WirtschaftsWoche-Ranking Bei diesen Lebensversicherern ist Ihr Geld gut aufgehoben

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Fall 4: Viele Verträge, viele Probleme

Schon eine Lebensversicherung kann also Probleme machen. Barbara Reinfeld* aus Hamburg hat den Schwierigkeitsgrad glatt vervierfacht. Schuld, so die selbstständige Psychotherapeutin, seien Ratschläge eines Finanzberaters, dem sie 2005 ihre Altersvorsorge anvertraute. „Eigentlich wollte ich mein Geld im Versorgungswerk der Psychotherapeuten anlegen, schließlich hatte ich nur eine geringe gesetzliche Rente zu erwarten“, sagt die Mitte 50-Jährige, „leider habe ich mich anders entschieden.“

Sie ließ eine damals bereits laufende Kapitallebensversicherung der „neue leben“ beitragsfrei stellen, weil ihr Finanzberater mehr Rendite versprach mit Policen, die in Fonds investieren. Als Ersatz für die Police der „neue leben“ schloss sie drei weitere Lebensversicherungen ab. Nur bei einer davon, der Police der Helvetia Versicherung, läuft es wie versprochen: Die Beiträge verzinsen sich positiv. Bei den beiden anderen fondsgebundenen Versicherungen – eine von der liechtensteinischen Vienna Life, eine andere von der britischen Friends for Provident – hat sie dagegen Geld verloren. Nun überlegt die Therapeutin juristisch gegen Vienna Life vorzugehen, weil es Streit um die Höhe des Guthabens gibt. Da ihre Rechtsschutzversicherung für einen Prozess nicht aufkommen will, müsste sie dafür etwa 6000 Euro aus eigener Tasche zahlen. Kein Wunder, dass sie noch zögert.

Nicht alles muss bleiben

Bereits entschieden hat sie sich dagegen bei Friends for Provident: Sie stellte die Police beitragsfrei. Zu schwach war ihr die Performance der Fonds, in die Beiträge flossen. Wer wie Reinfeld mehrere Policen hat, sollte schauen, wie hoch der jeweilige Garantiezins ist. Sinnvoll könnte es sein, sich von Policen mit niedrigerem Zins zu trennen, wenn gleichzeitig der Anbieter auch noch kapitalschwach sein sollte. Oben auf der Streichliste stehen zudem Fondspolicen, die keine Garantie bieten.

Tipps: Die richtige Police finden

Bei Rentenversicherungen kommt es zudem auf die Sterbetafeln an. Damit berechnen Versicherer die Höhe ihres Risikos: Je älter Kunden werden, desto länger fließt Rente. Die Sterbetafeln werden daher regelmäßig an die steigende Lebenserwartung angepasst. „Versicherer kalkulieren für Neugeborene inzwischen mit einer Lebenserwartung von 105 Jahren“, sagt Kleinlein. Fazit: Je älter die Sterbetafel, die alten Verträgen zugrunde liegt, desto eher lohnt es sich, weiter zu sparen, weil die Rente vergleichsweise hoch ist. Bei neueren Policen, bei denen Versicherer mit sehr hoher Lebenserwartung kalkulieren, fallen Renten niedriger aus. Solche Policen beitragsfrei zu stellen oder zu kündigen schmerzt daher weniger.

Früher hatten Kündiger einen Puffer: Kunden, die ihre Police aufgaben, mussten seit 2008 zur Hälfte an den Bewertungsreserven beteiligt werden. Die entstehen, wenn Kursgewinne in den Büchern stehen, zugehörige Papiere aber noch nicht verkauft wurden. Je stärker die Zinsen sanken, desto höher stiegen vor allem die Kurse alter Anleihen mit hohen Kupons. Versicherer mussten Milliarden ausschütten.

Doch im Sommer hat der Bundestag die Regel aufgeweicht. Anleger, deren Vertrag künftig ausläuft oder die ihn kündigen, erhalten nicht mehr zwangsläufig die Hälfte an Reserven von festverzinslichen Wertpapieren. Wenn die BaFin feststellt, dass ein Versicherer Grenzwerte erreicht hat, bei denen die an Kunden insgesamt zugesagten Leistungen gefährdet sind, darf der Versicherer keine Reserven auf Festzinspapiere mehr ausschütten, die durchschnittlich 89 Prozent der Anlagen ausmachen.

Bei vielen ist es schon eng. Besonders betroffen sieht Kleinlein Kunden, deren Vertrag in den kommenden zwei Jahren ausläuft. Wegen der Niedrigzinsphase „müssen sie damit rechnen, dass die Auszahlung um fünf bis zehn Prozent geringer ausfällt“, sagt er. Viele Versicherer haben ihren Kunden für 2014 aber bereits eine Beteiligung an den Reserven zugesagt. Diese Zusagen sind von der Reform nicht betroffen. Läuft also eine Police 2014 aus oder kündigt der Versicherte bis spätestens Ende November seinen Vertrag, bleibt der zugesagte Teil der Reserven erhalten. Anleger, die ohnehin vorhaben, zu kündigen, sollten prüfen, ob ihnen noch eine Beteiligung zusteht.

Wann lohnt Widerruf?

Einen Joker könnten Kunden in der Hand haben, die ihren Vertrag zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen haben. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Verbraucher mit Kapitallebens- und Rentenversicherungen ein unbefristetes Widerspruchsrecht haben, falls sie nicht ordnungsgemäß über ihr Recht auf Widerruf belehrt worden sind (IV ZR 76/11). Lag bei Abschluss keine oder nur eine fehlerhafte Widerspruchsbelehrung vor, können Kunden ihrem Vertrag heute noch widersprechen und gezahlte Prämien zurückfordern. Die Summe, um die es geht, ist groß: Experten gehen für die Lebensversicherungsbranche von einem Volumen von bis zu 400 Milliarden Euro aus. Der Widerruf lohnt aber nicht immer, denn der Versicherer darf Kosten für den über Jahre gewährten Versicherungsschutz gegenrechnen.

Für solche und alle anderen Fälle gilt eine Binse: Anleger sollten ihren Vertrag lesen. Er regelt nicht nur die Chance auf Widerspruch, sondern auch ob und wie man ihn etwa nach einer beitragsfreien Phase reaktivieren kann. Auch sollten Sparer ihren Versicherer fragen, ob bei einer beitragsfreien Zeit der Todesfallschutz eingeschränkt wird und wie man ihn aufrechterhalten kann. Berater George geht davon aus, dass sich Policen bis zu 24 Monate beitragsfrei stellen und dann zu alten Konditionen weiterführen lassen. So kann es von Vorteil sein, Zahlungen einzufrieren, statt zu kündigen. Haken: Nach sechs bis zwölf Monaten verlangt der Versicherer meist eine neue Gesundheitsprüfung, die für Berufsunfähigkeitsschutz und Todesfallleistungen gilt. Lösung: Bei vielen Policen können die Versicherten nur noch den Beitrag für den Risikoschutz (rund 20 Prozent der vollen Prämie) zahlen.

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