Zahllose Tarifvarianten Stolperfallen in der Rechtsschutzversicherung

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Nur eingeschränkt sinnvoll

Damit die Mediation wirkt, müssen sich aber beide Parteien zunächst auf den Kompromissfinder einlassen. Kein Wunder, dass gerade die Rechtsschutzversicherer immer häufiger auf Mediationsverfahren drängen, bevor der langwierige und kostenintensive Rechtsweg eingeschlagen wird. In vielen Fällen zahlen sie ein Mediationsverfahren unabhängig von dessen Ausgang. In manchen Fällen machen sie es sogar zu Bedingung vor Eröffnung eines Gerichtsverfahrens.

Was bei der Kündigung von Versicherungen zu beachten ist
Krankenkassenkarten von gesetzlichen Krankenkassen Quelle: dpa
Kündigungsfristen einhaltenUnabhängig davon, ob es um eine ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen geht oder eine sogenannte Sonderkündigung, weil beispielsweise die monatlichen Beiträge erhöht wurden, wichtig ist, die Kündigungsfristen einzuhalten. Wird der Termin verpasst, ist die Kündigung unwirksam und der Vertrag verlängert sich. Die meisten Policen wie die Kfz-Versicherung haben eine dreimonatige Kündigungsfrist, bei Lebensversicherungen ist es dagegen ein Monat - nachschauen ist also unerlässlich. . Quelle: Fotolia
Formalien beachtenAußerdem müssen sowohl ordentliche als auch Sonderkündigungen schriftlich erfolgen. Ein Anruf bei der Assekuranz oder eine E-Mail reichen nicht aus. Es ist außerdem ratsam, die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein zu verschicken. So können Sie im Zweifelsfall nachweisen, dass Sie fristgerecht gekündigt haben. Quelle: Fotolia
Kündigungsgrund BeitragserhöhungEin Grund für eine sogenannte Sonderkündigung ist beispielsweise die Erhöhung der Versicherungsbeiträge. Wer einen Brief von seinem Versicherer bekommt, dass es künftig teurer wird, hat das Recht, die Police - auch vorzeitig - zu kündigen. Die Kündigung muss allerdings spätestens einen Monat nach Bekanntgabe der Erhöhung stattfinden. Zwei Jahre lang zahlen und dann bemängeln, dass es zu teuer ist, geht nicht. In einem solchen Fall müssen Sie ordentlich - sprich: ein bis drei Monate vor Vertragsende - kündigen. Quelle: Fotolia
Ein Feuerwehrmann steht am 13.01.2013 neben einem verunglückten Personenwagen auf der Bundesautobahn A 38 bei Friedland (Niedersachsen). Quelle: dpa
Kündigungsgrund: VertragsbruchSollte sich die Versicherung widerrechtlich vor einer Schadensregulierung drücken, hat der Kunde das Recht, den Vertrag sofort zu kündigen. Gleiches gilt natürlich auch für die jeweilige Assekuranz, falls der Versicherungsnehmer sich nicht an den Vertrag hält. Quelle: Fotolia
Gebrauchtwagen verschiedener Marken stehen am Dienstag, 5. Februar 2002, bei einem Audi-Haendler in Koblenz zum Verkauf. Quelle: AP

Wichtig: Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt vom Mai dieses Jahres (AZ 2-06 O271/13) darf ein Rechtschutzversicherer nicht auch noch den Mediator bestimmen. Die Unparteilichkeit des Mediators wäre dann nicht zwingend gewährleistet, eine solche Vertragsbedingung daher ungesetzlich. Der Versicherer Deurag unterlag vor Gericht. Die klagende Rechtsanwaltskammer Berlin wies auf das Risiko hin, dass so gedrängte und von einem Nicht-Juristen beratene Versicherte womöglich zu schnell auf ihre Rechte verzichten könnte. Auch das Verpassen von Fristen zur Anrufung eines Gerichts wäre durch so ein Mediationsverfahren nicht auszuschließen.

Leistungen sind wichtiger als die Beitragshöhe

Wer trotz aller Stolperfallen eine Rechtsschutzversicherung abschließen will, sollte seinen Vergleich nicht vorrangig an der Prämienhöhe orientieren. Angesichts der uneinheitlichen Versicherungsbedingungen, Leistungsein- und -ausschlüsse sowie Service-Angebote sind die Leistungsmerkmale einer Rechtsschutzversicherung viel entscheidender. Denn nur, wenn sich der Versicherer nicht bei jeder Kleinigkeit aus der Verantwortung stehlen kann, besteht wirklicher Schutz für die eigenen Rechte.

Um bei den Prämien zu sparen, genügt es, den Abschluss nicht weiter aufzuschieben. Denn auch da sind sich Experten einig: Die Prämien werden aufgrund der gestiegenen Gerichtskosten weiter flächendeckend steigen – oder die Leistungen reduziert. Große Versicherer wie Arag und Roland haben bereits Beitragssteigerungen von bis zu 7,5 Prozent angekündigt. In solchen Fällen genießt der Kunde ein Sonderkündigungsrecht. Schon heute gilt: Alte Policen sind in der Regel verbraucherfreundlicher als neue. Und Vertragsänderungen müssen Versicherte nicht hinnehmen. Ihre schriftliche Zustimmung ist per Gesetz vorgeschrieben. Neue Klauseln sollten sie daher nie leichtfertig unterschreiben.

Fazit: Nur eingeschränkt sinnvoll

Ob sich die Rechtsschutzversicherung lohnt und tatsächlich vor finanziellen Risiken schützt, muss ganz individuell abgewogen werden. „Verkehrsrechtsschutz kann zum Beispiel für Vielfahrer sinnvoll sein“, sagt Verbraucherschützerin Boss. „Arbeitsrechtsschutz bietet sich an, wenn Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes besteht. In den vergangenen Jahres ist die Zahl der Arbeitsrechtsprozesse geradezu explodiert.“

Wer jedoch den Berufsrechtsschutz haben will, muss seine Police unterschreiben lange bevor sich der Jobverlust konkretisiert. „Hat der Arbeitnehmer aber schon eine Abmahnung von seinem Arbeitgeber erhalten, nimmt ihn keine Versicherung mehr. Der Abschluss muss deutlich früher stattgefunden haben.“ Allgemein veranschlagen die Versicherungen sowieso eine Versicherungszeit von drei Monaten, bevor der Rechtsschutz in Anspruch genommen werden darf. Hat also die Nachricht vom bevorstehenden Stellenabbau die Runde gemacht, ist es für einen Abschluss zu spät.

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