre alt sind, glauben an die Mindestrente.
Wenn es um die Bewältigung der Finanznot geht, haben die Rentner unterschiedliche Strategien. Fast zwei Drittel der Rentner schraubt die Ausgaben zurück, wenn sie in Finanznot geraten. Jeweils ein Viertel verkauft in solchen Situationen Geldanlagen oder greift auf Erspartes zurück. Nur die wenigsten leihen sich Geld von der Familie (zwölf Prozent) oder bei Freunden (sieben Prozent).
Die Axa-Studie berücksichtigt nicht, dass sich Ältere zunehmend einen Job trotz Rente suchen. Laut statistischem Bundesamt ist das in den letzten Jahren ein zunehmend stärker auftretendes Phänomen. Im Jahr 2014 gingen demnach 14 Prozent der 65- bis 69-Jährigen einer bezahlten Tätigkeit nach. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch sechs Prozent. Binnen weniger Jahre hat sich also der Anteil arbeitender Rentner verdoppelt.
Arbeiten bis ins hohe Alter
Finanznot ist dabei eines der Motive. In einer Befragung des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) aus dem Jahr 2011 sagten 72 Prozent, sie arbeiten im Alter weiter, weil sie Spaß an der Arbeit haben. Knapp 56 Prozent verspürten den Wunsch nach einer neuen Aufgabe, 55 Prozent suchten den Kontakt zu Menschen. Immerhin 40 Prozent der Befragten gaben finanzielle Gründe an.
Die Daten des Statistischen Bundesamtes lassen darauf schließen, dass aufgrund des demografischen Wandels künftig noch mehr Menschen aus finanziellen Gründen im Alter weiterarbeiten werden. Gab es Ende 2013 in Deutschland rund 17 Millionen Menschen über 65 Jahre, wird sich ihr Anteil von 21 Prozent auf voraussichtlich 33 Prozent bis zum Jahr 2060 erhöhen – ein Drittel der Gesellschaft.
In Sachen Finanzplanung im Alter gibt es je nach Region sehr unterschiedliche Einschätzungen. So hoffen je knapp ein Viertel der Menschen in Baden-Württemberg und Schleswig Holstein auf eine Erbschaft im Alter. In Mecklenburg-Vorpommern (zehn Prozent) und Berlin (acht Prozent) sind die Erwartungen am geringsten. Im Durchschnitt hoffen 17 Prozent der Bundesbürger auf einen Nachlass.
Deutschlandweit glauben zudem 38 Prozent der Menschen, dass Investitionen in die eigene Immobilie finanzielle Probleme nach sich ziehen könnten. Am stärksten schätzen die Saarländer diese Gefahr ein (50 Prozent), gefolgt von den Bremern (45 Prozent) und Hessen (44 Prozent). In den neuen Bundesländern wird diese Gefahr als weniger wichtig eingeschätzt. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und und Brandenburg glauben jeweils 32 Prozent der Befragten, dass im Alter ihr Eigenheim Kosten nach sich zieht. In Berlin meinen das sogar nur 28 Prozent.
Für die Untersuchung hat Axa deutschlandweit 3296 Erwerbstätige und Ruheständler im Rahmen von Online-Interviews befragt, darunter alle 16 Bundesländer. Die Befragung wurde im Oktober 2015 durchgeführt.