Ohne fachkundige Beratung sind die Versicherungsbedingungen der BU-Policen kaum zu verstehen. Und die haben trotz all ihrer Standardbedingen durchaus ihre Tücken. So sollten Neukunden etwa darauf achten, dass die Versicherung auch rückwirkend Leistungen gewährt und zudem auf den sogenannten abstrakten Verweis verzichtet. Sonst kann die Versicherung die BU-Rente verweigern und den Antragsteller auf einen neuen Beruf verweisen. Der abstrakte Verweis ist allerdings nur noch selten in den Versicherungsbedingungen zu finden. Auch sollte eine BU-Police wie erwähnt bereits zahlen, wenn der Versicherte laut Arztprognose nur sechs Monate lang berufsunfähig wird.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung überschneidet sich auch mit anderen Versicherungen, die viele Angestellte bereits haben. Die Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung etwa zahlt, wenn der Beitragszahler gar nicht mehr oder nur noch stundenweise arbeiten kann. Damit es zu einer Auszahlung im Schadenfall kommt, sind allerdings hohe Anforderungen zu erfüllen. Im Zweifel verweist die Rentenversicherung auf andere Berufe, die der Beitragszahler noch ausüben kann und zahlt gar nicht.
Da außerdem die gezahlten Renten vergleichsweise niedrig sind, taugt die Erwerbsminderungsrente nur sehr bedingt als Alternative. „Die Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente stellen hohe Hürden dar. Darauf sollten sich Versicherte nicht allein verlassen“, empfiehlt BU-Experte Huber. Auch eine eventuell vorhandene Unfallversicherung springt ein, wenn jemand nach einem Unfall berufsunfähig wird. Allerdings passiert das nur in zehn Prozent der Fälle. Weit häufiger sind inzwischen psychische Erkrankungen sowie Herz-Kreislauf-Leiden.
Da viele Versicherer den Berufsunfähigkeitsschutz auch in Kombination mit einer Altersvorsorge wie der Rürup-Rente verknüpfen, lassen sich die BU-Beiträge auch in gewissem Maß von der Steuer als Vorsorgeaufwendungen absetzen. Allerdings plant der Gesetzgeber, die BU-Versicherung generell steuerlich absetzbar zu machen. Zwar gibt es erst einen Gesetzentwurf mit einigen Ungereimtheiten, aber das Steuerargument für Kombiprodukte dürfte früher oder später in den Hintergrund treten. „Kombiprodukte mit der Basisrente bieten nicht nur einen Steuervorteil, auch ist der Berufsunfähigkeitsschutz hier rund zehn Prozent günstiger zu haben, als bei einer reinen BU-Versicherung“, sagt MLP-Managerin Michelsen.
Wann also ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll?
Versicherungsnehmer sollten sich der Nachteile und Unzulänglichkeiten der BU-Versicherung bewusst sein. Wer aber ohne BU-Schutz nicht ruhig schlafen kann, sollte sich genau überlegen, welche Risiken seine Lebenssituation birgt und wie viel Schutz er wirklich braucht. Je jünger und gesünder ein Versicherter ist, umso niedriger ist der dauerhaft gleichbleibende monatliche Beitrag. Allerdings ist dann die berufliche Zukunft auch weniger absehbar. Wer sich früh für eine BU-Versicherung entscheidet, sollte also Wert darauf legen, dass das Vertragswerk flexibel genug auf Job- und Berufswechsel sowie vorübergehende Arbeitslosigkeit reagiert.
Von Angebotspreisen oder Steuervorteilen sollte sich jedoch kein Beschäftigter dazu hinreißen lassen, sich womöglich auf Jahrzehnte an eine Versicherung mit hohen Monatsbeiträgen zu binden. Der Schritt in die BU-Versicherung will gut abgewägt werden und sollte erst erfolgen, wenn etwa Haftpflichtrisiken bereits hinreichend abgesichert sind.
Die Preisunterschiede vor und nach Einführung der Unisex-Tarife taugen deshalb nicht als Argument für eine Berufsunfähigkeitsversicherung - weder für Männer, noch für Frauen.