Wer wissen will, warum wir in Deutschland dringend ein neues Modell zur Altersvorsorge brauchen, muss erst mal zurückschauen: die gesetzliche Rentenversicherung ist mit über 50 Millionen Versicherten und 20 Millionen Rentnerinnen und Rentnern das größte Sozialsystem Deutschlands und die wichtigste Säule der Altersvorsorge. Von Bismarck im Jahr 1889 erstmals eingeführt, wurde sie größtenteils nach dem Kapitaldeckungsverfahren aufgebaut. Zwei Weltkriege und die Hyperinflation hat das System überstanden, ließen aber die Reserven, welche zu diesem Zeitpunkt vor allem in Kriegsanleihen angelegt waren, nach 1945 dahinschmelzen.
Ein Großteil der Rentner musste mit einer sehr geringfügigen Grundversorgung auskommen und lebte in wirtschaftlicher Not. Der damalige Kanzler Konrad Adenauer setzte sich für eine starke Aufbesserung der Renten ein, ohne jedoch Steuerzahler zusätzlich belasten zu wollen. Somit wurde 1957 die umlagenfinanzierte Rente eingeführt. Da die Einnahmen der Beitragszahler die Ausgaben an die Rentenbezieher decken sollen, muss langfristig eine Balance zwischen den beiden Faktoren bestehen. Obwohl die Anpassung der Renten ein wichtiger Schritt für die soziale Stabilität des Landes war, erwies sich Adenauers legendärer Satz „Kinder kriegen die Leute immer“ als Trugschluss.
60 Jahr später: Rentensystem am Scheideweg?
Was sich bereits unter Adenauer abzeichnete, ist seit vielen Jahren allgemein bekannt: Das Rentensicherungsniveau wird aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Dekaden weiter deutlich sinken. Im internationalen Vergleich steht die deutsche Bevölkerung besonders schlecht da. Deutschland hat eine der höchsten Alterungsraten und die Versorgung der Menschen im Alter ist massiv von der gesetzlichen Rente abhängig. Diese hat in Deutschland – bezogen auf die Bruttorente eines Durchschnittsverdieners – einen Anteil von 75 Prozent an den gesamten Altersbezügen. Das liegt weit über dem OECD-Mittel; in Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien liegen die Werte mit 30 beziehungsweise 42 Prozent deutlich niedriger.
Zur Kolumne
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Der Gesetzgeber hatte deshalb zu Beginn der Jahrtausendwende neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Rente eine dritte Säule, die privat finanzierte Rente, eingeführt. Anders als bei einheitlichen privaten Altersvorsorgemodellen wie in den USA oder Großbritannien müssen sich deutsche Anleger jedoch mit recht komplexen Regeln und Ausnahmen bei Riester- und Rürup-Rente zurechtfinden. Dies betrifft unter anderem unterschiedliche Bestimmungen zur Besteuerung, eine begrenzte Auswahl an Anlageprodukten, teilweise intransparente Gebühren und beschränkte Auszahlungsmodalitäten.
Zudem müssen die versteckten Kosten garantierter Mindestrenten wie bei der Riesterrente und der betrieblichen Altersvorsorge mit Entgeltzusage bedacht werden. Diese Kosten – in Form von entgangen Erträgen aufgrund einer zu konservativen Anlagestrategie – sind besonders in dem Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre beträchtlich und können über einen Zeitraum von mehreren Dekaden sogar die eigentliche Anlagesumme überschreiten. In Anbetracht des langen Anlagezeitraumes und den damit verbundenen deutlich reduzierten Schwankungsbreiten der Renditen stellt sich die Frage, ob sich eine Garantiezusage überhaupt lohnt.
Deutsche Sparer besitzen kaum Sachwerte
Bei der Suche nach Anlagealternativen bleibt indes festzuhalten: Deutschland spart viel, aber nicht richtig. Studien der Europäischen Zentralbank (EZB) konstatieren regelmäßig, dass das mittlere Haushaltsnettovermögen in Deutschland eines der geringsten in ganz Europa ist. Und das, obwohl die Deutschen eine der höchsten Sparquoten in Europa haben. Einer der Gründe dafür ist der geringe prozentuale Anteil an Immobilien- und Aktienbesitz sowie der übermäßig hohe Anteil an festverzinslichen Anlageprodukten.